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Coq Rouge

Coq Rouge

Titel: Coq Rouge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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nach dreißigtausend Übungsschüssen wird die Waffe gegen eine neue ausgetauscht.
    Zweimal hatte er den Revolver auf einen lebenden Menschen gerichtet. Beim erstenmal hatte er gezögert, war fast getötet worden, und dafür hatte er sich ein paar Tage später einen heftigen Anpfiff eingehandelt.
    Eine dieser dunklen Eisschollen der Erinnerung trieb sacht im Hinterkopf vorbei. Dann schüttelte Carl sein Unbehagen ab und legte den Revolver in die Tasche zurück.
    Denn jetzt ging es um Zielscheibenschießen, das war etwas anderes. Einmal garantierte die Pistole eine größere Präzision, und zum anderen hat ein Revolver nur sechs Schüsse. Carl wußte nicht, wie die Übungen und Schießproben in Schweden ablaufen, ihm war nur bekannt, daß die Polizei eine Pistole im Kaliber 7,65 mit acht Schuß im Magazin verwendet.
    Seine Pistole war eine Beretta 92 S 9 mm mit fünfzehn Schuß im Magazin.
    In San Diego hatte man ihm zum Abschied ein neues Exemplar geschenkt.
    Seine Ausbilder hatten sie als Sonderanfertigung bestellt, und es war ihnen irgendwie auch gelungen, über die amerikanische Botschaft in Stockholm ein Bild seines Familienwappens zu erhalten. Mitten auf dem weißen Perlmuttgriff - die Standardausführung hatte dunkelbraunes Walnußholz - saß folglich ein schwarzer Wappenschild mit drei roten Rosen und einem silbernen Halbmond. Der Schild wurde von einer fünfzackigen Krone in Gold gekrönt. Das war völlig richtig. So sah das Familienwappen der Hamiltons aus, des gräflichen Geschlechts Nummer 86.
    Carl wog die Pistole in der Hand. Geladen wog sie etwas mehr als ein Kilo, war zweihundertsiebzehn Millimeter lang und einhundertsiebenunddreißig Millimeter hoch. Wenn er gelegentlich einen Pistolenschützenclub in Danderyd besuchte, hatte er nur diese Waffe bei sich. Der Revolver hätte unnötiges Aufsehen erregt.
    Er lud nachdenklich ein paar Magazine, schob eins in den Kolben, zog die Jacke aus und schnürte mit gewohnten Griffen das Schulterholster fest. Ein Zusatzmagazin und eine Patronenschachtel steckte er in die Jackentaschen.
    Er zog sich das Jackett an, rückte die Krawatte zurecht und suchte die beiden Kriminalkommissare auf, die unten im Kaffeeraum im Flur wie Gewitterwolken dasaßen und auf ihn warteten.
    »Hast du schon mal unsere Schießprüfungen abgelegt?«
    wollte Fristedt wissen.
    »Nein«, erwiderte Carl vollkommen wahrheitsgemäß. Er hatte keine Ahnung, wie es bei den schwedischen Schießprüfungen zugeht.
    »Kannst du schießen?« fragte Appeltoft mit einem feinen Lächeln, das Carl nicht entgehen konnte.
    »Ja«, erwiderte er. Er blickte aber gleichzeitig weg, um nicht zu zeigen, daß er sich von dem höhnischen Glitzern in den Augen der anderen hatte provozieren lassen.
    Die beiden älteren Polizeibeamten wechselten einen raschen, amüsierten Blick, weil sie Carls reservierte Haltung mißverstanden und weil sie sich diesen kleinen Scherz mit dem jungen Abteilungsleiter geleistet hatten.
    Auf dem Weg in die Tiefgarage faßten sie schnell zusammen, was sie bisher herausgefunden hatten. Carl erzählte von der israelischen Sicherheitsbeamtin, die sich aus Gründen, die er nicht begreifen könne, geweigert habe, mehr zu bestätigen oder zu erklären, als daß sie mit Folkesson gesprochen hatte und daß Plan Dalet auf hebräisch nur Plan D bedeutet.
    Fristedts Gespräch mit Näslund hatte nichts erbracht. Näslund behauptete, er und Folkesson hätten sich bei ihrem Treffen am Tag vor dem Mord nur über Dinge unterhalten, die mit Terrorismus und dem Nahen Osten nichts zu tun gehabt hätten. Das ergab keinen rechten Sinn. Denn wenn Folkesson einem terroristischen Unternehmen auf die Spur gekommen war, hätte er es doch erwähnen müssen?
    Appeltoft hatte herausgefunden, daß die Telefonnummer 301163 zu einem Kurzwarenladen in Sibyllegatan im Stadtteil Östermalm gehörte. Es schien unwahrscheinlich, daß Folkesson in einem Kurzwarenladen privat zu tun gehabt hatte. Man hatte sicherheitshalber seine Frau fragen wollen, sie aber nicht angetroffen.
    Die verschiedenen Berichte, aus deren Unterbringung in Folkessons Panzerschrank man den Schluß ziehen konnte, daß sie seine letzte Arbeit gewesen waren, betrafen zwei verschiedene Gebiete. Beim ersten ging es um Attentate in Europa, die von Palästinensern gegen Diplomaten und ähnliche Ziele verübt worden waren oder gegen andere Palästinenser. Der ausländische Bericht handelte vorwiegend von solchen Dingen und bestand zum Teil aus allgemeinen

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