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Coq Rouge

Coq Rouge

Titel: Coq Rouge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Gegensprechanlage und sagte etwas auf hebräisch, zeigte dann mit dem Daumen über die Schulter auf eine der geschlossenen Türen, und Carl ging hin und stellte sich vor die Tür; er ging davon aus, daß sie verschlossen war, was auch zutraf.
    Nach einer Weile rasselte es im Schloß, und auf der anderen Seite stand ein kleinwüchsiger Mann von etwa fünfunddreißig Jahren. Wieder Kaugummi.
    Der Mann machte eine nachlässige Geste mit dem Kopf, Carl solle hereinkommen, und verriegelte dann wieder die Tür, bevor sie beide einen kurzen Flur hinuntergingen, wo der Israeli ohne anzuklopfen eine Tür öffnete, Carl mit der Hand in den Raum wies und den Flur weiterging, ohne etwas zu sagen.
    Dort drinnen saß Shulamit Hanegbi. Carl war darauf eingestellt, einen jungen Sicherheitsoffizier vorzufinden, war aber dennoch erstaunt. Die Frau, die sich auf der anderen Seite des unordentlich überladenen Schreibtischs erhob, schien in seinem Alter oder sogar noch einige Jahre jünger zu sein. Außer ihnen befand sich niemand im Raum. In einem der Bücherregale hinter ihr lag eine 9 mm UZI-Maschinenpistole mit eingeschobenem Magazin, jedoch gesichert; der Tragriemen war stark abgenutzt. Die Waffe mußte schon seit etlichen Jahren in Gebrauch sein.
    Sie war blauäugig, schwarzhaarig und sehr schön. Sie trug das Haar im Nacken zu einer Art Pferdeschwanz zusammengebunden, den sie sich in den Kragen ihres grünen Pullovers gesteckt hatte. Selbstverständlich wurde Carl Hamilton verlegen, und ebenso selbstverständlich wurde er durchschaut, was er an ihrem vorsichtigen, feinen Lächeln erkannte.
    »Ich habe nicht gewußt, daß du eine Frau bist«, sagte er entschuldigend, nachdem er sich gesetzt hatte.
    »Nun, was hat denn eine so hohe Priorität?« erwiderte sie, ohne auch nur so zu tun, als hätte sie Carls Bemerkung gehört.
    Carl erklärte kurz, was am Morgen geschehen war, und berichtete von den Aufzeichnungen in Folkessons Panzerschrank. Also, was sei Plan Dalet überhaupt, worum gehe es bei der Warnung, warum habe die Sicherheitsabteilung der Botschaft sich entschlossen, sie zu äußern, worin bestehe der vermutete oder wahrscheinliche Zusammenhang zwischen dieser Warnung und dem Mord?
    Shulamit Hanegbi hatte den Pferdeschwanz hervorgezogen und wickelte ihn sich immer wieder um den Zeigefinger, während sie zuhörte. Sie verriet mit keiner Miene, was sie dachte, oder ob sie etwas von dem, was sie zu hören bekam, überhaupt überraschte. Als Carl mit seinem Vortrag fertig war, seufzte sie und streckte die Hand nach einer kleinen gelben Zigarettenschachtel in dem Gewimmel auf dem Schreibtisch aus, nahm die Schachtel in die Hand und machte eine fragende Geste, aber Carl schüttelte den Kopf. Sie zündete sich eine Zigarette an, trat ans Fenster und blickte auf die Straße. Carl stellte fest, daß sie sich nicht direkt vor das Fenster stellte, sondern neben die Gardine. Es war wie ein automatisches Verhalten, sich nie zu einer größeren Zielscheibe als unbedingt notwendig zu machen.
    So blieb sie eine Weile halb abgewandt stehen, ohne etwas zu sagen. Carl wartete. Die Fragen waren ja kristallklar gewesen und bedurften keiner weiteren Erklärung.
    Schließlich ging sie zu ihrem Platz am Schreibtisch zurück, rutschte auf den Stuhl und zog heftig an der übelriechenden Zigarette, bevor sie Carl fest in die Augen blickte und endlich antwortete.
    »Wir Israelis sind meist nicht sonderlich bürokratisch. Aber soviel ich weiß, liegen die Dinge hier so, daß ich ganz einfach nicht das Recht habe, deine Fragen zu beantworten. Ich gehe davon aus, daß du berechtigt bist, sie zu stellen, du bist ja ein Angestellter des schwedischen Sicherheitsdienstes und darfst fragen, wen und was du willst. Die Kontakte zwischen uns müssen aber wohl den normalen Weg nehmen, also über den Leiter von Büro B. Tut mir leid, aber so ist es nun mal.«
    »Ja, aber dann wird mein Chef zu deinem Chef gehen und die Fragen wiederholen, und dann kommt mein Chef von deinem Chef zu mir und meinen Kollegen zurück, die mit der Ermittlung beschäftigt sind, und dann gehen vierundzwanzig Stunden nur für eine Formalität drauf. Soll ich dich so verstehen?«
    »In operativer Hinsicht klingt das nicht sonderlich praktisch, das gebe ich zu.«
    »Nun? Und?«
    »Ich befinde mich in einer unangenehmen Lage, ich kann nicht viel mehr sagen.«
    »Aber es stimmt natürlich?«
    »Was denn?«
    »Daß du ihn gewarnt hast?«
    »Ich werde vermutlich in eine Lage kommen, in der ich

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