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Copy

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Titel: Copy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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Er ist ein Ding ohne Blase und Rechte, und man hat ihn aufgefordert, einen Raum aufzusuchen, in dem sehr schmerzhafte Untersuchungen und der Tod auf ihn warten. Jeder kann in Versuchung geraten, einen solchen Weg zu verlassen. Ich weiß es, denn ich habe es bei mindestens drei Gelegenheiten getan.
    Ich komme an der großen Treppe vorbei und erreiche einen kleineren Flur, gesäumt von Garderoben und kleinen Kammern. Hinter einer Doppeltür klappert Geschirr, und ich höre die Stimmen von Köchen. Der Graue könnte dort durchgegangen sein, aber die Sensoren in meinem linken Auge entdecken keine Vibration. Die beiden Flügel der großen Schwingtür haben sich seit einigen Minuten nicht mehr bewegt.
    Ich eile weiter und nehme einen schwachen Geruch wahr, den die meisten Menschen nicht bemerken oder meiden. Es ist der schweißartige Geruch endgültiger Erlösung.
    Der Recycler.
    Die meisten von uns legen abgelaufene Ditos (oder Teile davon) in einen versiegelten Behälter, den sie für die wöchentliche Abholung nach draußen stellen. Doch Unternehmen, die viele Ditos einsetzen, brauchen eigene Anlagen für Kompression und Filterung der Reste. Am Ende eines kurzen, fensterlosen Korridors sehe ich eine Tür, die nur wenige Ditos zweimal durchschreiten. Hat Maharal diesen Weg genommen, weil ihm ein schnelles Ende im Bottich lieber ist als die Agonie der Hirndurchsiebung? Er kommt mir nicht wie jemand vor, der Selbstmord begeht, nur weil er Schmerzen scheut. Aber es gibt noch andere Möglichkeiten… Vielleicht will er sterben, um Geheimnisse zu bewahren.
    Auf der Suche nach Alternativen wende ich mich nach links und sehe durch einen breiteren Korridor. Weiter vorn erstreckt; sich eine glasüberdachte Veranda, mit Korbmöbeln ausgestattet. Sie gewährt Blick auf einen Rasen und einen privaten Wald.
    Der pneumatische Dämpfer einer Fliegengittertür schließt sich gerade. Ich treffe eine rasche Entscheidung, trete hindurch und auf einen Parkettbalkon. Links steht ein großes Vogelhaus, mit Grün gefüllt und voller gurrender Geräusche. Kaolins berühmtes Hobby ist die Vogelzucht, insbesondere die von genetisch manipulierten Renntauben.
    Nicht dorthin. Rechts führen Treppenstufen über einen Hang. Ich gebe meiner Ahnung nach, wende mich in jene Richtung und werde kurz darauf belohnt – weiter vorn höre ich das Geräusch leiser Schritte.
    Ich kann es durchaus verstehen, wenn Maharals Geist nicht die schreckliche Pein des Hirnsiebens über sich ergehen lassen will. Wenn es ihm lieber wäre, die letzten ein oder zwei Stunden unter einem blauen Himmel zu wandern. Aber ich arbeite für seine Erbin und rechtmäßige Eigentümerin. Und außerdem: Wenn sein Original tatsächlich ermordet worden ist, sollte der Täter gefasst werden. Ich brauche die Hinweise, die eventuell in seinem keramischen Schädel stecken.
    Ein mit Steinplatten ausgelegter Pfad führt an einer großen Wiese vorbei zu einem Hain aus alten Bäumen. Hauptsächlich Platanen und violetter Prunus. Die Natur ist schön, wenn man sie sich leisten kann.
    Dort! Eine Gestalt, die sich bewegt. DitMaharal, ganz klar. Er hastet dahin, nach vom gebeugt, die Schulter hochgezogen. Vorher ist es nur Intuition gewesen, aber jetzt bin ich sicher – der Golem hat etwas vor.
    Aber was? Dieser Pfad reicht zur Kuppe eines kleinen Hügels, der neben einer Reihe niedriger Häuser aufragt. Eine Straße führt an ihnen vorbei, und ein Bürgersteig und Rasenflächen vor den Häusern machen das Bild komplett: ein malerisches altes Vorstadtviertel, in die östlichen vierzig Morgen von Rik Aeneas Kaolins Anwesen versetzt. Hier wohnen vermutlich seine Hausangestellten. Je reicher man ist, desto mehr Vorteile muss man bieten, um reale Bedienstete zu engagieren.
    Meine Güte, Kaolin ist reich.
    Kein Zeichen von Maharal. Meine Sorge besteht darin, dass er vielleicht die Häuser erreicht hat. Er könnte zwischen ihnen verschwinden.
    Ich drehe mich und halte Ausschau.
    Da! Halb geduckt hinter einer Hecke versucht er, ein Hinterhoftor zu öffnen.
    Ich halte es für falsch, ihn zu erschrecken. Anstatt loszulaufen, direkt auf ihn zu, schleiche ich durch den kleinen Wald und bleibe in seinem Schatten, als ich mich näher heranarbeite.
    Um diese Tageszeit sind nur wenige Leute draußen. Ein orangefarbener Gärtner mäht mit einem lauten Gerät einen Rasen. Eine Frau hängt Wäsche an einer Leine auf, etwas, das ich in der Zeit vor den Duplikaten nie gesehen habe – damals ist die Zeit so kostbar

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