Copyworld: Roman (German Edition)
schnauft enttäuscht:
Also nur an den Händen und am Hals.
“Weiß nicht”, sagt er verdrossen
und starrt ärgerlich auf seine Hände.
“Was ist los? Sei doch froh, daß
da irgendwas passiert ist!” tröstet ihn Sirrah. “Wir finden das schon heraus,
mach dir da mal keine Sorgen. So etwas kann kein Zufall sein. Wir werden deine
gesamte Vitalemissionen der letzten Woche auswerten, und dann finden wir die
Ursache.”
“Und wie wollt ihr das
anstellen?” fragt er mit erwachender Neugierde.
“Indem wir die Meßwerte des
Wächters auswerten, den du so gedankenlos abgestellt hast”, antwortet sie
spitz.
“Ach so.” Hyazinth spürt, wie
seine Ohrmuscheln heiß werden. Dann überwindet er sich und sagt: “Du hast
recht: Ich bin ein Kindskopf.” Gleich ist ihm wohler. Aber sicher liegt das
weniger an seinem Geständnis als an dem flüchtigen Kuß, den Sirrah ihm auf die
Wange haucht.
“Weshalb sagt uns niemand was vom
Wächter?” fragt er arglos. “Ich hätte das doch gar nicht gemacht, wenn ich
Bescheid gewußt hätte.”
“Das hat schon seine Gründe!”
antwortet sie abweisend, besinnt sich dann aber anscheinend und erklärt: “Was
meinst du, was los wäre, wenn jeder Bürger Villafleurs von der Existenz der
Wächter wüßte! Wir wären nur noch unterwegs. Ein Alarm würde den anderen jagen,
weil immerzu jemand auf die Idee käme, am Wächter herumzuspielen. Wir haben so
schon genug zu tun, du wirst gleich sehen.”
“Aber wenn man Manipulationen am
Wächter unter Strafe stellt”, wendet Hyazinth ein.
“Ach was!” Sirrah winkt ab. “Dann
würden es die Leute gerade tun! Es würde ein richtiger Sport werden, den
Wächter erst im letzten Augenblick, kurz bevor das Alarmkommando eintrifft,
wieder einzuschalten, und dann so zu tun, als wäre gar nichts gewesen! Wir
haben das anhand in einem Feldversuch getestet und wissen, wovon wir reden.”
“Und ihr findet durch den Wächter
wirklich heraus, wodurch die Wachsschuppen auf meinen Händen abgetrocknet
sind?” vergewissert sich Hyazinth.
“Ganz sicher!”
“Dann ist das wirklich eine
interessante und obendrein wichtige Arbeit”, stellt er großmütig fest.
Sirrah brummt erst irgendetwas
Undefinierbares, dann sagt sie: “Wenn du Pech hast, wirst du bald ganz genau
wissen, wie interessant und wichtig die Arbeit in der Gesundheitswache ist…”
“Nein, nein, ich will Projektant
werden!” entgegnet er selbstsicher. Seit er von Opal weiß, was Copyworld ist, beherrscht ihn dieser Berufswunsch.
“Das wirst du nicht mehr
entscheiden. Wer einmal Kenntnisse erlangte, die Interna der Wache betreffen,
muß damit rechnen, aus Sicherheitsgründen der Wache überstellt zu werden”, sagt
sie finster. “Die Kindschafterin Sirrah Stern wollte eigentlich Lehrerin
werden, aber dann gab es da einen Zwischenfall…” Sie blickt ihm vielsagend ins
Gesicht. “Aber vielleicht bringt Korund es nicht übers Herz. Das ist das
einzige, was ich für dich hoffen kann!”
Hyazinth nimmt ihre Worte noch
nicht so richtig ernst und denkt: Na, wenn schon! Zusammen mit Sirrah zu
arbeiten – das wäre doch auch etwas! Außerdem würde dann auch Rutila der
Gesundheitswache zugeteilt, na, das wär erstmal was!
Er kichert belustigt vor sich
hin.
Sirrah wird schreckensbleich als
sie sein Grinsen sieht und stößt hervor: “Um Himmels willen, laß das nicht
Korund sehen! Du verdirbst dir alles, in solchen Dingen ist er sehr
empfindlich!”
“Jetzt reichts mir aber!” ruft er
empört aus, “alle Welt redet mir ein, ich solle nicht so ein dummes Gesicht
machen! Das ist mir aber so gewachsen, ich habe mir meine Gene nicht
ausgesucht, das waren die Spezialisten in der Lebensquelle!”
“Alles hat einen Grund”, sagt
Sirrah beschwichtigend. “Du wirst ihn selbst herausfinden und dann alles
verstehen, alles…”
Hyazinth schenkt ihren Worten
wenig Beachtung und schmollt noch ein Weilchen.
“Deine Erbanlagen sind besser als
du glaubst”, sagt sie noch mit Nachdruck, dann bleibt sie vor einer
unscheinbaren Tür stehen, die sich als Spitzbogen im grünlichen Schimmern der
Wand abzeichnet. Gedankenlos legt Hyazinth seine rechte Hand auf den Sensor,
aber blitzschnell stößt Sirrah ihn zur Seite und deutet kopfschüttelnd auf ein
leuchtendes Symbol.
“Was lernt ihr eigentlich in der
Märtyrerschule!” schimpft sie. “Weißt du denn nicht, was das heißt?” Hyazinth
verzieht schuldbewußt das Gesicht. Klar, denkt er, eine stilisierte Hand mit
einem
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