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Cop

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Titel: Cop Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Jahn
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Gesicht.« Obwohl er sich fragte, was so komisch war an seinem Gesicht, konnte er einfach nicht genug bekommen von ihrem Lachen, und als zwei Wochen später sein Flieger nach Hause ging, wollte er sich nicht mehr von ihr trennen. Deshalb machte er ihr einen Antrag. Er flog heim nach Los Angeles, sie folgte ihm eine Woche später, und kurz darauf standen sie in einer Hochzeitskapelle in Torrance und sagten ihr »Ja, ich will.« Nur zwei Monate später waren sie wieder geschieden. Mitsuko hatte sich endlich dazu durchgerungen, bei ihren Eltern anzurufen, und nach zwanzig Minuten Heulerei hatte sie eingewilligt, sofort nach Japan zurückzukehren. Als sie ging, war Ian achtzehn Jahre alt, und im Grunde war er erleichtert – er war noch nicht bereit gewesen für die Ehe.
    Aber vier Jahre später, als er Lisa auf dem Strand von Venice Beach kennenlernte, hielt er sich für deutlich älter und erfahrener. Er war damals zweiundzwanzig, also längst kein Teenager mehr. Und sie war wunderschön. Außerdem war sie eine hervorragende Surferin, besser als die meisten Kerle dort, und ihr jungenhaftes Lächeln strahlte ein überbordendes Selbstbewusstsein aus. Schon als er sie zum ersten Mal sah, unter der kalifornischen Sonne, noch bevor er überhaupt ihren Namen wusste, konnte er sich eine Zukunft mit ihr vorstellen, eine glückliche Zukunft mit fünf Kindern und einem Haus am Strand. Damals besaß seine Mutter den Surfladen seines Vaters noch (sie verkaufte ihn erst später, um mit dem Erlös die vielen Schönheitsoperationen zu bezahlen, von denen sie glaubte, sie würden ihr einen neuen Ehemann einbringen). Ian leitete den Laden, was seiner Mutter nur recht war, solange er genügend einbrachte, um sie mit Wodka und Zigaretten zu versorgen. Ihr schien es gut zu gehen, und warum sollte es nicht ewig so weiterlaufen? Sein Vater war schon seit fünf Jahren tot, die Erinnerung an ihn tat kaum noch weh, und Ians Zukunft schien ihm rosiger denn je: der Surfladen, ein Haus, fünf Kinder. Ja, als er dort im Sand stand und zusah, wie sie aus dem Wasser kam, klitschnass und mit dem Surfbrett unterm Arm, konnte nichts mehr schiefgehen.
    Jetzt ist seine Zukunft zur Vergangenheit geworden, und im Rückblick hat dann doch so einiges schiefgehen können: kein Surfladen, kein Haus, keine fünf Kinder.
    »Hallo, Lisa. Ich bin’s, Ian.«
    »Ian! Oh Gott, sind wir in der Zeit zurückgereist? Ist wieder 1985? Ausgerechnet jetzt, wo ich gerade meine ausgeblichenen Jeans weggeschmissen hab!«
    »Schön wär’s.«
    »Du klingst nicht so, als würdest du aus Sentimentalität anrufen.«
    »Leider nein. Ich wollte dich um Jeffreys Nummer bitten.«
    »Klar, kein Problem. Hast du was zum Schreiben?«
    »Ich hab ein gutes Gedächtnis.«
    Ian lässt es fünfmal klingeln. Er will gerade auflegen, als doch noch jemand abnimmt: »Hallo?«
    Vor Nervosität leckt er sich über die Lippen. Er spürt, wie sich seine Brust zusammenzieht.
    »Hallo?«, kommt es zum zweiten Mal aus dem Hörer.
    »Jeffrey?«
    »Wer ist da?«
    »Ich bin’s, Jeffrey.«
    Jetzt ist es Jeffrey, der schweigt. Eine ganze Weile lang. »Dad.«
    Ian nickt. »Ja.«
    »Woher hast du meine Nummer?«
    »Von deiner Mutter.«
    »Und warum rufst du an?«
    »Weil ich dir was sagen muss.«
    »Was?«
    »Es geht um Maggie.«
    Jeffrey schweigt.
    »Sie lebt. Das wollte ich dir sagen.«
    Stille. Nur ein Rauschen wie ein ferner Wüstenwind.
    »Jeffrey?«
    »Maggie lebt?«
    »Ja. Wir haben sie noch nicht aufgespürt, aber sie lebt.«
    »Wirklich?«
    »Ja. Vorgestern hat sie von einem Münztelefon aus um Hilfe gerufen. Wir tun alles, um sie zu finden. Ich bin mir sicher, sie war es. Sie lebt.«
    »Mein Gott.«
    »Ich weiß. Ich kann es selber kaum fassen.«
    »Ja.«
    »Es war nicht deine Schuld. Ich weiß, du hast immer geglaubt, ich würde dir die Schuld geben. Ich war ein lausiger Vater, es tut mir leid. Es war ganz und gar nicht deine Schuld.«
    Keine Antwort.
    »Jeffrey?«
    »Ja.«
    »Ich hab deinen Geburtstag verpasst.«
    »Das bin ich gewöhnt.«
    »Ich weiß, und es tut mir leid. Wenn ich es irgendwie wiedergutmachen …«
    »Hör mal, Dad, ich bin auf der Arbeit. Ich muss weitermachen.«
    »Du hast schon einen Job?«
    »Natürlich.«
    Ja, natürlich. Immerhin ist Jeffrey genauso alt, wie er selber war, als er Lisa kennenlernte. Damals wohnte er schon in einem eigenen Apartment, er leitete den Surfladen und hatte eine Ehe samt Scheidung hinter sich. Also warum überrascht es ihn, dass auch sein Sohn

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