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Coq Rouge

Coq Rouge

Titel: Coq Rouge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Botschaft mit den weniger feinen schwedischen Untertanen im Libanon Kontakt hielt - die freiwilligen Helfer der Palästina-Bewegung fielen selbstverständlich in diese Kategorie; und noch wichtiger war die Frage, was man sagen mußte, wenn man in Straßensperren geriet. Man mußte wissen, welche Organisation für und welche gegen ausländische Helfer in den Flüchtlingslagern war.
    Als die Maschine zum Landeanflug ansetzte, schwebte sie in geringer Höhe mit ausgefahrenen Landeklappen über einem großen Gebiet mit rotem Sand und einem Gewimmel kleiner weißer Häuser und Blechhütten ein; hier und da waren große, dem Erdboden gleichgemachte Gebiete zu sehen, über die Bulldozer hinweggefahren waren. Das waren die Flüchtlingslager Sabra und Shatila; Carl erinnerte sich im selben Augenblick, in dem er das Bild sah.
    Ein einziges Massaker - sechshundert Morde. Und jetzt ging es darum, sich an die Verteidiger der Lager zu wenden und sie um Mithilfe bei der Aufklärung eines einzigen, aber für ihn besonders wichtigen Mordes zu bitten, da es ein schwedischer Mord war. In der Sekunde, in der die Maschine mit quietschenden Reifen auf der Landebahn aufsetzte, fühlte Carl eine Welle des Selbstzweifels in sich, die aber rasch wieder verebbte.
    Die Luft war mild und mit dem ewigen Flughafen-Weihrauch der Kerosin-Abgase erfüllt. Die Ankunftshalle ließ den wimmelnden Athener Flughafen im Vergleich als ein deutsches Wunder an Organisation und Ordentlichkeit erscheinen. Jeder, der sich den vielen parallelen Menschenschlangen anschließen oder sie verlassen wollte, schien ein besonders schwieriges Problem darzustellen, und überdies mußten alle Passagiere zwischen verschiedenen Offiziellen oder Nicht-Offiziellen, die mal mit, mal ohne Uniform waren, ein Spießrutenlaufen bewältigen; die Kontrolleure kontrollierten das, was bei der vorhergehenden Kontrolle gerade kontrolliert worden war. Junge Männer in Zivil wanderten zwischen den verschiedenen Kontrollinstanzen beiläufig hin und her, und trugen ihre Waffen, in der Regel 32 APC Colt Automatic, wie Carl im Vorübergehen feststellte, völlig offen. Dies waren Angehörige paramilitärischer Miliz-Organisationen, die sich weigerten, den letzten Rest uniformierter Staatlichkeit anzuerkennen, die es auf dem einzig funktionierenden Flughafen des Libanon immer noch gab.
    Carls Visum war natürlich in Ordnung, und selbstverständlich hatte er nichts zu verzollen, aber auch das schien verdächtig zu sein und einiger Aufklärungszeit zu bedürfen. Uniformierten Kontrolleuren gab Carl die Auskunft, er sei Polizeibeamter, Nicht-Uniformierten erklärte er etwas unbestimmter, er »sei auf dem Weg zur schwedischen Botschaft«. Man machte sein Gepäck auf und durchwühlte es bei drei verschiedenen Kontrollen. Nach einer Stunde hatte er die Paßkontrolle hinter sich und wurde von sieben wartenden Taxifahrern überfallen; er reichte seine Reisetasche blitzschnell dem ersten, der ihm über den Weg lief.
    Vor dem Haupteingang standen zwei Jeeps mit Trauben bärtiger, dunkeläugiger Männer. Sie trugen automatische Karabiner, leichte Maschinenpistolen und sogar diverse Panzerabwehr-Waffen. Sie gehörten verschiedenen moslemischen Milizen an.
    Das Taxi war ein uralter dunkelgrüner Mercedes 190; der linke vordere Kotflügel wies Einschußlöcher auf, die mit Kunststoff notdürftig geflickt waren. Der Ausweis des Fahrers am Armaturenbrett verriet, daß er Ahmed soundso hieß und folglich Moslem war.
    »Wohin wollen Sie, Mister, ich fahre nur nach West-Beirut. Sind Sie schon mal in Beirut gewesen?«
    »Ja, aber das ist lange her, 1976. Ich will zur schwedischen Botschaft. Die liegt irgendwo in West-Beirut, wenn ich mich recht erinnere.«
    Der Taxifahrer gab keine Antwort, denn im selben Moment gerieten sie auf dem Weg in die Stadt in die erste von drei privaten Straßensperren. Zwei junge Männer zeigten mit ihren Karabinern auf den Rücksitz und fragten Carl, wer er sei, woher er komme und wohin er wolle, und baten um seinen Paß, in den sie flüchtig hineinblickten, bevor sie das Taxi durchwinkten.
    »Sagen Sie lieber gleich, wer Sie sind, die sagten nämlich, Sie seien Schwede. Dann geht es schneller«, erklärte der Taxifahrer.
    »Wieso? Ist es gut, Schwede zu sein?«
    »Das einzige Land, das nicht versucht hat, im Libanon einzumarschieren.
    Das ist gut. Aber 1976, als Sie zum letztenmal hier waren, war alles noch ganz anders. Damals gab es noch nicht so viel Krieg, heute very bad.«
    An der

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