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unter meinen Füßen zerbricht. Hände versuchen mich festzuhalten, und ich trete zu, um wieder freizukommen.
Der Lichtsturm blendet mich natürlich. Ich kann kaum mein nächstes Ziel erkennen, einen Tisch, der mit einem sich langsam drehenden Globus lockt. Ich ducke mich zum Sprung…
… doch plötzlich stößt etwas gegen den Tisch, und dadurch kann ich nicht richtig springen. Ich pralle an die Kante des Tisches, rolle schmerzerfüllt zwischen Stühlen, trete nach Füßen und zerbrochenen Flaschen.
Hiebe treffen meine linke Seite, und ich stöhne. Mein Gegner, oder jemand anders, der sich über mich ärgert? Ich sehe nicht nach, krabbele wie eine Krabbe und greife in die Hosentasche nach dem Schneider – der nur aus der Nähe eingesetzt werden kann und sich daher nicht besonders gut als Waffe eignet.
Oh-oh. Stiefel erscheinen vor mir. Viele. Der Bursche hat Freunde gerufen. Sie bücken sich und sehen unter die Tische. Es kann nur noch Sekunden dauern, bis…
Meine Hand fällt auf den Sockel dieses Tisches, der mit drei dicken Bolzen im Boden verankert ist.
Soll ich sie durchschneiden? Warum nicht? Also los…
Der Tisch wackelt… kippt…
Ich ergreife ihn. Und jetzt nach oben!
Die Dits springen erschrocken zurück. Es ist keine großartige Waffe, aber mit dem immer noch aktiven Holo-Bild sieht es nach mehr aus als nur nach einem Cocktailtisch! Die Bilder reichen zwei Meter weiter und sehen nach glänzenden Schlangen aus. Ein Dreschflegel aus brennendem Licht.
Nur Licht, aber sie weichen zurück. Kaum veränderte Höhlenmenschenseelen haben sie geprägt, und deshalb sehen sie eine brennende Fackel. Bald umgibt mich eine Zone des Respekts, von der Reichweite des Holos bestimmt. Und jetzt werden einige Anfeuerungsrufe von Zuschauern für mich laut.
Ich sehe den Burschen und seine Kumpel. Alle tragen Schwarz mit Metallbeschlägen und tun so, als hätten sie den Look erfunden. Wie armselig.
Sie ballen die Fäuste und knurren. Gleich wird sich die rationale Situationsbewertung gegen die Höhlenreflexe durchsetzen, und dann greifen sie durch das Holo-Licht an. Ich bin von Zuschauern umgeben und kann nicht weg…
Und dann verändern sich die Geräusche. Die donnernde Tanzmusik verklingt. Zornige Rufe werden gedämpft. Eine verstärkte Stimme übertönt das Pfeifen meines schnellen Atmens.
»DitMorris, wenn Sie gestatten…«
Ich drehe mich und stoße den Tisch in Richtung meiner Gegner. Sie weichen zurück, vielleicht zum letzten Mal, und kneifen zornig die Augen zusammen.
Und dann wenden sie sich plötzlich von mir ab. Neuankömmlinge drängen sie sanft, aber nachdrücklich zur Seite, bahnen sich mit Lärmstäben einen Weg. Rote Frauen, die im Lokal wieder für Ordnung sorgen.
Wird auch Zeit.
Das Oberhaupt der Gruppe, der Bursche vom Odeonplatz, wirft mir einen letzten Blick zu, der überraschend leidenschaftslos ist, sogar amüsiert oder dankbar wirkt. Die hämmernde »Musik« ertönt wieder, und bald ist in der Regenbogen-Lounge wieder alles normal.
Eine Irene richtet den Zeigefinder auf mich und macht nicht den Eindruck, sich entschuldigen zu wollen.
»Bitte stellen Sie den Tisch hin, DitMorris!«
Für einen Moment fällt es mir schwer, der Aufforderung nachzukommen. Instinkt.
»Keine weiteren Ablenkungen, bitte. Sie werden erwartet. Der Schwarm wartet auf Sie.«
Das Holo-Bild flackert und verschwindet, und ich lasse meine improvisierte Waffe sinken. Das ist alles? Keine Entschuldigung dafür, dass man mich der Gewalt von Idioten überlassen hat?
Ach, beschwer dich nicht, Albert. Schließlich ist weder dein Leben in Gefahr gewesen, noch ging es um etwas ähnlich Wichtiges.
Die Rote fordert mich mit einer knappen Geste auf, ihr zum rückwärtigen Teil des Lokals zu folgen, und dort treten wir durch einen Plüschvorhang. Wundervolle Stille herrscht plötzlich, und ich empfinde sie als solche Erleichterung, dass ich schwanke. Es dauert einige Sekunden, bis ich wieder denken kann, und dann…
Moment mal… diesen Raum habe ich schon einmal gesehen.
Während des Gesprächs in Studio Neo war eine umbrafarbene Irene mit einem Schirm verbunden gewesen, der ihr andere Irene-Kopien zeigte, die eine einzelne blasse Gestalt auf einer Lebenserhaltungscouch umringten. Jetzt sehe ich die reale Frau mitten in dem Durcheinander aus reger Betriebsamkeit liegen. Sie blickt ins Leere, während sich auf ein Drittel ihrer Größe geschrumpfte Duplikate um sie kümmern. Flüssigkeit tropft ihr in den Mund.
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