Cora - MyLady 334 - Clay, Merilyn - Miss Tessa aus Amerika
Blick zugeworfen hatte, nickte er. »Guten Abend, Miss Darby.«
Als er allein in seinem Arbeitszimmer saß, dachte Penwyck erneut über die rätselhafte Miss Darby nach.
Der markante Klang ihrer Stimme, den er schon am Nachmittag in William Cobbetts Redaktion wahrgenommen hatte, hatte ihn auch eben wieder ganz in seinen Bann geschlagen. So glühende, selbstsichere Töne hatte er von einer Frau noch nie gehört. Bis jetzt hatte er nicht geglaubt, dass eine Frau überhaupt fähig war zu einer solchen Kraft oder Leidenschaft. Miss Darby war aus vielen Gründen einzigartig. Zum einen flirtete sie nicht, zum anderen hing sie mit einer Hartnäckigkeit an ihren Überzeugungen, die eines Mannes würdig war.
Das Rätsel wurde noch dadurch verkompliziert, dass er und Miss Darby etwas gemeinsam hatten: Wenn Penwyck im Parlament eine Rede hielt, vor allem wenn ihm das Thema am Herzen lag und er daran glaubte, moralisch im Recht zu sein – so sehr davon überzeugt war, dass er sich mit allen Mitteln einsetzte –, dann strahlte seine Stimme dieselbe Kraft aus, die er bei ihr wahrgenommen hatte, eine lebenssprühende Energie.
In solchen Augenblicken gab er sich ganz der Faszination der Gegenwart hin, wartete atemlos ab, bis die Stimmen gesammelt und ausgezählt waren, bis sich schließlich herausstellte, dass jeder im Raum vollkommen in Einklang mit ihm selbst stand.
Was Lord Penwyck nun zu schaffen machte, war die Gewissheit, dass das Ergebnis nach Miss Darby s tiefempfundenem Appell im Falle einer Abstimmung einstimmig für sie gesprochen hätte.
Da Penwyck die Leidenschaft wiedererkannte, die einen Menschen mit einer Mission ausmachte, wusste er genau, was Miss Darby für ihre Sache empfand. Trotz seiner Überzeugung, dass eine Frau sich sittsam zu benehmen habe, konnte, wollte er das Feuer in ihr nicht ersticken.
Es lag auf der Hand, dass er als ihr selbst ernannter Hüter sie zum Schweigen bringen sollte, zu ihrem eigenen Besten. Doch wenn jemand in seiner Jugend versucht hätte, die aufkeimende Leidenschaft in ihm zu ersticken, die aus ihm einen Mann mit Grundsätzen und Pflichtbewusstsein hatte werden lassen, stünde er heute nicht da, wo er jetzt stand. Es gäbe weder das Vermögen der Penwycks noch die Familie selbst.
Irgendetwas in ihm ließ nicht zu, dass er diese Leidenschaft in Miss Darby zerstörte. Damit hätte er aus ihr nur eines dieser koketten Dämchen gemacht, die er im Grunde seines Herzens verabscheute.
So saß er bis tief in die Nacht und grübelte über die merkwürdige Miss Darby nach. Als er schließlich langsam zu seinem Schlafzimmer hinaufging, beherrschte ein Gedanke alle anderen: Er hatte keine Ahnung, was er nun mit der verwirrenden jungen Dame anfangen sollte.
11. KAPITEL
Bis zu Miss Darbys Debüt blieben ihnen nur noch wenige Tage. Lady Penwyck und Mrs. Montgomery waren vollauf damit beschäftigt, mit den verschiedenen Lieferanten zu verhandeln, die man für die Dekorationen und das Essen verpflichtet hatte, sowie mit den Musikern, die zum Tanz und auch zur Unterhaltung während des üppigen Mitternachtssoupers aufspielen sollten. Außerdem wurden für die Damen neue Ballgarderoben angefertigt.
Da so viel zu tun war, waren Tessa vor der Ballnacht nur wenige Minuten allein mit Deirdre vergönnt.
»Lord Penwyck hat versprochen, niemand von den Ereignissen neulich zu erzählen«, flüsterte Tessa ihrer Freundin eilig zu, als die beiden Mädchen im Vorzimmer des Modesalons warteten, während deren Mutter und Lady Penwyck bei der Schneiderin zur Anprobe waren.
Deirdre strahlte. »Jeffrey und ich sind dir wirklich dankbar für alles, was du für uns getan hast, Tessa. Wenn wir erst einmal verheiratet sind, sollst du die Erste sein, die zu uns zum Dinner kommt.«
Tessa erwiderte lächelnd: »Danke, Deirdre. Ich freue mich schon darauf, Jeffrey kennen zu lernen. Kommt er auch zum Ball?«
»O nein. Jeffrey ist nicht… Mutter würde ihn nicht…
nein, er kommt nicht«, erwiderte Deirdre mit einem Kopfschütteln.
Nachdem Tessa klar wurde, warum Mr. Randalls Name nicht auf der Gästeliste stand, rutschte sie unbehaglich auf ihrem Stuhl herum. »Möchtest du, dass er kommt?« fragte sie. »Schließlich ist es mein Fest. Ich sage Tante Alice einfach…«
»Nein, ehrlich. Es ist wirklich in Ordnung. Jeffrey versteht es vollkommen.«
Tessa hielt inne. Deirdres Ton kam ihr ein wenig merkwürdig vor.
Den Grund dafür sollte sie jedoch erst in der Ballnacht erfahren.
Der Ballsaal der
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