Copy
Maharals Geist bei dem Versuch zu verschwinden überrascht. Und war bei der Verfolgung unvorsichtigerweise in eine Falle getappt.
Das passierte mir manchmal, den Verfolgten zu unterschätzen. Niemand ist perfekt… und man kann unvorsichtig werden, wenn Fehler nie permatödlich sind. Ich bewundere die Detektive von damals, die es mit gewissenlosen Schurken zu tun bekamen und nur über ein Leben verfügten. Die Burschen hatten wirklich was drauf.
Der Graue Nummer Eins könnte inzwischen also zu Brei geworden sein, der irgendwo auf Aeneas Kaolins Anwesen im Boden versickerte. Und Maharals Geist konnte jetzt… was sein? Vielleicht verbrachte er irgendwo in aller Abgeschiedenheit seine letzten Stunden. Möglicherweise mit einer Wammaker-Kopie.
Für wahrscheinlicher hielt ich, dass er eine letzte Aufgabe für seinen rätselhaften Schöpfer erledigte. Etwas Tiefes, Komplexes und vermutlich auch Ruchloses. Beim Gedanken daran wurde mir unheimlich zumute.
»Ich bin bereit, einen weiteren Grauen zum Anwesen zu schicken und bei der Suche zu helfen«, bot ich an.
»Das ist derzeit vielleicht keine gute Idee«, erwiderte Ritu skeptisch. »Aeneas möchte das von seinen eigenen Leuten erledigen lassen. Aber Sie und ich können trotzdem in anderen Angelegenheiten ermitteln. Vielleicht ist die Fahrt in die Wüste tatsächlich nützlich. Wann brechen wir auf?«
Ich wunderte mich über die Veränderung in ihrem Tonfall und nickte.
»Sie könnten dort bei UK eine Kopie von sich anfertigen…«
»Das mache ich lieber zu Hause. Ich möchte einige Dinge zusammenpacken. Und vielleicht finde ich Bilder der Hütte in meinem Sammelalbum.«
»Das könnte helfen.«
Ritu schürzte kurz die Lippen. »Sind Sie sicher, dass es nicht bis morgen warten kann?«
Vielleicht wäre es sogar klug gewesen, zu warten. Aber die Unruhe in mir wurde immer größer. Ich wollte mit dem Plan weiterkommen, von dem Ritu Maharal nichts wusste.
»Ich komme um sechs zu Ihnen und hole Sie ab. Wir durchqueren die Wüste nachts und erreichen das Mesa-Land gegen Morgengrauen.«
Ritu zuckte mit den Schultern und schien sich damit abzufinden.
»Na schön. Hier ist meine Adresse…«
»Nein.« Ich schüttelte den Kopf. »Wir treffen uns beim Haus Ihres Vaters. Ich wollte es mir ohnehin ansehen und erledige das, bevor wir losfahren.«
ICH MUSSTE SCHNELL PACKEN. Der Volvo hat einen erweiterbaren Kofferraum, extra dafür bestimmt, drei geprägte Golem-Rohlinge vakuumverpackt zu transportieren, oder nur einen zusammen mit einem kleinen Kiln. Es gib sogar noch Platz genug für einige forensische Dinge. Ich hatte bereits ein graues Dit-Paket vorbereitet, und das ließ genug Zeit für eine Veränderung.
Ich zog mich aus, trat unter die Dusche und bat Nell, mich zu grauen.
»Schütz zuerst deine Augen«, erinnerte mich der Hauscomputer.
»Oh, ja.« Ich nahm einen Behälter vom Regal und holte zwei dunkle, den ganzen Augapfel bedeckende Kontaktlinsen hervor. Ich hatte dies schon seit einer ganzen Weile nicht mehr gemacht, und deshalb war der Vorgang ein wenig mühevoll.
»Ich bin so weit.«
Ich spürte ein Prickeln, das bei den Zehen begann und aufwärts kroch.
»Stell dich breitbeinig hin und heb die Arme«, sagte Nell.
Ich kam der Aufforderung nach und fühlte mich ein wenig seltsam, als der Strahl eines Resonanzlasers über meine Haut strich, Haare und tote Hautzellen mit zigtausend mikroskopischen Proteinexplosionen verbrannte – keine noch so scharfe Rasierklinge konnte das leisten. Luftstrahlen bliesen die Asche fort, und es folgten ionenfokussierte Tröpfchen einer bestimmten Lösung, die meine Poren für die Zeit versiegelten und nährten, die sie von der Luft abgeschnitten waren.
Und dann kam der »Anstrich«, eine schnelle Färbung mit meiner eigenen geheimen Formel. Einige Minuten später sah ich aus wie ein erstklassiger Golem – man musste schon sehr genau hinsehen, um mich als Menschen zu erkennen. Auf das Mundstück verzichtete ich noch; es kann ein wenig unangenehm sein.
Die Prozedur ist nicht in dem Sinne illegal, nicht so wie die Tarnung eines Golems, damit er real aussieht. Aber es wird dringend davon abgeraten. Jemand könnte mich erschießen, während ich so aussehe, und mit einer Geldstrafe davonkommen. Kein Wunder, dass so etwas nur selten geschieht. Ironischerweise ist das der Grund, warum ein begabter Amateur wie Yosil Maharal mit der umgekehrten Version des gleichen Tricks vor einigen Wochen fast erfolgreich gewesen wäre. Mein
Weitere Kostenlose Bücher