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Coq Rouge

Coq Rouge

Titel: Coq Rouge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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die Nähe dieses Einfalls gekommen war. »Aber was hältst du von der Hypothese, daß es eine Palästinenser-Organisation gewesen ist?«
    Ponti zuckte die Achseln.
    »Das kommt mir nicht sonderlich wahrscheinlich vor, aber man kann es nicht ausschließen. Unter den Palästinensern gibt es ungeheuer viele Verrückte.«
    »Warum ist es nicht sehr wahrscheinlich?«
    »Aus rein statistischen und historischen Gründen. Keine palästinensische Organisation hat in Schweden je einen Terroranschlag begangen.
    Das gehört nicht zu ihrer Strategie. Das schließt natürlich nicht aus, daß irgendeine kleinere Sekte dieser oder jener Richtung auf den Einfall kommt, gerade diese Strategie zu zerschlagen, und dann knallt es. Ich weiß es wirklich nicht. Hätte ich es gewußt, hättest du es auch erfahren, denn dann hätte ich im Echo des Tages darüber berichtet.«
    »Obwohl du die Palästinenser unterstützt?«
    »Ich unterstütze die Palästinenser, und in der letzten Zeit hatte ich gegen Folkesson Arbeitsmethoden einiges einzuwenden, aber ich bin nicht für Morde an schwedischen Polizeibeamten, falls du das glauben solltest.
    Gerade weil ich die palästinensische Sache im großen und ganzen unterstütze, bin ich nämlich gegen solche Dinge.«
    »Weil Terrorakte mehr schaden als nützen?«
    »Ja, aber ich habe nicht die Absicht, mich mit einem Vertreter der Firma auf eine Diskussion über moralische Fragen einzulassen. Gibt es noch etwas, was du wissen willst?«
    »Ja, obwohl es mit dieser Ermittlung nicht unmittelbar zu tun hat, aber es gibt ein paar Dinge, die mir noch nicht klar sind.«
    Carl war bewußt, daß er sich auf zunehmend dünneres Eis begab. Was er zu fragen gedachte, würde gleichzeitig ihre gesammelten Erkenntnisse über Ponti verraten. Seine Neugier zwang ihn jedoch zu fragen, und seine Intuition sagte ihm mit plötzlicher und überraschender Stärke, daß er wichtige Erkenntnisse gewinnen konnte.
    »Die Israelis schickten einen under cover agent, einen bestens ausgebildeten Experten, der Anfang der siebziger Jahre eine sehr sorgfältig geplante Aktion durchführen sollte. Du hast den Burschen nach nur wenigen Stunden entlarvt.«
    »Ja, ich erinnere mich daran, das gehört sogar zu den schönsten Erinnerungen meines Lebens. Nun?«
    »Wie zum Teufel hast du das angestellt?«
    Ponti lachte leise vor sich hin (Carl verfluchte die Dunkelheit, die ihn daran hinderte, das Gesicht des anderen zu erkennen).
    »Komm drehen wir noch eine Runde. Es freut mich zu hören, daß euch diese Geschichte immer noch beschäftigt hält. Aber in deinem Job ist es wie in meinem: Manchmal ist die Erklärung so naheliegend, daß man sie nicht findet. Von der Moral her ist es wirklich eine hervorragende Geschichte.«
    Sie gingen langsam am Ufer entlang und kamen an eine Treppe, die zur Stadt führte. Es war jedoch spät am Abend, und nur wenige Menschen waren noch unterwegs, und niemand würde sie sehen.
    Die Einschleusungsaktion der Israelis war wirklich glänzend gewesen. Als Ponti die Geschichte des Mannes zum erstenmal hörte, nachdem er ihn am Hauptbahnhof abgeholt hatte, war er nur zu dem Schluß gekommen, daß die Geschichte kaum nachprüfbar wäre, daß alle Details vermutlich stimmten und daß man die Geschichte am besten gleich für wahr halten sollte. Jedoch waren die Palästina-Gruppen gerade in jenen Jahren zur ständigen Zielscheibe von Provokateuren und Infiltranten nicht nur der Firma, sondern auch des militärischen Nachrichtendienstes, pro-israelischer Privatspione und der Israelis selbst geworden.
    Und an diesem Abend befand sich zufällig Ghassan Kanafani in Stockholm, in einer rein privaten Angelegenheit, die etwas mit einer Journalistin von Dagens Nyheter zu tun hatte, auf die Ponti aber weiter nicht einging.
    Tatsache war aber, daß ein Palästinenser, den man in einer linken schwedischen Wohngemeinschaft für einen Jedermann halten konnte, der aber kein Jedermann war, sich zufällig in einer Wohnung nicht weit vom Hauptbahnhof entfernt aufhielt.
    Erik Ponti hatte den Mann, der schon bald als israelischer Agent entlarvt wurde, in die Wohnung der Wohngemeinschaft mitgebracht. Ponti hatte dem palästinensischen PFLP-Führer en passant die Angelegenheit erklärt, und sie hatten sich geeinigt, daß Kanafani dem eventuellen Sympathisanten und amerikanischen Wehrdienstverweigerer unter vier Augen auf den Zahn fühlen sollte.
    Hinterher war Kanafani seiner Sache absolut sicher gewesen. Die Geschichte des Mannes war

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