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Coq Rouge

Coq Rouge

Titel: Coq Rouge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Konferenzprotokolle aus mehreren Jahren und von mehreren Organisationen gesammelt, ohne daß sich beim ersten Blick eine greifbare Systematik ergebe. Sämtliche Konferenzprotokolle hätten jedoch einen gemeinsamen Nenner: Bei jedem Vorschlag, »zu direkten Aktionen überzugehen«, sei jemand, der gewiß und aus guten Gründen kein anderer als Hedlund sein könne, überstimmt worden. »Direkte Aktionen« - das sei ein Begriff der Linken, ein sehr vager zwar, aber aus dem Zusammenhang müsse geschlossen werden, daß Hedlund an Sabotage und ähnliche Anschläge gedacht habe. Das gehe jedenfalls aus den Gegenargumenten hervor.
    Die überwiegend deutschsprachige Briefsammlung habe den Nachteil, daß Hedlunds eigene Briefe, die sämtlich beantwortet worden seien, nicht in Kopie vorlägen. Man müsse also versuchen, den deutschen Briefen und Argumenten zu entnehmen, was Hedlund selbst geäußert hatte. Dann ergebe sich etwa folgendes Bild.
    Hedlund selbst sei für direkte Aktionen, aber »kleinbürgerliche Elemente« in seiner Umgebung seien es nicht. Hedlund meinte, es gebe in der schrumpfenden progressiven Bewegung - in seinem Jargon also etwa »die Linke« - keine Sympathie für direkte Aktionen, und daher könne man in dieser Richtung nichts unternehmen. Jedenfalls solange nicht, wie keine dramatischen Ereignisse den Genossen die Augen öffneten.
    Die Genossen machten sich nämlich Illusionen, was die bürgerliche Demokratie angehe, und erst wenn diese Illusionen zerstört seien, könne man sich ein weiteres Vorgehen vorstellen.
    Der letzte Gedankengang sei besonders interessant, fast gespenstisch interessant, meinte Carl. Denn im Augenblick erhielten etwa Anneliese und dieser Sund einen gründlichen Nachhilfeunterricht in »bürgerlicher Demokratie«, oder etwa nicht?
    Es sei jedoch merkwürdig, daß es zwischen Hedlund und seiner Freundin Petra keinen offenkundigen Zusammenhang gebe. Da die beiden zusammenwohnten, sollte man eigentlich davon ausgehen können. Es fänden sich jedoch keine tatsächlichen Beweise dafür, und es könne sein, daß auch Petra Hernberg eins dieser »kleinbürgerlichen Elemente« sei, die sich direkten Aktionen widersetzten.
    »Wenn also einer von diesen vieren unser Mann ist, dann ist es Hedlund«, schloß Carl.
    Er hatte im Lauf des Vormittags einen fast persönlichen Abscheu gegen Hedlund entwickelt, der offensichtlich einer dieser Irren war, die man früher bei der Clarté oder anderen Organisatoren immer noch rechtzeitig hatte hinauswerfen können. Leute wie Hedlund hatte es immer gegeben, aber sie hatten in der Linken kaum je Einfluß oder Vertrauensstellungen erlangt.
    Ja, das sei ein brauchbarer Gedankengang, meinte Fristedt. Das Problem liege darin, daß man diesen Hedlund nicht verhören könne, dem es ja sogar gelungen sei, sich einen richtig unangenehmen Anwalt zu besorgen. Und der habe den Kollegen mit mörderischer Effektivität den Tag verdorben, als sie aus Hedlund etwas herausbekommen wollten.
    Näslund hatte ihnen ein paar Berichte über mehrere Verbindungen zwischen den sieben Palästinensern und den vier Schweden heruntergeschickt, aber soweit Fristedt bei einem hastigen Überfliegen hatte erkennen können, war das meiste unbrauchbar. Ein paar aufgezeichnete Telefonate bewiesen, daß einige der Palästinenser mit einer Reihe von Schweden Kontakt gehabt hatten und sich über das Sorgen machten, was in den Zeitungen gestanden hatte. An und für sich durchaus verständlich. Das Material schien jedoch nicht viel mehr als solche erwarteten und rein mathematischen Zusammenhänge zu enthalten.
    Vielleicht wolle sich Carl am Abend dieser Sache annehmen? Fristedt und Appeltoft wollten sich unterdessen mit dem graphischen Arbeitsmodell weiterbeschäftigen, so daß man das Ganze an der Wand aufzeichnen und beim Überlegen vor sich sehen konnte.
    Dann blieb nur noch die Hoffnung, daß es den Deutschen bei ihren Einsätzen in der kommenden Nacht gelang, etwas Handfestes herauszufinden. Falls sich die ganze Sache zu einer deutschen Angelegenheit entwickelte, würde man es jedenfalls recht bald erfahren, denn die deutschen Kollegen waren nicht gerade dafür bekannt, auf ihren Lorbeeren auszuruhen, wenn sie in ihrem Land die Witterung von Terrorismus-Verdächtigen aufnahmen. Das würden sie also früher oder später erfahren, von Schweden aus konnte man darauf keinen Einfluß nehmen.
    Carl nahm die Mappe mit den Berichten über die festgenommenen Palästinenser und ihre Verbindung mit den

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