Coq 11
vorstellbar sei. Man leite diese Informationen an die amerikanischen Flotteneinheiten weiter, die sich nun mit äußerster Vorsicht dem Gebiet näherten.
Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas habe in einem Fernsehinterview erklärt, der Angriff sei auf seinen direkten Befehl hin von der »palästinensischen Flotte« durchgeführt worden. Das internationale Recht sei auf seiner Seite. Falls die Belagerung der Grenzen des Gazastreifens nicht aufgehoben werde, das habe er mehrfach angekündigt, werde er militärische Maßnahmen ergreifen. Genau dies sei nun geschehen.
Der sogenannte palästinensische Präsident habe betont, die »palästinensische Flotte« befinde sich nicht im Krieg gegen die USA und habe keinerlei Absichten, amerikanische Kriegsschiffe anzugreifen. Allerdings werde man zurückschießen, falls die andere Seite das Feuer eröffne.
Am Ende des Vortrags herrschte Schweigen. Alle blickten betroffen zu George W. Bush, an dessen merkwürdigem Grinsen man sah, dass er kaum glauben konnte, was er eben gehört hatte.
Das wird ein anstrengendes Treffen, dachte Condoleezza Rice. In zwei Stunden muss er seine Rede zur Lage der Nation halten. Und im schlimmsten Fall greifen wir schon heute Nacht den Iran an.
Ein Teil der Offiziersmesse der U-1 Jerusalem hatte sich in ein blutiges Inferno verwandelt. Sie diente nun als Lazarett. Mehrere Verletzte wimmerten und stöhnten unaufhörlich, einige weinten hemmungslos.
Im übrigen Bereich lief alles wie gewohnt, wenn auch unter sehr beengten Verhältnissen. Da die beiden palästinensischen Köchinnen, Bootsmann Leila und Bootsmann Khadija Fregattenkapitän Mordawina als OP-Krankenschwestern und Narkoseärztinnen assistierten, wurde allerdings fast ausschließlich russisches Essen serviert.
Als Erstes legte Jelena Mordawina die Reihenfolge fest. Die Brüche mussten sich gedulden, die inneren Verletzungen waren wichtiger. Einige der Wartenden bekamen Morphium, aber es musste sparsam dosiert werden, falls später eine Vollnarkose nötig wurde.
Leila und Khadija verließen immer wieder den kleinen OP, um die Schlange stehenden Verletzten zu untersuchen. Zu ihren Füßen bildeten sich Blutlachen, die von den Schuhen überallhin getragen wurden. »Sieht aus, als hätte hier jemand Borschtsch verschüttet«, scherzte einer der Matrosen. Niemand lachte.
Fregattenkapitän Larionow weckte Carl und teilte ihm mit, die Chirurgin müsse ihn dringend sprechen. Es gehe um Leben und Tod.
Carl spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht, zog sich an und eilte ins Lazarett. Er klopfte an und trat vorsichtig ein, weil er ahnte, dass es hinter der Tür eng war.
Es war ein blutiger Anblick. Zwei betäubte Matrosen lagen mit offenen Bauchhöhlen nebeneinander. Jelena stand in ihrem verschmierten OP-Kittel daneben und wühlte in einem ihrer bewusstlosen Patienten. Aus der Bauchhöhle des anderen waren gurgelnde Geräusche zu hören. Vermutlich wurde Blut abgesaugt.
»Bleib, wo du bist, Carl!«, zischte Jelena Mordawina. »Das Infektionsrisiko hier drinnen ist groß genug.«
»Wie sieht es aus, was kann ich tun?«, fragte Carl.
Jelena Mordawina schüttelte kurz den Kopf und zeigte auf Leila, die mit etwas beschäftigt war, was Carl nicht erkennen konnte.
»Kannst du das zusammennähen?«, fragte Jelena Mordawina, aber Leila flüsterte erschrocken: »Nein.«
»Okay, dann mache ich das selbst, es dauert nicht lang.«
Carl wartete ab. Welch ein Glück, dass Jelenas Englisch so gut war. Sonst würde ihre Zusammenarbeit längst nicht so gut funktionieren.
»Tja, Carl, es sieht folgendermaßen aus«, fuhr Jelena fort. »Diesen hier, den ich gerade zusammenflicke, haben wir hinter uns. Abgesehen vom Infektionsrisiko hat er es geschafft. Wir haben ihm die Milz herausgenommen, weil sie gerissen war. Der andere da hat ebenfalls starke innere Blutungen, wir werden versuchen, seine Leber wieder hinzubekommen. Die kann man nicht entfernen. Wahrscheinlich können wir ihn auch retten, aber es gibt ein Problem.«
»Wo liegt das Problem?«, fragte Carl.
»Das kann ich dir sagen. Fragt sich nur, ob es zu lösen ist. Uns geht langsam das Blut aus. Ich will jetzt nicht ins Detail gehen, es hat mit Blutgruppen und Ähnlichem zu tun. Jedenfalls gibt es nur acht Männer an Bord, die uns mit dem Blut versorgen können, das wir brauchen.«
»Hast du eine Liste?«
»Ja. Sie liegt auf dem Waschbecken links von dir. Nimm sie dir.«
»Und wenn ich sie nicht überreden kann, ihr Blut
Weitere Kostenlose Bücher