Cora - MyLady 329 - Barbour, Anne - Die geheimnisvolle Schöne
Hopkins hieß, und des kleinen Bediensteten, dessen Namen sie nicht wusste.
Er bedankte sich bei ihr, stand auf und verabschiedete sich höflich. Leeren Blicks starrte sie vor sich hin. War Christopher wie ein Verbrecher auf der Flucht aus der Stadt geritten? War er so entschlossen gewesen, die Bemühungen seiner Angehörigen, ihn mit Miss Brant zu verheiraten, zu durchkreuzen? Bestimmt begriff er, dass seine Angehörigen… nun, genauer ausgedrückt, sie selbst als größte Befürworterin dieser Verbindung… nur sein Bestes im Sinn hatten.
Sie dachte daran, wie er als Kind gewesen war – ein offener, wärmherziger Junge. Er hatte seine Eltern gern gehabt, wenngleich auf eine etwas distanzierte Weise, so wie jeder andere Junge, der in einer Familie der Oberschicht aufwuchs. Wie bei vielen solchen Kindern war ihm der größte Teil an Zuneigung durch sein Kindermädchen zuteil geworden, das er sehr gemocht hatte. Er suchte die jetzt alte Mrs. Bender noch häufig auf und vergaß nie, ihr ein Geschenk zu Weihnachten oder zum Geburtstag zu machen. Als Erwachsener hatte er im Allgemeinen Rücksicht auf seine älteren Verwandten genommen, außer im Fall der ihm vorgeschlagenen Ehe mit Miss Brant.
Die Marchioness furchte die Stirn. Wann hatte Christopher, der als Kind stets so aktiv und energisch gewesen war, sich in diesen gelangweilten, gleichgültigen Mann verwandelt, der unweigerlich eine gekränkte Miene aufsetzte, sobald sie seine Verpflichtungen, die er der Familie gegenüber hatte, auch nur andeutungsweise erwähnte?
Sie seufzte. Wieso begriff er nicht, dass Corisande für ihn die perfekte Gattin war? In den vergangenen Jahren hatte Lady Binsted die Überzeugung gewonnen, er sei zu derselben Schlussfolgerung gelangt und sein Sträuben nur der scheinbare Widerstand, den man bei jedem Junggesellen erwarten konnte, der eine lebenslustige Einstellung hatte. Wenngleich er bei jeder Gelegenheit gegen ihre Absichten gewesen war, hatte er, was die verschiedenen Pläne anging, ihn mit Corisande zusammenzubringen, am Ende doch immer kapituliert.
Nun sah sie sich gezwungen, über die Frage nachzudenken, ob sie ihn gänzlich falsch eingeschätzt habe. Hatte ihre Weigerung, sich seine Einwände anzuhören, ihn dazu gebracht, Hals über Kopf zu flüchten?
Sie rief sich zur Ordnung. Was für ein Unsinn! Falls sie das einzige Mitglied der Familie war, das den Willen hatte, Christopher zur Erfüllung seiner Pflicht zu bringen, dann sollte es so sein. Es oblag ihr, ihn zu finden und dazu zu bewegen, sich Miss Brant zu erklären. Sie war nicht bereit, ihre Pflicht zu vernachlässigen.
Gott sei Dank war Wilfred in die durch Christopher verursachte Bresche gesprungen. Er hatte Corisande zu Lady Forsteads Ball und zu Mrs. Beaumonts Frühstück im venezianischen Stil begleitet. Er hatte vor, sie an diesem Abend auch zu den Wiltons auszuführen. Es war absolut schicklich, dass Christophers Beinahe-Verlobte in Gesellschaft seines Bruder in der Öffentlichkeit erschien.
Dadurch blieb ihr, was Christophers Verschwinden anging, eine Menge an Peinlichkeiten erspart. Welch glücklicher Umstand, dass sie und Wilfred sich so gut zu verstehen schienen.
Lady Binsted erhob sich und ging zum Klingelzug. Sie fand, eine Tasse starken Tees werde ihr dabei helfen, den nächsten Angriffsschritt zu planen.
In Rose Cottage versah Gillian ihre täglichen Pflichten in eigenartig rastloser Stimmung. Für die Tante und den Onkel hatte sie das bei ihr gewohnte heitere Gesicht aufgesetzt und wie immer darauf geachtet, dass alles zu deren Besten war. Am Nachmittag war sie mit Tante Louisa ausgefahren und hatte mit ihr Besuche gemacht.
Nun saß sie in dem kleinen Raum hinter der Treppe, den sie als Arbeitszimmer benutzte, und ging die Abrechnungen für den Haushaltsaufwand durch. Seit Lord Cordray vor drei Tagen Rose Cottage verlassen hatte, war sie ihm nicht mehr begegnet. Sie wusste, er war sehr mit Mr. Jilbert beschäftigt und würde wahrscheinlich in den Schoß seiner Familie zurückkehren, sobald seine Verpflichtungen ihm das gestatteten.
Jedenfalls redete sie sich das ein. Als er sie vor dem Cottage stehen ließ, hatte sein Benehmen sehr befremdlich auf sie gewirkt. Nach einer Entschuldigung für den weiteren gestohlenen KUSS hatte er sie für seine beinahe liebestollen Äußerungen um Verzeihung gebeten. Danach hatte er angekündigt, ihr in Zukunft nur noch platonische Gefühle entgegenbringen zu wollen. Wirklich seltsam war jedoch die Art
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