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Coolman und ich. Voll auf die zwölf (German Edition)

Coolman und ich. Voll auf die zwölf (German Edition)

Titel: Coolman und ich. Voll auf die zwölf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rüdiger Bertram
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kommandiert Justins Vater und öffnet die Heckklappe des Jeeps.
    »Und wenn Sie einen Unfall bauen, fliege ich durch den ganzen Wagen«, erwidere ich. Das habe ich mal in einem Verkehrsvideo gesehen habe. Da ist so ein Dummy bei einer Vollbremsung quer durch den Wagen gesaust, vorn durch die Windschutzscheibe gekracht und hundertfünfzig Meter weiter auf der Straße gelandet.

    »Ich hab noch nie einen Unfall gebaut, du Pickelgesicht«, antwortet Justins Vater beleidigt. »Es sei denn, mein Auftrag hat es ausdrücklich verlangt. Also, steig schon ein!«
    Ich weiß, was ihr denkt! Warum haut der nicht einfach ab? Es ist doch klar, dass das kein gutes Ende nimmt.
    Das wisst ihr.
    Das weiß ich.
    Aber Justins Vater ist nicht der Typ, bei dem man einfach abhaut. Der kennt nur Befehl und Gehorsam. Alles dazwischen ist für den ein klarer Fall von Fahnenflucht. Major Horst ist in der Lage und bringt mich dafür vor ein Kriegsgericht und lässt mich von seinen Leuten standrechtlich erschießen.
    Also klettere ich gehorsam auf die Ladefläche. Wenigstens ist sie mit kuschelweichen, gelb-schwarz gestreiften Teppichen ausgelegt. Sie fühlen sich ganz flauschig an, fast so, als wären sie ...
    »Das sind hier doch keine echten Tigerfelle, oder?«
    »Bist du von Greenpeace, oder was? Natürlich nicht, was denkst du denn, du Schlauberger. Das ist Kunstfell«, antwortet Justins Vater und zwinkert mir dabei zu. Dann lässt er die Heckklappe zufallen.
    Ich kenne das. Meine Mutter macht das genauso. Sie hat zu Hause eine geerbte Pelzjacke im Schrank hängen. Aus echten Pelzen von echten, armen, toten Nerzen, Zobeln und anderen niedlichen Tierchen, denen man die Haut abgezogen hat, um daraus eine Jacke zu machen. Aber wenn meine Mutter damit ausgeht, erzählt sie auch allen, die Jacke sei aus Kunstfell, weil sie keine Lust hat, sich beschimpfen zu lassen.
    Ehe ich weiter darüber nachdenken kann, ob meine Unterlage echt oder künstlich ist, gibt Justins Vater Gas. Das macht er so plötzlich, dass ich mit der Nase in den Fellen lande. Riechen tun sie jedenfalls, als würden sie von richtigen Tigern stammen. Zumindest stelle ich mir ihren Geruch so vor, denn zum Glück bin ich einem Tiger noch nie so nahe gekommen, dass ich wüsste, wie er riecht.

    Wenn mich nicht alles täuscht, riecht es hier hinten auch nach Blut, frischem Blut. So, als wenn die Felle und die dazugehörigen Tiger noch nicht allzu lange voneinander getrennt leben würden. Wobei »leben« hier sicher der falsche Ausdruck ist.
    Justins Vater nutzt konsequent den Allradantrieb seines Jeeps und macht sich gar nicht erst die Mühe, auf der Straße zu fahren. Er brettert quer durch den Stadtpark, durch mehrere Vorgärten und über so ziemlich alle Blumenbeete, die unser Bürgermeister in der Mitte der Kreisverkehre von Keinklagenstadt hat anlegen lassen. Das ist schade, weil die frisch gepflanzten Stiefmütterchen sein Monogramm ergeben hatten und man das jetzt natürlich nicht mehr erkennen kann.
    Als wir die Stadt verlassen, hält es Justins Vater endgültig nicht mehr auf der Fahrbahn. Er zieht rechts raus, überquert einen Fahrradweg, ohne sich um eine alte Oma auf einem Hollandrad zu kümmern, und heizt auf einen frisch gepflügten Acker. Mit Vollgas rast er über das Feld auf den Waldrand zu.
    Vor mir hüpfen Alex, Justin und das Känguru auf dem Rücksitz auf und ab. Ob aus purer Begeisterung oder weil der Jeep quer zu den Ackerfurchen unterwegs ist, kann ich von hinten schlecht beurteilen. Es ist mir auch egal. Mir ist einfach nur schlecht, und wenn wir nicht bald anhalten, muss ich auf die Tigerfelle kotzen.
    Zum Glück wird es besser, als wir den Waldrand erreichen. Der Jeep durchbricht einen morschen Zaun und biegt auf eine sandige Piste ab, die zwischen den dunklen, hohen Bäumen immer tiefer in den Wald führt. Es ist ziemlich düster, weil durch das dichte Blätterdach kaum Licht dringt. Justins Vater verzichtet trotzdem darauf, das Licht einzuschalten. Um überhaupt noch etwas sehen zu können, hängt er mit den Augen direkt hinter der Windschutzscheibe. Ich vermute, er hat Angst, dass der Feind uns sehen kann, wenn er die Scheinwerfer einschaltet.
    Ich würde Major Horst gern fragen, vor welchem Feind er sich hier draußen fürchtet. Rocky Hagen wird es ja wohl kaum sein. Der hat die Stadt – soweit ich weiß – noch nie verlassen, und wenn, dann bestimmt nicht, um im Wald Pilze zu suchen.
    Ich kann Justins Vater aber nicht fragen, weil der Motor so laut

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