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Copyworld: Roman (German Edition)

Copyworld: Roman (German Edition)

Titel: Copyworld: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Szameit
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entgegengesetzter
Richtung.
    “Ich werde nicht den Zauber der
Dunkelheit haben”, sagt er leise. “Wie soll ich Rorik bezwingen, wenn ich auf
die Kraft des schwarzen Eies verzichten muß?”
    Aja lächelt mild und nachsichtig.
    “Was brauchst du noch
Unsichtbarkeit, Derek, wenn dein bester Freund der junge Holl vom Attanai ist?
Vergiß nicht: Das Herz des Holls schlägt im selben Takt wie Ealtheas Pendel –
er sieht die Zukunft und wird dich sicher leiten.”
    “Wenigstens werde ich nicht
schwarz.” sagt Derek erleichtert und schämt sich gleich darauf seiner Kleinlichkeit.
Denn der Zauber der Unsichtbarkeit hat seinen Preis: Wer das Elixier aus dem
Hollei trinkt, bekommt eine Hautfarbe, so schwarz wie die Nacht. Zwar war er
bereit, das schwere Los zu tragen, mit einem Gesicht, dunkler als Pech, für die
Freiheit Seemarks zu bezahlen, aber so manche stille Träne hatte der Gedanke
ihn schon gekostet, denn nicht ohne Freude betrachtet er sein Spiegelbild. Und
nicht zuletzt sein angenehmes Äußeres ist es, neben seinem Großmut und seiner
Gerechtigkeit, was ihm die Liebe seine Volkes beschert.
    Heftiges Klopfen kommt Ajas
Antwort zuvor. Gunder steckt den Kopf zur Tür herein und murmelt unterwürfig:
“Verzeiht Muhme Aja, verzeih, Großherr Derek – die Gäste werden ungeduldig, und
wenn du sie noch länger warten läßt, säuft der grobe Klotz von einem Rotauge
noch dein bestes Faß aus!”
    “Gleich!” antwortet Derek
unwirsch und winkt seinem Hofalkalden, sich zu entfernen.
    Immer noch zirpt es zutraulich in
dem schwarzen Ei.
    “Ich werde es mir überlegen”,
sagt er unentschlossen, aber Aja weist ihn so herrisch zurecht, daß Derek wie
unter einem Peitschenhieb zusammenfährt: “Da ist nichts zu bedenken mehr,
Großherr von Seemark! Ealthea hat die Entscheidung gefällt; und kannst du es
nicht mit Stolz, so nimm sie wenigstens in Demut an!”
    Gleich darauf jedoch wird ihre
Stimme wieder sanft und brüchig. “Gib es mir, geh zu den Thar und ergründe ihr
Begehren. Und vergiß nicht, daß ihre Worte sind wie aufstiebender Schnee, der
sich im Wind der Gedanken zu immer neuen Formen türmt und wie ein Gaukler Dinge
formt, die keine wahren Dinge sind.” Behutsam nimmt sie ihm das Ei aus den
Händen und schiebt ihn zur Tür hinaus.
    Auf dem Gang erwartet ihn Gunder,
quälende Neugier brennt in seinem Gesicht, er muß das Ei des Holls gesehen
haben. Doch wagt der Alkalde keine Frage, gewarnt wohl durch die schlecht
verborgene Gereiztheit seines Herrn.
    Auf einmal hebt Derek lauschend
den Kopf. Seltsame, fremdartige Klänge dringen aus der Tiefe des Palastes, eine
Musik, die ganz anders ist als die einfachen Weisen von Sturm und Schnee, Liebe
und Tod, Hoffnung oder Trauer, wie sie in Seemark gesungen werden.
    Kaskaden metallisch harter Töne
quellen und sprudeln durcheinander, vereinigen sich zu einem verwirrenden
Muster, schweben wie ein Schleier aus Wehmut und Trotz in der Luft, der von
einem Klirren und Scheppern zerfetzt wird wie von einem zornigen Aufschrei.
Dann aber steigen wieder klingende Blasen aus unergründbarer Tiefe menschlicher
Leidenschaft auf, und es sprudelt und kocht wie ein sturmgepeitschtes Meer.
    “Die Thar”, sagt Gunder nur.
Derek beschleunigt seine Schritte. Die unheimliche Musik dringt mit einer Macht
in sein Fühlen, die ihn ängstigt. Da ist nicht nur Liebreiz und Harmonie –
schroff und brutal peitschen gräßliche Klänge in melodische Sequenzen, attackieren
die lyrischen Motive mit bösartiger Heimtücke, ertränken sie in einem Strudel
infernalischer Schreie. Wie ein Kampf auf Leben und Tod, zwischen Gut und Böse,
ist diese schaurige und doch fesselnde Musik, und mit einem Schlage wird Derek
klar, wie armselig dagegen die Klänge seiner Heimat sind. Fast will es
scheinen, die schrillen Kakophonien trügen den Sieg davon, immer schwächer wird
die verzweifelte Gegenwehr der einfachen, poetischen Melodie – da hält Derek es
nicht mehr aus. Er rennt wie von Furien gehetzt durch den Palast, stößt
keuchend die große Flügeltür zum Thronsaal auf, als die Musik sich zu einem
wüsten Triumphgeheul steigert, wie es nur von Roriks Horden kommen kann, und
brüllt zornig auf.
    “Nein! Das wird nie geschehen!
Ich werde ihn töten!”
    Abrupt bricht die Musik ab.
    Da erst kommt Derek wieder zu
sich. Andorgas sitzt auf den Stufen zum Thron, in der Rechten einen Krug, aus
dem bei jeder Bewegung sonnengelber Blütenwein schwappt, in der Linken einen
gebackenen Fisch, und

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