Cop
Bissen hinunter. »Danke.«
»Bedank dich bei ihr.«
Sie dreht sich nach rechts. »Danke.«
»Gern geschehen.« Beatrice lächelt.
Und Maggie beißt noch mal rein.
Eine Viertelstunde später sind sie wieder unterwegs. Maggie sitzt zwischen Beatrice und Henry und starrt durch die Windschutzscheibe. Die Sonne ist am Horizont versunken, und Dunkelheit breitet sich schnell über das ganze Land. Sie fragt sich, ob sie für immer gefangen sein wird. Und wo ihr Daddy ist.
Maggie schließt die Augen und zählt bis zehn.
Als sie die Augen wieder öffnet, kommt sie sich vor wie in einer Schneekugel. Der Himmel ist so nah, so unglaublich nah. Aber vielleicht war das schon immer so, vielleicht weiß sie es nur nicht, weil sie so lang im Albtraumland war. Kein Wunder, dass ihr die Außenwelt fremd ist.
Was Borden wohl grade macht?
Es gibt keinen Borden.
Alles wird gut, sagt sie sich. Alles wird gut.
Die Dunkelheit wird immer mächtiger, aber tief in sich hat sie ihr eigenes Licht. Und das ist nicht mal im Albtraumland verloschen. Was kann ihr also so ein Sonnenuntergang schon anhaben?
Diego hält neben Ians Mustang, auf dem einzigen Stück Parkplatz, das noch in der Sonne liegt. Er stellt den Motor ab und steigt aus. Die Augen auf den Interstate gerichtet, streut er Tabak auf ein Zigarettenpapier, rollt es zusammen, leckt über den Rand und steckt sich die Zigarette zwischen die Lippen. Mit dem Daumen reißt er ein Streichholz an, das Ende flammt auf, er gibt sich Feuer. Die Zigarette schmeckt gut, brennt aber schnell herunter. Zu locker gedreht, schon nach vier Zügen spürt er die Hitze an den nikotingelben Fingern. Er lässt die Kippe fallen, reibt sie mit der Ferse in den Dreck und geht zu dem Gebäude, an dessen Vorderseite in weißen, handgemalten Lettern steht: MOTEL/BEWIRTUNG .
Drinnen ist nur der Fernseher zu hören, der in der Ecke an der Wand hängt – ein penetranter Werbespot nach dem anderen plärrt aus den Lautsprechern. An einem Tisch sitzen eine brünette Frau und ein Koch, dem eine Zigarette an der Unterlippe hängt, und spielen Karten.
Auf das dumpfe Scheppern der Klingel über der Tür hin dreht sich die Frau um. »Tag, Officer.«
»Tag.«
»Dienstlich hier«, fragt der Koch, »oder zum Essen?«
»Essen klingt gut.«
»Was darf’s denn sein?«
»Was können Sie empfehlen?«
»Cheeseburger.«
»Dann nehm ich einen Cheeseburger.«
»Spiegelei drauf?«
»Lieber nicht.«
»Was für Käse? Amerikanischen, Schweizer oder Cheddar?«
»Cheddar.«
»In Ordnung, dauert nicht lang. Pommes dazu?«
»Zwiebelringe.«
»Bleiben Sie über Nacht?«, fragt die Frau.
»Hmm. Weiß nicht. Ja, wahrscheinlich. Aber eigentlich bin ich auf der Suche nach einem …«
Da scheppert die Glocke in Diegos Rücken. Er fährt herum und sieht eine spindeldürre Frau in Jeansrock und T-Shirt in der Tür stehen, barfuß und mit wirrem Haar. Ihr Blick wandert durch den Raum, bis sie ihn entdeckt hat.
»Ian will dich sehen.«
Erst jetzt bemerkt er das verschmierte Blut an ihrem Shirt und den roten Streifen auf ihrer Wange. »Ist alles in Ordnung mit ihm?«
»Glaub schon. Vorhin ist er kurz ohnmächtig geworden, aber anscheinend hat er sich wieder gefangen.«
Diego nickt. »Wo ist er?«
Sie geht voraus durch die Tür und hinter das Gebäude, wo eine Ansammlung gewöhnlicher Reisewohnwagen steht. Da ist er – Ian tritt gerade aus einem der Wohnwagen, nackt bis auf eine Boxershorts und ein Paar schwarze Schuhe. Seine Haut wirkt blass, fast durchsichtig, wie glasig gebratene Zwiebeln, vor allem sein Bauch ist sehr weiß. Auf der rechten Schulter hat er ein Tattoo, zumindest glaubt Diego das, denn auf die Entfernung sieht es aus wie ein grünlich-grauer Fleck. Schweißtropfen schimmern auf Ians Stirn, ein Plastikschlauch windet sich von seiner Brust in eine schwarze Umhängetasche in seiner Hand. Mit der Tasche sieht er aus wie ein Bibelverkäufer.
»Diego.«
»Ist auch wirklich alles in Ordnung mit dir?«, fragt die Frau.
»Ja. Hab nur ein bisschen Blut verloren. Ich hätte mich nicht bücken sollen.«
»Ich dachte schon, du wärst tot.«
»Dazu braucht es ein bisschen mehr.«
Diego räuspert sich. »Aber nicht viel mehr. Du musst dich ausruhen, Ian.«
»Geht leider nicht.«
»Warum nicht?«
»Weil jemand hier vorbeikommen könnte. Ich darf nicht unvorsichtig werden. Also auch nicht schlafen.« Er wendet sich an die Frau. »Kann ich mich kurz unter vier Augen mit meinem Freund unterhalten?«
»Klar. Ich
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