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Copyworld: Roman (German Edition)

Copyworld: Roman (German Edition)

Titel: Copyworld: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Szameit
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    Es ist immer eine Frage des
rechten Maßes. Früh schon mußte sich Derek diese Weisheit zu eigen machen.
    “Du hast recht, Eirik, was nutzen
uns Krieger, denen der Hunger die Gedärme zerfetzt – Garrelf soll sich sputen,
daß er mit der Schneeschmelze die Saat in den Boden bringt.”
    Eirik knurrt beifällig und
schüttet sich ein wenig Pulver aus einem derben Ledersäckchen in die Hand. Als
er es in die Flammen wirft, springt gelber Rauch auf. Wenn die gelben Schwaden
aus der Schmiedeesse quellen, weiß Garrelf, daß der Schmied fertig ist.
    Endlich ruft er Andel. “Tochter,
geschwind! Wir haben einen Gast!”
    Andel hat ganz gewiß nicht artig
auf ihrem Bett gesessen, sondern unzüchtig hinter der Tür zur Diele gelauscht,
denn kaum hat Eirik den Mund geöffnet, da wirbelt sie schon in die Werkstatt,
verharrt aber sofort unter Eiriks mißbilligendem Blick und nähert sich ihnen
gesenkten Hauptes und mit zierlichen Schritten.
    Sie hat das dichte, dunkelbraune
Haar zum Fünfeckener Gewirk geflochten, einem Kunstwerk, dessen nur die Frauen
dieses Dorfes fähig sind und das seit Anfang aller Zeit die Mutter ihre Tochter
lehrte. Derek gefällt dieses strenge Geflecht aus dünnsten Strähnen und vollen
Büscheln, das trotz des Bildes von Sittsamkeit locker und luftig wie eine Wolke
den Kopf der Geliebten umschwebt.
    Daß Andel aber schon beginnt,
sich die Augenbrauen auszuzupfen, behagt ihm weniger, und vielleicht liegt es
daran, daß ihm diese unbedeutende Winzigkeit schmerzhaft bewußt macht, wie
lange zurück die Jahre ihrer Kindheit liegen.
    Auch die Sommersprossen auf dem
schmalen Nasenrücken verblassen zusehends. Nie ist es Derek gelungen, die
kleinen braunen Flecken zu zählen, zu dicht waren Andels volle Lippen seinem
Mund, wenn er versuchte, ihre Zahl zu bestimmen.
    Aber das Strahlen ihrer grünen
Augen hat sich in all den Jahren nicht verändert, und daß der biegsame Körper
unter dem einfachen Kattunkleid nicht mehr wie eine Gerte, sondern zu einem
kräftigen jungen Stamm gereift ist, hat Derek Entdeckerfreuden beschert, wie
sie nur Liebenden vergönnt sind.
    Die rohe Holzbank poltert gegen
die Wand, als er aufspringt und Andel in seine Arme schließt.
    Eirik hat sich scheinbar
gleichgültig abgewandt und zieht ein neues Eisenstück aus dem Feuer, und als er
kräftig darauf eindrischt, da ist es so, als sagte er: “Nun geht schon, Kinder.
Was steht ihr noch herum...”
    Dann, in Andels Kammer, ist Derek
so, als sei Ealtheas Pendel stehengeblieben. Alles ist wie in einer
Wirklichkeit ohne Zeit: Der frische Geruch des Bettzeugs, Andels schmale Hände,
die wie Sonnenstrahlen über sein Gesicht huschen, der stille Einklang ihres
Sehnens und Fühlens – wie eine friedliche, allen Stürmen der Welt trotzende
Insel ist dieses Zimmerchen.
    Wenige Minuten scheinen es ihm
nur gewesen zu sein, die Andel und ihm gehörten, dann dringt erregtes
Stimmengewirr durch die Wand, und Derek hört mehrmals seinen Namen. Der
dröhnende Baß des Schmieds poltert immer wieder besänftigend in die Worte der
anderen. Nun bläst der eisige Atem der Welt doch noch in Andels Kammer.
Seufzend erhebt sich Derek und wirft sich das Gewand Laux über – deutlich war
zu hören, wie jemand nach ihm verlangte und daß der Schmied Geduld forderte.
    In der Schmiede stehen neben
Eirik die Bauern Garrelf und Haffe, Fedder der Knecht und sein Hofalkalde
Gunder, einer den anderen überschreiend. Jetzt erst sieht Derek, daß die beiden
Bauern seinen Hofalkalden gepackt halten. Gunder kreischt wütend und windet
sich zwischen ihnen wie ein Wurm.
    Fedder steht daneben und grinst.
Eigentlich müßte er Gunder helfen, und zweifellos würde er mit beiden Bauern
auch spielend fertig. Zwar gleicht der Mann einem knotigen Stock, aber daß in
diesem ausgemergelten Leib eine erstaunliche Kraft wohnt, weiß Derek aus
unzähligen Übungskämpfen.
    Gunder hingegen braucht seine
ganze Körperkraft, um seine Leibesfülle in eine aufrechte Haltung zu zwingen,
und was als spärlicher Rest bleibt, verschwendet sein Kehlkopf als einen
Schwall von Flüchen und Beschimpfungen.
    Die Situation sieht nicht gut
aus, Derek überschaut es mit einem Blick: Die Bauern haben sich an einem Mann
des Hofes vergriffen. Er wird ihren Übermut zügeln müssen.
    “Was ist hier los?” fragt er
scharf
    Augenblicklich erstirbt das
Gebrüll.
    “Gunder wollte meinen Stier
stehlen, Großherr!” sagt Garrelf mit unterdrücktem Zorn. “Er sagt –

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