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Coq Rouge

Coq Rouge

Titel: Coq Rouge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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man es vernünftigerweise hatte erwarten können. Es gelingt nur wenigen Menschen, eine Waffe hochzureißen und schußbereit zu machen, wenn sie so überrascht werden. Die amerikanische Polizeistatistik ist in dieser Hinsicht absolut unmißverständlich.
    Aber Näslund hatte sich für die weiche Tour entschieden. Von einem offiziellen Tadel konnte keine Rede sein, im Gegenteil, Näslund gefiel, was er zu hören bekam. Es gefiel ihm sogar sehr.
    »Der Verdächtige ist, soviel ich sehe, eine besonders gefährliche Person«, fuhr Näslund fort und machte eine seiner Kunstpausen. Carl richtete sich unbewußt ein wenig auf, bevor Näslund fortfuhr.
    »Und wir haben ihn jetzt im Auge, um zu sehen, was er unternimmt.«
    Näslund machte eine neue Kunstpause, bevor er weitersprach.
    »Und was glaubst du, Hamilton? Was wird er deiner Meinung nach unternehmen?«
    »Falls wir von demselben Mann sprechen, glaube ich, daß er gar nichts unternimmt, sondern nur zur Arbeit geht und sich völlig normal verhält«, entgegnete Carl in einem Tonfall, der empfindsameren Ohren als denen Näslunds ironisch vorgekommen wäre.
    »Ganz meine Meinung«, fuhr Näslund fort, »und so wird es wohl eine Zeitlang bleiben, während wir unser Material bearbeiten, das schon jetzt bedeutend ist. Aber wenn wir damit fertig sind, wird es vielleicht brenzlig, das ist dir hoffentlich klar?«
    »Inwiefern?« fragte Carl kurz und mißtrauisch.
    »Wenn es so weit ist, daß wir diesen Scheißkerl schnappen, wünsche ich, daß du dabei bist, verstanden?«
    »Möchtest du, daß ich ihn töte?«
    »Hast du Angst vor ihm?«
    »Nein. Du willst also, daß ich ihn töte?«
    Näslund antwortete nicht sofort, was ein Fehler war, falls er vorgehabt hatte, seine Absichten zu verbergen. Vielleicht wollte er aber gerade diese zu erkennen geben, während er gleichzeitig zum Schein etwas anderes sagte.
    Aber was er sagte, legte den Grundstein zu einer lebenslangen Feindschaft zwischen den beiden Männern.
    »Du verstehst doch sicher, Hamilton, daß ich ein ruhiges und sauberes Ende dieses Unternehmens vorziehen würde. Ich möchte aber nur klar zum Ausdruck bringen, daß wir es unter Umständen mit einem ungewöhnlich widerlichen Burschen zu tun bekommen werden, und ich wünsche nicht, daß so einer etwa Gelegenheit bekommt, sich über deine älteren Kollegen herzumachen. Also wenn, ich betone es ausdrücklich, wenn es zu einer ähnlich schnellen Konfrontation mit dem Verdächtigen kommen sollte wie in Södertälje, wünsche ich, daß du die Sache in die Hand nimmst. Ist das klar?«
    »Ja, ich glaube genau zu verstehen, was du meinst. Sein privates Telefon wird also abgehört, das Diensttelefon aber nicht. Und ein paar Mann sind ihm in mehreren Schichten auf den Fersen, ist das die Lage?«
    »Ja, stimmt genau. Unterdessen suchen wir in unserem Material nach weiteren Hinweisen, und es kann schon früher zu einer Entscheidung kommen, als wir ahnen.«
    Carl bremste sich gerade noch rechtzeitig. Er hatte Näslund nach möglichen anderen Tätern fragen wollen, jedoch intuitiv darauf verzichtet. Er empfand plötzlich einen noch stärkeren Widerwillen gegen den wichtigtuerischen kleinen Gebrauchtwagenhändler-Typ auf der anderen Seite des Schreibtischs. Aber Carl war noch keine Dreißig. Er würde nicht sein ganzes Leben in diesem Rattennest bleiben; dies war nur ein vorübergehender Job. Folglich war es am besten, Sherlock Homes gar nicht zu sagen, was man dachte.
    Carl nickte und erhob sich, zog sich das Jackett über die Schultern und ging hinaus. Näslund blickte noch eine Weile auf die geschlossene Tür und fühlte sich sehr zufrieden.
    Teufel auch, dachte er. Verdammt und zugenäht, das ist vielleicht die Lösung!

7
    Fristedt war als erster gekommen und hatte eine Weile gezögert, ob er eine Sekretärin hereinrufen sollte, um die Kaffeemaschine in Gang zu setzen, oder ob er sie selbst anwarf. Aber da Appeltoft jeden Augenblick auftauchen konnte, beschloß er, das Risiko, auf frischer Tat ertappt zu werden, nicht auf sich zu nehmen (Appeltoft war ja eher ein häuslicher Typ, jedenfalls gemessen am Durchschnitt der Firma). Es war Fristedt zweimal gelungen, etwas falsch zu machen; einmal hatte er vergessen, die Kanne unterzustellen, beim zweitenmal war der Kaffeefilter übergelaufen. Als die beiden anderen jetzt nacheinander erschienen, hatte Fristedt die Lage jedoch unter Kontrolle. Mit gespielter Gleichgültigkeit servierte Fristedt einem erstaunten Appeltoft und einem Carl,

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