Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cop

Cop

Titel: Cop Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Jahn
Vom Netzwerk:
atmen.
    Aber seine Augen sind offen. Er starrt auf den Hinterreifen seines Mustang. Rost und Spritzer von Matsch. Dahinter steht Chief Davis’ Wagen. Und in Chief Davis’ Wagen ist ein Funkgerät.
    Ian stemmt sich auf alle viere, hält sich an der Stoßstange fest und wuchtet sich hoch. Bis zu Chief Davis’ Wagen sind es gut sechs Meter. Wenn er es dorthin schafft, wird alles gut. Thompson sitzt am Telefon. Wenn er ihn erreicht, wird alles gut.
    Schon beim ersten Schritt geben die Beine unter ihm nach. Er fällt auf die Knie und kippt zur Seite.
    Thompson sitzt am Telefon.
    Telefon.
    Er hat ein Telefon dabei.
    Ian greift in seine Tasche. Seine Fingerspitzen streifen das Handy. Er muss es nicht zu Chief Davis’ Wagen schaffen, er kann einfach den Notruf wählen. Zum ersten Mal in seinem Leben wird er selbst den Notruf wählen. Und wenn er Thompson erreicht hat, wird alles gut.
    Alles wird gut.
    Henry schleudert Maggie in den Pick-up und klettert selbst hinterher. Durch das Rückfenster sieht sie ihren Daddy. Zum ersten Mal seit einer Ewigkeit sieht sie ihn wieder: Er liegt im Schotter, auf seiner rechten Seite, und blutet aus der Brust. Sein Kopf ist auf den Boden gesunken, Blut strömt ihm aus der Nase über das Gesicht, seine Augen sind geschlossen. Er bewegt sich nicht. Nicht ein kleines bisschen. Den rechten Arm hat er ausgestreckt, die Hand zeigt mit der Handfläche nach oben. Einen knappen Meter daneben entdeckt Maggie eine Pistole. Wenn er sie doch nur aufheben und die Reifen des Pick-ups damit kaputt schießen würde. Dann könnten sie nicht wegfahren.
    Aber wenn er tot ist, kann er nicht mehr schießen. Und er hat sich immer noch nicht gerührt.
    »Hinsetzen, du kleines Miststück«, faucht Henry, packt sie an der Schulter und drückt sie in den Sitz.
    Der Motor heult auf, der Pick-up schlittert in einem Halbkreis über den Kies und rast die Einfahrt hinunter, vorbei an einem Mann ohne Gesicht. Einem Polizisten ohne Gesicht. Es muss ein Polizist sein, das erkennt sie an der Uniform, aber er hat kein Gesicht mehr. Und der andere Polizist daneben hat da, wo seine Brust war, eine rote Mulde, in der eine dickflüssige schwarze Suppe steht, wahrscheinlich Blut.
    »Ich blute, Henry! Ich blute!«, ruft Beatrice.
    »Ich weiß, Bee.«
    »Aber warum blute ich denn? Was ist denn passiert?«
    »Nicht jetzt. Das klären wir später.«
    »Aber warum …«
    »Nicht jetzt, hab ich gesagt. Ich muss nachdenken.«
    Mit kreischenden Reifen biegt der Pick-up in die Crouch Avenue ein. Als Henry das Lenkrad herumreißt, hinterlässt das Gummi schwarze Streifen auf dem Asphalt.
    »Aber warum blute ich denn?«
    »Könntest du bitte mal dein verdammtes Maul halten?«
    »Oh«, sagt Beatrice und guckt aus dem Fenster. »Okay. Entschuldigung.«
    Währenddessen schielt Maggie heimlich auf Beatrice’ rechten Knöchel: In der Haut klafft ein großer Schnitt. Es blutet immer noch, im Fußraum bildet sich schon eine rote Pfütze. Obwohl ihr von dem Anblick schlecht wird, kann Maggie nicht wegschauen. Beinahe wäre es ihr gelungen.
    »Scheiße!«, brüllt Henry.
    Maggie sieht ihn an. Er starrt vor sich auf die Straße.
    Fünf Minuten später rasen sie den Interstate 10 hinunter. Richtung Westen.
    Diego weiss nicht, was ihn beim Haus der Deans erwartet, aber er hat ein ungutes Gefühl. Seit Ians Anruf rechnet er mit dem Schlimmsten – doch als er die letzte Kurve der Einfahrt nimmt, begreift er, dass er die Lage sogar unterschätzt hat. Auf das hier ist er nicht vorbereitet. Das ist zu viel für ihn.
    Ein Krankenwagen ist schon auf dem Weg. Bevor er aussteigt, fordert er einen zweiten an.
    Chief Davis liegt auf dem blutdurchtränkten Kies und hat kein Gesicht mehr. Hin und wieder zucken die Finger seiner linken Hand. Diego weiß nicht, ob der Mann bei Bewusstsein ist und mit den Bewegungen irgendetwas bezweckt oder ob sie nur von den letzten elektrischen Impulsen herrühren, die sein sterbendes Hirn produziert, bevor es endgültig verstummt.
    Einen guten Meter weiter hinten liegt Bill Finch, auf dem Rücken, die Brust ein Krater, gefüllt mit schwarzem Blut. Luftbläschen steigen aus seinem Innern auf und zerplatzen an der dunklen Oberfläche. Seine leeren Augen starren in den blauen Himmel, den weiten blauen Himmel mit seiner grellweißen Sonne.
    Finch rührt sich überhaupt nicht.
    Genauso wenig wie Ian, der ein Stück weiter die Einfahrt hinunter im Kies liegt, auch er auf dem Rücken, aber mit einem Telefon in der Hand und einem

Weitere Kostenlose Bücher