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Cop

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Titel: Cop Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Jahn
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schließt die Augen. Und trotzdem sieht sie, wie die ersten Bluttropfen auf den Boden klatschen.
    »Na sieh mal an.« Henry lächelt. »Er wird frech.«
    Vor Hass hat sich sein Magen zusammengeballt, und trotz der Tablette, die er eben eingeschmissen hat, brennt es ihm schon sauer in der Kehle. Er hat es versucht. Er hat versucht, den ewig lächelnden Deppen zu spielen, doch das Arschloch hat ihn durchschaut. Genau wie vorher die Cops, aber da hatte er wohl von vornherein keine Chance. Manche Türen lassen sich nicht zuschlagen, egal was man tut. Und bei Flint – tja, bei Flint hat er sich vielleicht zu wenig Mühe gegeben. Was hätte es auch genützt? Schließlich wusste er von Anfang an, dass er ihn umbringen würde. Eigentlich wollte er die beiden im Schlaf töten, jetzt sind sie eben ein bisschen früher dran. Er braucht ihren Wagen, und wenn sie tot sind, können sie den Diebstahl nicht melden. So einfach ist das.
    Also schnappt er sich das Steakmesser vom Tisch und stürzt sich auf Flint. Der Mann reißt die Augen auf, seine Lippen ziehen sich zu einer schwarzen Null zusammen. Und genau so viel kommt aus seinem Mund: nichts plus nichts plus nichts. Er schreit nicht mal. Doch er schafft es gerade noch, den Arm zu heben, um den Angriff abzublocken. Nur leider sind nackte Arme und Hände nicht der beste Schutz gegen eine Stahlklinge. Als Henry ihm das Messer in die Hand rammt, spürt er, wie die geriffelte Klinge über den untersten Knöchel des Ringfingers kratzt. Er stößt noch einmal zu. Diesmal sägt er ihm in den Daumen. Und noch einmal. Beim dritten Mal trennt er ihm den kleinen Finger ab, das Ding baumelt an einem Fetzen Fleisch wie ein grausiger Schlüsselanhänger. Schnell tritt er einen Schritt vor und sticht ihm in Arm und Schulter.
    Doch Flint packt ihn am Handgelenk. Der tote kleine Finger streift dabei Henrys Haut, eine geisterhafte Berührung, und im nächsten Moment spürt er einen Fausthieb auf dem Hals. Ihm bleibt die Luft weg.
    Als Henry keuchend zurücktaumelt, geht Flint zum Gegenangriff über. Ein schwerer Fehler. Offensichtlich hat er die Wucht seines Schlags überschätzt. Henry muss praktisch nichts tun. Er streckt die rechte Hand vor und duckt sich nach links, um Flints Attacke auszuweichen – und Flint läuft ihm direkt ins Messer. Henry bohrt es tief in ihn hinein, er schiebt die Faust in seinen Bauch, bis die Messerspitze an die Wirbelsäule stößt, dreht die Klinge herum und reißt sie nach oben. Wahrscheinlich sieht es aus, als wollte er Flint hochheben, und tatsächlich hebt er ihn ein paar Zentimeter an, ehe die Schwerkraft dafür sorgt, dass er auf der Schneide nach unten rutscht. Flint zerteilt sich selbst.
    Als Henry zehn oder elf Jahre alt war, kaufte sein Vater eine Kuh. Eine von Henrys Aufgaben war es, die Kuh jeden Morgen zu füttern. Eigentlich war es seine Lieblingsaufgabe, denn mit der Zeit freundeten sich die beiden richtig an. Er nannte sie Muh. Manchmal, wenn es in der Schule besonders schlimm gewesen war, setzte er sich neben sie auf den Zaun und erzählte ihr von seinem Tag. Dabei leckte sie ihm ab und zu mit ihrer breiten, rauen Zunge über die Hand. Ein Jahr lang ging das so. Doch eines Tages, als Henry mit seinen Büchern unter dem Arm die lange, staubige Straße zum Haus hinauflief, sah er, wie sein Vater Muhs Kopf mit einer Fleischsäge vom Rumpf trennte, während Onkel Fred danebenstand, die Achillessehnen durchschnitt und ihr einen großen Fleischerhaken ins Hinterteil rammte. Mit einer Seilwinde zogen sie Muh hoch, bis sie in der Luft baumelte. Dickes, dunkles Blut lief aus ihrem Nacken, klatschte auf den Boden und strömte die Einfahrt hinunter, ein Rinnsal voller rötlicher Blasen. Als Henry dazukam, bohrte sein Vater gerade ein Messer in Muhs Bauch und zog es bis runter zum Hals. So viel Blut auf einmal hatte Henry noch nie gesehen. Unmengen Blut, schäumend und zähflüssig wie Erdöl.
    An diesen Tag muss Henry denken, als Flint vor ihm zu Boden fällt und das Blut aus seinem Bauch hervorquillt. Er bückt sich und zieht das Messer aus dem Körper.
    Er sieht zu Beatrice. Sie sitzt auf dem Stuhl, starrt auf ihren Schoß und schaukelt vor und zurück, immer vor und zurück. »Das ist nicht wahr, das ist nicht wahr, das ist nicht wahr«, murmelt sie vor sich hin.
    Aber natürlich ist es wahr. Er hat es wahr gemacht. Und zwar für sie.
    Dann sieht er zu Naomi. Ihr Gesicht ist kreideweiß, ihre Augen sind weit aufgerissen. Sie ist wirklich hübsch, und die

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