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Cop

Cop

Titel: Cop Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Jahn
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Diskussion einlassen. »Ich will doch gar nicht mehr abhauen.«
    »Willst du wohl. Ich kann deine Gedanken lesen.«
    »Du lügst!«
    »Tu ich nicht. Ich kann deine Gedanken lesen, das weißt du ganz genau. Ich kann bis in die dunkelsten Ecken deiner Seele schauen. Vor mir kannst du nichts verstecken.«
    Maggie spürt, wie ihre Augen feucht werden. Er hat recht, natürlich hat er recht. Wie oft hat er schon auf ihre bloßen Gedanken geantwortet? Es war immer das Gleiche, von Anfang an – Bordens Worte sind Echos ihrer geheimsten Ängste, Ängste, die sie niemals aussprechen würde: Deine Eltern haben eine neue Tochter, sie denken gar nicht mehr an dich. Irgendwann wird Henry dich an den Bestrafungshaken hängen und nicht mehr runternehmen. Bis du tot bist.
    Sie blinzelt ihre Tränen weg und wischt sich über das Gesicht. Hinten in der Ecke glitzern Bordens rollende teerschwarze Pupillen. Seine Nüstern blähen sich, sein Mund verzerrt sich zu einem hässlichen Lächeln, das seine großen, eckigen Zähne entblößt.
    »Ich kann deine Gedanken lesen.«
    Wieder wischt sie sich über das Gesicht. »Das kannst du nur, weil es dich gar nicht gibt. Weil du meine Einbildung bist.«
    »Du kommst hier nicht raus.«
    »Du willst nicht, dass ich hier rauskomme, weil ich dich dann nicht mehr brauche.«
    »Du kommst hier nicht raus.«
    »Ich brauche dich nicht mehr.«
    »Du kommst hier nicht raus.«
    »Du bist eine Einbildung.«
    »Du kommst hier nicht raus, Sarah. Niemals.«
    Maggie schließt die Augen und versucht, sich zu erinnern. Wann hat sie Borden zum ersten Mal gesehen? Noch bevor sie hierhergekommen ist, bevor sie entführt und an diesen Ort gebracht wurde, da ist sie sich ziemlich sicher. Genau, es war im Streichelzoo. Sie war sieben Jahre alt, ihr war gerade ein Zahn ausgefallen, die Sonne schien, alles war hell und schön, und sie war mit Daddy und Jeffrey im Streichelzoo. Dort lernte sie einen Jungen kennen, wahrscheinlich ein paar Jahre älter als sie. Er trug Chucks und abgewetzte Levis, sein rotes Hemd war zugeknöpft und ordentlich in die Hose gesteckt. So stand er da, mit hochgekrempelten Ärmeln, die Hände in den Taschen. Als sie ihre letzte Karotte an ein Miniaturpferd verfüttert hatte, zog er ein Stück Sellerie aus seiner Hosentasche und gab es ihr. Er sagte, er heiße Danny Borden, und sie bedankte sich und ließ das Pferdchen weiter aus ihrer Hand fressen. Danny Borden: ein ganz normaler Junge mit Sommersprossen auf den Wangen, braunen Augen und geradem Pony. Ihr Borden ist nur eine Kopie von diesem Jungen. Eine Albtraumkopie.
    Er ist nicht echt. Er ist eine Einbildung.
    Sie sieht ihn an – und plötzlich scheint er sich in einem Flackern aufzulösen, wie ein Fernsehbild bei schlechtem Empfang, wie das Licht einer Lampe, wenn der Strom ganz langsam unterbrochen wird. Aber nur für einen Moment, dann ist er wieder ganz da. Seine Augen rollen in ihren Höhlen und starren sie an.
    »Du kommst hier nicht raus.«
    »Ich hab keine Angst vor dir. Du bist eine Einbildung.«
    Erneut ein kurzes Flackern. »Du kommst hier nicht raus. Niemals. Versuch’s gar nicht erst. Sonst werd ich’s ihnen sagen.«
    »Du kannst es ihnen nicht sagen. Weil es dich gar nicht gibt.«
    Da geht er auf sie zu, heraus aus dem Schatten. Wieder flackert es. Sie kann durch ihn hindurchschauen, auf den Kistenstapel in seinem Rücken. Bis er wieder undurchsichtig wird. Aber als er einen weiteren Schritt nach vorn macht, fängt das Flackern von Neuem an, und es wird immer stärker – Borden beginnt vor ihren Augen zu zerfallen. Ein Arm verwischt und verdichtet sich wieder. Ein Bein verschwindet flackernd, kehrt wieder zurück.
    »Du kommst hier nicht …«
    »Du bist eine Einbildung! «
    Sie bückt sich zum Teller, hebt ihn hoch über den Kopf und schleudert ihn quer durch den Keller. Auf seinem Weg durch die Luft wackelt er wie ein schlecht geworfener Frisbee – aber er trifft. Das heißt, wäre Borden keine Einbildung, würde er ihn genau zwischen den Augen treffen, aber so segelt er durch ihn hindurch gegen die Umzugskartons an der Wand, prallt auf den Boden und zerspringt in tausend Stücke.
    Und Borden ist weg.
    Nach ein paar Minuten steht Maggie auf und geht über den kalten Beton zu den Scherben, die sich vom Ort des Aufpralls in alle Richtungen über den Boden verteilt haben. Vorsichtig setzt sie einen Fuß vor den anderen, sie will sich nicht in die Sohlen schneiden. Inmitten der Porzellansplitter blickt sie sich um. Der Teller

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