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Copyworld: Roman (German Edition)

Copyworld: Roman (German Edition)

Titel: Copyworld: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Szameit
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eines ungeschickten und
rechthaberischen Schleifers zu beugen…”
    “Nun ja, kann ich verstehen, doch
doch...”, entgegnet Hyazinth, nicht weniger blöd, als auf ihre Lobpreisung des
Sterns, der zufällig seinen Namen trägt. Aber so recht weiß er immer noch nichts
anzufangen mit ihren Worten.
    “Zirkon wird dieser wunderbare
Stein nur von Mineralogen genannt”, erzählt sie weiter in jenem Tonfall, der in
ihm Erinnerungen an die schönsten Tage seiner Kindheit weckt. “Die Freunde und
Liebhaber seines edlen Feuers kennen ihn nur unter einem Namen: Hyazinth…
Korund selbst bestimmte, daß du so heißen sollst.”
    “Aber ich bin doch ein Blume!”
erwidert Hyazinth heftig, weniger aus Trotz gegen Korund Stein als aus der
Ahnung, rettungslos in irgendwelche dunklen Machenschaften verwickelt zu sein.
Als könne er die keimende Furcht vor schrecklichen Enthüllungen damit bannen,
wiederholt er: “Ich bin Hyazinth Blume!”
    “Ja, du bist in der Lebensquelle
Blume aufgewachsen, das ist wahr”, antwortet Sirrah Stern leise und sagt dann
plötzlich ärgerlich: “Genug jetzt davon. Ich habe schon viel zu viel
geschwatzt… du wirst es Korund doch nicht gleich auf die Nase binden?” Dabei
lächelt sie ihn wieder auf diese geheimnisvolle Weise an; ein Lächeln wie er es
bei anderen Frauen noch nie gesehen hat: Liebevoll, aber ohne dieses geheime
Beben, ohne das verlangende Blitzen in ihren Augen, als gäbe es noch etwas
anderes, viel gewichtigeres als die Stunde des Baal.
    Weshalb soll Korund Stein es
nicht wissen, fragt er sich kurz, aber er wundert sich längst nicht mehr, fügt
sich hilflos der Erkenntnis, daß ein menschliches Schicksal offenbar aus
tausendfach miteinander verwobenen Wirkungslinien besteht wie ein dickes Tau
aus unzähligen Fasern, und daß es keinen Zweck hat, dem Weg jedes einzelnen
Fadens nachzuspüren. Also nickt er nur stumm.
    “Was ist überhaupt mit den
Wachsschuppen auf deinen Händen?” fragt Sirrah als wolle sie schnell das Thema
wechseln. Doch der energische Griff, mit dem sie seine Hand packt und die kaum
noch sichtbaren Rötungen an den Stellen betastet, wo junge, zarte Haut
nachgewachsen ist, erinnert Hyazinth plötzlich an das seltsame Verschwinden der
Auswüchse. Alles andere ist vergessen, sein Herz klopft vor Erregung wie er es
nur aus anstrengenden Nächten kennt.
    “Ich weiß nicht, weshalb sie
abtrocknen…”, antwortet er schnell. “Auf einmal waren sie weg!”
    Zwei in schneeweiße
Vollkörpertrikots gekleidete Mitarbeiter der Gesundheitswache kommen ihnen
entgegen. Ihre Haltung strafft sich als sie sich nähern, und beide schmettern
Sirrah ein forsches “Frohe Umkehr, Oberster Gesundheitswächter!” entgegen.
Hyazinth würdigen sie keines Blickes, der aber zuckt zusammen. Verdammt, wie
spät ist es eigentlich? Er schaut auf sein Handgelenk, aber die Wachsschuppen
interessieren ihn überhaupt nicht mehr. Etwas weiter oben, in Richtung
Ellenbogen, schimmert die flache Scheibe des in den Trikotärmel eingearbeiteten
Mios – früher nannte man diesen Allzweckinformator wohl Mann im Ohr. Ein blöder
Name, Mio dagegen klingt hübsch, denkt Hyazinth flüchtig - und zeigt in Gelb
leuchtenden Ziffern die Uhrzeit an. Sechs Uhr zweiunddreißig.
    Hyazinth atmet erleichtert auf.
Noch anderthalb Stunden Zeit, das ist bequem zu schaffen. Nicht auszudenken,
was geschähe, wenn er sich zur Audienz beim Exarchen   verspäten würde.
    Dann überlegt er. Halb sieben? Er
muß demnach seit fünf Stunden im Gebäude des Gesundheitsdienstes sein. Noch
einmal blickt er, nicht wenig ratlos, auf seinen Mio. Sirrah muß das wohl
bemerkt haben.
    “Wir haben dir gleich die
Mykorrhizawurzeln aus der Haut gezogen”, sagt sie mit leiser Entschuldigung.
“Das hat einige Zeit gedauert, wie du dir sicher vorstellen kannst!” Der zweite
Teil ihrer Erklärung war jedoch mehr Vorwurf als Rechtfertigung.
    “Danke”, murmelt Hyazinth
schuldbewußt. Sehr gut weiß er, welche Qualen ihm dadurch erspart bleiben. Die
Würzelchen sind dünner als die feinen Stacheln von Zierkakteen, und tagelang
wäre sein Körper eine einzig blaurote Schwellung gewesen.
    “Die Wachsschuppen sind geradezu
eine Wohltat gegen die Vergiftung, die du dir eingehandelt hättest”, fährt
Sirrah fort. “Übrigens: Wie kommt es, daß sie nur auf den Händen und den
obersten Halswirbeln verschwunden sind?”
    Jetzt ist sie wieder ganz der
Oberste Gesundheitswächter: sachlich, forschend, beinahe mißtrauisch.
    Hyazinth

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