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gestanden haben. Hier ist es genauso. Mit dem Unterschied, dass die Pornographie hier geht und mit einem spricht. Und sie kann einem jeden Wunsch erfüllen.
EINE SEKUNDE… Das Fon hat gerade geklingelt. Ich nehme ab und höre zu, wie Nell den Anruf an mein reales Selbst weitergibt.
Pals halb gelähmtes Gesicht erscheint auf dem kleinen Display, umgeben von Wunschsensoren, die seinen magischen Rollstuhl kontrollieren. Er möchte, dass ich zu ihm komme.
Mein Original klingt verdrießlich und müde. Er will keine neue Prägung vornehmen.
»Ich habe drei Dits mit verschiedenen Dingen beauftragt«, teilt er Pal mit. »Einer von ihnen kommt bei dir vorbei, wenn es die Zeit erlaubt.«
Drei? Der Grüne wäre wohl kaum imstande, mit Pal zurechtzukommen, und der Graue Nummer Eins ist zu Ritu Maharal unterwegs, deren Vater angeblich ermordet wurde. Vielleicht bekommt er sogar Gelegenheit, mit dem realen Rik Kaolin zu reden – das ist es wert, Clara davon zu erzählen, wenn sie von ihrem Krieg heimkehrt.
Also bleibt die Sache vermutlich an mir hängen. Wenn mich Wammaker früh entkommen lässt, mache ich mich auf den Weg, um mir Pals neueste Verschwörungstheorie anzuhören. Ich fühle bereits, wie mein kurzes »Leben« aufgebraucht wird.
DIE OBERSTE ETAGE. Wo Hubschrauber-Landeplätze auf dem Dach reichen Kunden leichten Zugang bieten. Wo berühmte Produzenten erlesenen Kaffee und ausgefallene Vorspeisen servieren, selbst zu Besuch kommenden Grauen! Elegante Läden geben einem hier Gelegenheit, auf die Dienste von erstklassigen Schauspielern zurückzugreifen – sie spielen überzeugende Rollen in Körpern, die nach einem anderen Rig gestaltet sind. Es gibt Strafen, wenn ein Dito nicht wie sein Original aussieht, aber sie sind kaum der Rede wert, wenn es nicht um Betrug geht. Was die Produzenten natürlich nicht daran hindert, dann und wann ein wenig zu betrügen.
Reiche Kunden kommen auch hierher, um Extravaganzen zu arrangieren. Einmal hat jemand Claras Infanteriegruppe beauftragt, als Statisten bei einer blutigen Neuinszenierung von Caligulas letztem Orgien-Gemetzel mitzuwirken. Sie schmuggelte mich hinein, und ich konnte mir alles ansehen, während ich hinter einem purpurnen Vorhang stand. Es war ein sehr lebhaftes, grausiges und auch lehrreiches Spektakel, wenn man berücksichtigt, welche Aufmerksamkeit den historischen Details geschenkt wurde. Die Schwertkämpfe waren sehr beeindruckend, und Claras Golem starb besonders gut.
Trotzdem interessierte mich die Show kaum.
»Freut mich, dass du so empfindest«, hat mir Clara damals gesagt. Kein Mitglied ihrer Gruppe hat an jenem Abend einen Inload durchgeführt. So was macht einen stolz auf die Jungs und Mädels in Khaki.
ICH BIN NOCH MEHR als zwanzig Meter von Wammakers elegantem Portikus entfernt, als ich eine Gestalt bemerke, die einen Kapuzenmantel trägt und mich herbeiwinkt.
»Mr. Morris… Gut, dass Sie gekommen sind.«
Ich trete näher und erkenne das Dito-Gesicht unter der Kapuze. Maestras Assistentin, ihr Gesicht ein konservatives Grau, das zu ihrer Aufmachung passt.
»Würden Sie mir bitte folgen?«
Sie winkt erneut, und ich folge ihr… fort vom Portikus. »Bei unserem Treffen geht es um vertrauliche Angelegenheiten, die besser woanders besprochen werden sollten«, sagt die Assistentin und reicht mir ebenfalls einen Kapuzenmantel. »Bitte ziehen Sie das an.«
Als Realperson hätte ich mir vielleicht Sorgen gemacht. Beabsichtigt die Maestra, sich auf irgendeine verschrobene Weise für mein windiges Verhalten ihr gegenüber zu rächen? Und wenn schon. Ich bin nur ein Dito.
Ich streife die Kutte über und folge der Grauen.
Ein kleiner Lift bringt uns nach unten, hinab in die billigeren Etagen des ehemaligen Einkaufszentrums. Türen öffnen sich, und die Assistentin führt mich zu einer unscheinbaren Ladenfront mit undurchsichtigen Fenstern, auf denen ERNEUERUNGEN steht. Wir betreten einen Raum mit hängenden Stoffen, die mit Piezolumineszenz schimmern und in künstlich geschaffenem Wind wogen. Man hat sogar Mühe auf Pflanzen verwandt, die eine angenehme Atmosphäre schaffen sollen – es sind größtenteils Farne und Gummibäume. Doch der Blick wird sofort von Holo-Plakaten angezogen, die Gineen und ihre Kollegen zeigen, Männer und Frauen, deren Kopien jenen spezielle Genüsse anbieten, die Sex allein langweilig finden.
Neben dem Warteraum bemerke ich abgeschirmte Nischen, in denen Interessenten private Gespräche mit besonderen
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