Coq Rouge
Hagersten gebe. Es werde zwar außerordentlich interessant sein, den Verdächtigen in dem einen oder anderen Punkt zu verhören, aber eine annehmbare Grundlage für ein polizeiliches Eingreifen gebe es nach Meinung der Ermittlungsgruppe nicht. Statt dessen könne man sich vorstellen, dieses Mädchen zu befragen, das mit Folkesson Kontakt hatte, sie also nicht festzunehmen, sondern sie zu einem eher informellen Verhör zu bitten. Und damit endete Fristedt.
»Und wie habt ihr euch diese Operation gedacht, wer soll sich ihr nähern und wie?« wollte Näslund wissen, während er das Haar an den Schläfen irritiert nach hinten kämmte.
»Ich«, sagte Carl und bereute es im selben Moment, als er Näslunds feindseligen Blick entdeckte und ein schiefes Lächeln bei einigen der anderen.
»Ach, tatsächlich, und wie, wenn ich bitten darf?« sagte Näslund mit betont leiser Stimme.
»Ich bin ja jünger als ihr, trage Freizeitkleidung und so weiter. Außerdem haben wir diese vier ständig im Auge, da muß sich eine Gelegenheit ergeben, wenn man nur ein bißchen wartet.«
Carl hatte ohne lange nachzudenken geantwortet, kam aber jetzt zu dem Schluß, daß der Vorschlag doch vernünftig war. Es gab kaum Alternativen, und sie verloren immer mehr Zeit.
»Nun ja«, sagte Näslund und steckte den Kamm ein, »es ist vielleicht kein ganz vernünftiger Vorschlag, aber im Augenblick strömen die Ergebnisse der Telefonüberwachung herein. Wenn wir ein bißchen warten, vermeiden wir jedes Risiko, indem wir zuschlagen und alle vier einkassieren.«
»Was sind das für Ergebnisse, die ihr bei der Lauschoperation bekommen habt, oder sollen die vor uns Polizisten geheimgehalten werden?« fragte Ljungdahl, ohne mit einer Miene zu zeigen, ob die Ironie beabsichtigt war.
Näslund machte seine gewohnte dramatische Kunstpause. Stöhn, dachte die versammelte Mannschaft. Aber niemand eilte Näslund mit einer Frage zu Hilfe.
»Im Lauf der Nacht hat sich ein klarer Zusammenhang mit einer Gruppe von Palästinensern in Uppsala ergeben, die wir schon vorher in der Frage der besonderen Bestimmungen des Ausländergesetzes über Gewalttaten et cetera, et cetera im Auge gehabt haben. Im Augenblick wird das Material gerade bearbeitet, aber wahrscheinlich werden wir mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen, so daß wir diese Ausweisungsfrage gleichzeitig mit der anderen lösen können.«
Carl sah, wie Appeltoft und Fristedt einen kurzen, vielsagenden Blick mit dem ungefähren Inhalt austauschten, jetzt ist aber der Teufel los.
»Die Lage ist also gewissermaßen hervorragend«, fuhr Näslund begeistert fort. »Sobald die Telefonüberwachung genügend Material erbracht hat, schlagen wir gegen die Terroristen in Uppsala und gleichzeitig gegen die logistischen Terroristen in Hagersten los. Wir überwachen rund zwanzig Anschlüsse, und alle Anhänger dieser Anti-Israel-Bewegung sind in Fahrt und reden am Telefon, als bekämen sie’s bezahlt. Wir können also damit rechnen, bald nicht nur dieses Mädchen einzukassieren, sondern auch ihre Genossen, und das ist ja ohne Zweifel eine bessere Grundlage für eine Vernehmung dieses Mädchens, wenn wir die anderen in sicherer Verwahrung haben und das Ergebnis einer Hausdurchsuchung kennen, auf das wir uns stützen können.«
Näslunds Begeisterung wirkte kein bißchen ansteckend. Die Polizeibeamten in der Runde blickten auf die Tischplatte oder kritzelten Kreise in ihre leeren Notizblocks.
»Aber braucht die Staatsanwaltschaft denn keine bessere Unterlage für ein Eingreifen in Hagersten«, sagte Appeltoft leise und ohne Näslund anzusehen. »Ich meine, wir können doch keine Verbindung zwischen denen in Hagersten und dem Tatverdächtigen herstellen, um nur ein Beispiel zu nennen, und woher sollen wir dann einen Grund zur Festnahme nehmen, von der Hausdurchsuchung ganz zu schweigen?«
Das war ein Einwand, der genausogut von einem Rechtsanwalt hätte kommen können. Appeltoft hatte bei seiner Argumentation ohne Zweifel das Gesetz auf seiner Seite. Die Polizei in Schweden kann zwar jeden jederzeit zu einem Verhör rufen. Aber für das Recht, zu sogenannten Zwangsmittel zu greifen, beispielsweise einer Hausdurchsuchung, die in der Regel mit einem Festnahmebeschluß einhergehen sollte, ist ein begründeter Tatverdacht erforderlich.
Näslund ließ sich jedoch nicht im geringsten erschüttern.
»Ich bin immerhin fast fünfzehn Jahre lang Staatsanwalt gewesen«, begann er.
(Und diese Laufbahn endete mit dem
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