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Cop

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Titel: Cop Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Jahn
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ist bloß ein Schild aufgefallen, auf dem ein Pfeil nach Norden zeigte). Jetzt, als er Texas hinter sich hat, kann er einfach nicht mehr. Immerhin ist er bis New Mexico gekommen. Den grauen Dodge Ram hat er seit Sierra Blanca nicht mehr gesehen. Mittlerweile ist er überzeugt, dass er sich geirrt hat. Henry ist nicht hinter ihm. Er ist irgendwo vor ihm. Morgen wird er Kaiser, Kalifornien, erreichen, und dort wird Ian ihn umbringen. Er wird ihn umbringen und Maggie retten. Das ist der Plan.
    Aber der Plan muss warten. Bis morgen.
    Die Sonne versinkt am Horizont und überlässt der Nacht das Feld. Schon färbt sich der Himmel grau, rötliches Abendlicht verteilt sich in der Luft wie aufgewirbelter Schlamm im klaren Wasser eines Sees. Bald wird die Dunkelheit von allem Besitz ergreifen.
    Und Ian ist fertig. Einfach nur fertig.
    Er nimmt die nächste Abfahrt und rollt eine namenlose Landstraße hinunter, die für eine halbe Meile parallel zum Interstate verläuft, bevor sie in dem Ascheparkplatz einer Raststätte mündet, die dem weißen, handgepinselten Schriftzug auf der modrigen Holzfassade des Gebäudes zufolge nur den Namen MOTEL/BEWIRTUNG trägt. Vermutlich findet hinter der Fassade die Bewirtung statt, während das versprochene Motel aus einem Dutzend Wohnwagen zu bestehen scheint, die kreuz und quer hinter dem Imbiss geparkt sind.
    Eine große Staubwolke steigt auf, als Ian auf den Parkplatz steuert und hält. Er stellt den Motor aus und wartet, bis sich der Staub gelegt hat. Seine Lunge hat schon genug mitgemacht, er sollte ihr nicht auch noch eine Ladung Dreck zumuten. Als er wieder klare Sicht hat, stößt er die Tür auf und tritt ins Freie. Es ist immer noch verdammt heiß. Er nimmt die durchweichte Zigarre aus dem Mund und spuckt vor sich auf den Boden, steckt dann die Zigarre in die Hemdtasche und schaut hinüber zum Interstate.
    Nichts als leerer Asphalt.
    Nachdem er sich die Tasche mit der Thoraxdrainage umgehängt hat, nimmt er die Sonnenbrille ab und klemmt sie in den Hemdausschnitt. Auf einmal ist es so hell, dass er die Augen zusammenkneifen muss. Er geht an ein paar Tischen mit Salz- und Pfefferstreuern vorbei zum Eingang des Motel/Bewirtung.
    Im Inneren erwartet ihn eine Metalltheke oder besser eine Durchreiche, denn auf der anderen Seite sieht Ian die Küche. Hinter der Theke steht ein Typ um die sechzig, wahrscheinlich der Koch. Er lehnt auf den Ellenbogen und blättert in einem Tittenheft. Aus jeder seiner Körperöffnungen scheint büschelweise graues Haar zu sprießen. Eine schlaffe Zigarette klebt an seiner Unterlippe, eine Rauchwolke wabert um seinen Kopf.
    Als Ian eintritt, rattert die Glocke über der Tür; klingeln kann man es nicht nennen. Der Typ richtet sich auf und rückt die ranzige, kastenförmige Mütze auf seiner Halbglatze zurecht. Eine kleine Aschestange fällt von der Kippe auf das ausgeklappte Centerfold des Magazins und rollt in den Knick. Der Koch nimmt die Zigarette aus dem Mund und pustet die Asche sorgfältig auf den Boden, bevor er das Heft zuklappt und unter der Theke verstaut.
    »’n Abend. Noch was zu essen oder lieber gleich ins Bett?«
    »Erst mal was zu trinken.«
    »Monica ist auf dem Scheißhaus, und Betsy ist kurz vor die Tür gegangen. Kann also ein bisschen dauern. Wirklich keinen Hunger?«
    Ian hustet und wischt sich die Hand an der Hose ab. »Vielleicht einen Burger.«
    »Cheeseburger?«
    »Klingt gut.«
    »Was für Käse? Amerikanischen, Schweizer oder Cheddar?«
    »Schweizer.«
    »Pommes dazu?«
    »Gern.«
    »Spiegelei drauf?«
    »Auf die Pommes?«
    »Auf den Burger.«
    Ian schüttelt den Kopf.
    »Sicher?«
    »Ja. Kein Ei.«
    »In Ordnung. Dauert nicht lang.«
    Der Koch dreht sich nach links, pult von einem Stapel flacher Frikadellen eine herunter und wirft sie auf den heißen Grill. Das wäre erledigt. Danach zieht er ein Brötchen unter der Theke hervor und schmiert Mayonnaise drauf, dann kippt er ein paar Pommes in die Fritteuse und summt dabei vor sich hin, eine ganz eigene Version von »Under My Thumb«.
    Irgendwo geht eine Toilettenspülung. Kurz darauf öffnet sich die Tür, und eine Frau tritt ein. »Das Klopapier ist schon wieder fast alle, Onkel Hal. Eine Rolle am Tag! Irgendwer muss hier mal seine Essgewohnheiten umstellen.« Als sie Ian entdeckt, wird sie rot. Auf einmal ist sie richtig hübsch. »Tut mir leid«, meint sie. »Ich hab dich nicht …«
    »Schon gut. Monica oder Betsy?«
    »Monica. Betsy ist grad bei einem … Sie schaut nach

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