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Corbins 01 - Wer Das Paradies Nur Finden Will ...

Corbins 01 - Wer Das Paradies Nur Finden Will ...

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kleine weiße Schneeflocken auf das Einhorn im Glas herniederrieselten.
    »Wie hübsch«, sagte Katherine sanft
und in einem Ton, der für Banner wie eine Aufforderung klang, sich ihrer
Schwiegermutter anzuvertrauen.
    Banner lächelte schwach. »Jeff hat
es mir geschenkt.«
    Katherine schenkte sich heiße
Schokolade ein und setzte sich neben Banner. »Ich verstehe Geheimnisse zu
bewahren«, sagte sie ruhig »Gibt es etwas, was du mir gern sagen würdest?«
    Banners Augen füllten sich mit
Tränen. »Es ist Weihnachten. Ich möchte euch das Fest nicht zerstören.«
    »Das könntest du gar nicht, Banner.
Denn trotz Adams Abwesenheit ist es ein großer Tag für uns.«
    Banners Kehle schmerzte vor
ungeweinten Tränen. Adam haßte sie, und bestimmt war er jetzt in den Bergen —
bei seiner Geliebten.
    Katherine drückte beruhigend ihre
Hand. »Er wird zurückkommen, Banner.«
    »Ich hasse ihn!« erwiderte Banner
heftig und voller Zorn, trotz der Trauer, die sie empfand. »Ich hasse Adam, und
es ist mir egal, ob er je zurückkommt!«
    Nach dieser albernen Feststellung
brach Banner in Tränen aus.
    Katherine stellte ihre Tasse fort
und zog die jüngere Frau in eine mütterliche Umarmung. »Aber Banner! Es stimmt
doch gar nicht, daß du ihn haßt, und das ist das Problem, nicht wahr?« »Ja!«
schluchzte Banner.
    »Ich liebe meinen Sohn mit jeder
Faser meines Herzens«, erklärte Katherine ernst, während sie die Schwiegertochter,
von der sie noch gar nicht wußte, daß sie es war, an sich drückte. »Aber
manchmal täte ich nichts lieber, als ihn meine Pferdepeitsche spüren zu
lassen!«
    Banner schluchzte noch heftiger, und
draußen vor den Fenstern wusch ein dichter Nieselregen die letzten Schneereste
an den Scheiben ab.
    Am nächsten Morgen hatte sich der Schnee in Schlamm und
Matsch verwandelt, und die ganze Welt sah grau und trübe aus. Jeff war am Tag
zuvor ohne Abschied abgereist, und Melissa packte den Koffer für eine Reise
nach Seattle, wo sie die restlichen Feiertage bei Freunden verbringen wollte.
Keith hatte vor, nach Tacoma aufzubrechen, wo er einen Zug nach Wenatchee
nehmen würde.
    Katherine blieb zu Hause bis nach
Neujahr, dann wollte sie nach Olympia zurückkehren, um mit Politikern zu
sprechen und mit anderen militanten Befürworterinnen des Frauenwahlrechts eine
ausgedehnte Reise durch die ganze Provinz zu unternehmen. Reden mußte gehalten
und Manifestationen organisiert werden ...
    Der bloße Gedanke an das leere Haus
trieb Banner zur Verzweiflung. Adam war noch nicht zurückgekehrt, und sie
fühlte sich schon jetzt so einsam wie nie zuvor in ihrem Leben.
    Nur wenige Patienten kamen in die
Klinik, und diese wenigen litten mehr unter den Folgen übermäßigen Essens oder
Trinkens als an echten Krankheiten.
    Gegen Mittag erschien der Kommissar
und fragte nach Adam. Vier Leichen waren in der Nähe des Indianerlagers an den
Strand gespült worden, berichtete er, und obwohl sie >nur Chinesen<
waren, war es erforderlich, daß Dr. Corbin als amtlicher Leichenbeschauer einen
Bericht abfaßte.
    Banner erstickte fast an ihrer
stummen Verzweiflung, aber die Leichen vier ertrunkener Menschen zu untersuchen,
war keineswegs die Ablenkung, die sie sich erhofft hatte.
    »Da Sie Dr. Corbins Assistentin
sind«, erklärte der Kommissar und zuckte die Schultern, »genügt es sicher, wenn
Sie mich begleiten. Die Leichen sind in einer meiner Zellen, und bevor die
Papiere unterzeichnet sind, kann ich sie nicht fortschaffen lassen.«
    Banner holte schaudernd ihren
Umhang. Aber so unangenehm die bevorstehende Aufgabe auch war, sie gehörte zu
ihrem Beruf und mußte daher erledigt werden.
    Die Toten waren Chinesen, wie der
Kommissar schon gesagt hatte. Ihre Leichen waren aufgedunsen und das Fleisch
teilweise von Fischen abgenagt.
    Nachdem Banner die nötigen Papiere
unterzeichnet und die Teerplane über die Leichen gezogen hatte, verließ sie
rasch und in aufrechter Haltung das Gerichtsgebäude, um sich dann ganz diskret
in einer Seitenstraße zu übergeben.
    Als sie sich einigermaßen erholt
hatte, kletterte sie in den Zweisitzer, den sie von einem der Corbinschen Stallburschen
hatte anspannen lassen, und nahm die Zügel auf. Um sich vom Anblick der
entsetzlich zugerichteten Leichen, die sie gerade gesehen hatte, abzulenken,
konzentrierte sie sich auf ihre Empörung.
    Die Einstellung, die dieser
Kommissar jenen armen Menschen gegenüber bewiesen hatte, war unerträglich
arrogant. Immer wieder hatte er sie als >Chinks<

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