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Coq Rouge

Coq Rouge

Titel: Coq Rouge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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fällt besonders auf, und wenn der, der besonders gut zu sehen ist, außerdem ein Polizeibeamter in zugeknöpftem Trenchcoat mit Funksprechgerät und Dienstwaffe ist, braucht man kein ausgekochter Profi sein, um Unrat zu wittern. Und wenn man sich nun einen Journalisten mit halbwegs normaler Auffassungsaufgabe vorstellt …
    Aber weiter dachte Carl nicht, da fünf Meter entfernt ein Schlüssel oder Nachschlüssel vorsichtig, äußerst vorsichtig in die Tür gesteckt wurde. Carl riß sich auf dem Weg zur Badezimmertür, die er glücklicherweise angelehnt gelassen hatte, die Krawatte ab. Es gelang ihm, ins Badezimmer zu schlüpfen und die Tür fast ganz zuzuziehen, ohne daß ein Laut zu hören war. Jetzt erst, in der Dunkelheit hinter der Badezimmertür, begann er zu überlegen. Eine Putzfrau oder ein Hotelangestellter mit einem normalen Auftrag würde die Tür so nicht öffnen.
    Er hörte ein schwaches Klicken, als das Türschloß aufging. Eine Sekunde lang fiel Licht vom Flur ins Zimmer und verschwand wieder. Jemand hatte sich einen kurzen Augenblick in der Türöffnung gezeigt und die Tür schnell hinter sich zugezogen. Er stand jetzt eineinhalb Meter entfernt.
    Carl fühlte eher, als daß er es hörte, wie der andere vorsichtig ins Zimmer hineinging und bald an der Badezimmertür vorüberkommen würde. Carl drückte sich an die Türfüllung, um den Körper zu schützen, während er sich gleichzeitig vorneigte, um zu sehen, wann der andere an der Badezimmertür vorüberkam. Nur eine Sekunde später entdeckte er die Gestalt, die sacht weiter ins Zimmer ging. Die rechte Hand hielt eine schwarze Pistole, und dies war der einzig denkbare Augenblick, denn der andere würde bald herausfinden, daß das Zimmer leer und das Fenster geschlossen war. Falsch wäre gewesen, die Tür aufzustoßen, dann hätte Carl den Pistolenarm vielleicht erst packen können, wenn es zu spät war. Carl schob mit dem linken Fuß sanft die Badezimmertür auf, während er sich gleichzeitig schnell nach der Pistolenhand ausstreckte und sie an die Zimmerdecke hob, um für eine dieser Bewegungen Platz zu haben, die er mehr als zehntausendmal geübt haben mußte.
    Im nächsten Augenblick saß er auf dem anderen, der mit dem Gesicht zum Teppich auf dem Fußboden lag und seinen eigenen Revolver im Nacken spürte. Es war ein Revolver Kaliber 38. Carl erkannte die Waffe am Handgriff.
    »Don’t move«, flüsterte er, »whatever you do just don’t move.«
    Der andere stöhnte leise. Falls er draußen vor der Tür einen Helfer haben sollte, hätte dieser weder das Stöhnen noch den kurzen Aufprall auf den Teppichboden gehört.
    Carl stand auf und zog den anderen hoch, der wegen seiner Schulterverletzung ächzte. Er zog den Mann ins Zimmer, warf ihn aufs Bett und ging dann herum, so daß er die Tür im Blick und das Telefon neben sich hatte. Dann machte er Licht und richtete den Revolver auf den Mann auf dem Bett.
    Der Anblick war nicht das, was er erwartet hatte. Vor ihm lag ein gewöhnlicher Norweger in den Vierzigern, der eine blaue Sportjacke der Marke Fjällräven und hellbraune Ecco-Schuhe trug. Der Norweger verzog vor Schmerz das Gesicht.
    »Bist du von der Polizei?« fragte Carl auf schwedisch. Der andere stöhnte und nickte.
    »Ist jemand vor der Tür?«
    Der Polizeibeamte nickte wieder.
    »Gut, ruf ihn rein«, sagte Carl und drehte den Revolver in der Hand, so daß er ihn demonstrativ am Lauf festhielt.
    Als der andere Polizeibeamte zögernd die Tür öffnete, gab ihm Carl mit der Pistole ein Zeichen, hereinzukommen, und legte die Waffe dann auf den Nachttisch.
    »Verzeiht, aber ich konnte doch nicht wissen, daß ihr Kollegen seid«, sagte er, zog seinen Ausweis aus der Brusttasche und warf ihn dem ramponierten Mann auf dem Bett zu, der ihm in einem späteren Bericht als Polizeifahnder Knut Halvorsen vorgestellt wurde, stellvertretender Abteilungsleiter der Spezialeinheit der Polizei, die in Norwegen etwas volkstümlicher die Terrorpolizei genannt wird.
    Die beiden hatten sich kurz zuvor für einen sofortigen Einsatz entschieden, als sie den Mann in eins der Zimmer treten sahen, das die Kollegen vom Überwachungsdienst versiegelt hatten. Der Fremde habe das Licht ausgemacht, und sofort hatten sie geglaubt, er sei möglicherweise dabei, ein Verbrechen vorzubereiten. Es sei keine Zeit mehr gewesen, um mit den Kollegen vom Überwachungsdienst Kontakt aufzunehmen, und außerdem hätten die weniger kompetenten Sicherheitsleute das Ganze mit Sicherheit

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