Copy
Mechanische Arme massieren ihre Glieder. Das schlaffe, wie leblose Gesicht ist eindeutig das Original aller Roten, die ich an diesem Ort gesehen habe. Ihr kahl geschorener Kopf trägt eine Medusa aus zuckenden Kabeln, die zu großen Kühlern und Kilns führen.
Eine frisch gebackene Kopie erscheint und glüht noch vom Aufenthalt im Ofen. Sie streckt sich kurz, nimmt dann einen Overall aus Papier entgegen und geht fort, um sich einer Aufgabe zu widmen, die keine Anweisungen erfordert. Eine andere kehrt aus der äußeren Welt zurück, ganz offensichtlich dem Ablauf nahe. Zwei Schwestern trennen dem einen Tag alten Duplikat rasch den Kopf ab und legen ihn in eine Erinnerungstransferspule.
Im blassen Archi-Gesicht zuckt es beim Inload. Der Körper des Duplikats rollt zum Recycling fort.
Manche halten dies für unsere Zukunft, denke ich. Man setzt zahllose Kopien ein, die alles für einen erledigen, während der organische Körper nur noch einen Zweck erfüllt: Er nimmt Erinnerungen auf und gibt sie an die neuen Duplikate weiter – ein heiliger Gefangener, wie die Ameisenkönigin, während fleißige Arbeiter das eigentliche Leben führen und genießen.
Ich finde diese Aussicht abscheulich. Aber mit der gleichen Einstellung standen meine Großeltern dem ersten Prägen gegenüber. Die Worte »Golem« und »Dito« klangen grässlich, bis wir uns an sie gewöhnten. Wie soll ich darüber urteilen, was zukünftige Generationen für normal halten?
»Willkommen, DitMorris.«
Ich drehe mich um. Die Irene vor mir hat die Hauttextur einer High-Quality-Grauen, aber den vertrauten umbrafarbenen Ton. Neben ihr steht die andere Kopie, der ich in Studio Neo begegnet bin: »Rik« Manuel Collins mit der karierten Haut.
»Sie nennen dies ein Willkommen? Ich würde gern wissen, warum Sie mich dort draußen diesen Idioten überlassen haben…«
Collins hob die Hand. »Verschieben wir die Fragen auf später. Zuerst kümmern wir uns um die Reparaturen.«
Reparaturen?
Ich senke den Blick und sehe Betrübliches. Tiefe Risse in meiner linken Seite! Das eine Bein der Länge nach aufgeschlitzt; Flüssigkeit quillt daraus hervor. Aktionsenzyme haben mich hierher gebracht; ich fühle kaum Schmerz.
Meine Güte, ich bin ruiniert.
»Sie können dies reparieren?« Meine intensivste Emotion ist vage Neugier.
»Kommen Sie«, sagt die nächste Irene. »Wir bringen Sie im Nu in Ordnung.«
Im Nu?, denke ich benommen und folge ihr. Für einen Dito ist »im Nu« ein sehr anspruchsvoller Ausdruck.
GEISTER IM WIND
… ALS REALALBERT MODERNE BEINARBEIT ERLEDIGT…
In Hinsicht auf meine verschwundenen Duplikate schien ich kaum etwas tun zu können. Der Graue Nummer Zwei hatte auf autonomen Modus umgeschaltet. Es gab keine legale Möglichkeit für ihn, Kontakt mit mir aufzunehmen, und vielleicht würde ihn die Maestra daran hindern, wenn er doch einen Versuch unternahm. Der Grüni hatte eine sonderbare Unabhängigkeitserklärung übermittelt und kümmerte sich um eigene Dinge. Und vom Grauen Nummer Eins, der zusammen mit dem Geist von Yosil Maharal bei der Kaolin-Villa verschwunden war, fehlte jede Spur. Die Sicherheitsabteilung von Universal Kilns hatte damit begonnen, dieses Rätsel zu ergründen; sie suchte überall auf dem Anwesen nach Hinweisen auf den Verbleib der beiden Ditos, bisher ohne Erfolg.
Ich rechnete nicht damit, dass jene Sicherheitsleute etwas fanden. Es ist leicht, eine Kopie in einem Kasten zu schmuggeln. Millionen von ihnen sind täglich in der Stadt unterwegs, mumienartig eingepackt in KeramPack, transportiert von Lastern, Kurieren und durch pneumatische Röhren. Und es ist noch leichter, ein totes Duplikat loszuwerden: Man braucht die Reste nur in einem Recycler verschwinden zu lassen. Ohne ein Pellet unterscheidet sich ein Haufen Golembrei nicht von einem anderen.
Wie auch immer, ich musste mich um Ermittlungen kümmern, in einem Fall für einen Klienten, der besonders viel zahlte. Ritu Maharal wollte, dass ich Untersuchungen in Hinsicht auf den mysteriösen Tod ihres Vaters anstellte. Als rechtmäßige Erbin hatte sie jetzt Zugang zu seinen Aufzeichnungen, von Kreditkäufen bis hin zu Armbandfon-Gesprächen. Maharals Bewegungen während der Zeit, als er für Universal Kilns gearbeitet hatte, waren eine andere Angelegenheit. Aber als Ritu Rik Aeneas Kaolin um jene Informationen bat, gab der Tycoon widerstrebend nach, um zu verhindern, dass sie sich mit »wilden Geschichten« über die angebliche Ermordung ihres
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