Corbins 01 - Wer Das Paradies Nur Finden Will ...
rühren konnte.
Adam vermied den vorderen Teil des
Hauses, da es Weihnachtsmorgen und damit zu rechnen war, daß sich die ganze
Familie im Speisezimmer aufhielt. Er war erleichtert, die Küche leer zu
finden, als er sie über die Dienstbotentreppe erreichte.
Er ging zum Fenster und starrte auf
die schneebedeckte Landschaft und die Berge hinaus. Warum hatte er O'Brien nur
so behandelt? Er liebte sie doch! War er verrückt?
Aus der Ferne hörte er Melissa
lachen, ein beruhigender Ton, der ihn allerdings auch nicht dazu bewegen
konnte, sich seiner Familie zu stellen und die notwendigen Erklärungen
abzugeben.
Ich habe O'Brien gestern nacht
geheiratet, hörte er sich im Geiste sagen. Natürlich erinnere ich mich weder
daran, ihr einen Antrag gemacht zu haben, noch ein Ehegelübde abgelegt zu
haben, aber sie hat den Trauschein, also muß es stimmen.
Erinnerungen zerrten an ihm, bis er
glaubte, den Verstand zu verlieren: O'Brien in seinem Bett, wo sie ihn berührt
hatte, wie er es sich nie in seinem Leben vorgestellt hatte — und das nicht
nur körperlich. O'Brien, die ihn liebkost und gereizt hatte, bis er halbblind
vor Verlangen nach ihr gewesen war.
O'Brien, O'Brien, O'Brien.
Und wer hatte sie vor ihm gehabt?
Wer war der Mann, der sie ein solch stürmisches, unglaublich befriedigendes
Liebesspiel gelehrt hatte?
Wieder schaute Adam zu den Bergen
hinüber. Dort war jemand, den er sehen, mit dem er reden mußte wenn er nicht
den Verstand verlieren wollte.
Zum ersten Mal in seiner Karriere
kehrte Adam Corbin seinen Verpflichtungen den Rücken zu, ohne zurückzuschauen,
ohne eine Nachricht zu hinterlassen, wo er zu erreichen war, und ohne
Anweisungen für seine Patienten.
Ungeachtet der Tatsache, daß er
ungekämmt und unrasiert war, schnappte er sich seinen Rock und verließ das
Haus.
Das Weihnachtsfest war kaum zu ertragen
für Banner Corbin. Sie verteilte Geschenke, empfing selber welche und nahm an
den aufwendigen Mahlzeiten teil, die ihr wie Zement im Magen lagen. Adam war
fort, und während seine Familie nicht übermäßig besorgt schien, trauerte
Banner und litt.
Mehrmals im Laufe dieses hektischen
Tages nahm sie sich vor, aufzustehen und zu verkünden, daß sie Adams Frau war,
aber dann brachte sie es doch nicht über sich. Wenn er schon glaubte, ihre
Heirat sei ein Trick gewesen, was mochten dann erst die anderen darüber denken?
Jeff beobachtete Banner und wurde
immer wütender. Verdammt, es war Weihnachten, und Banner sah aus wie jemand,
der seine Seele verloren hatte!
Wo steckte Adam bloß?
Jeff blieb seufzend vor der
Schlafzimmertür seines Bruders stehen. Adam würde sich jetzt entscheiden
müssen, ein für allemal, ob er Banner O'Brien haben wollte oder nicht. Denn
wenn nicht, war Jeff mehr als bereit, in die entstandene Lücke zu treten.
Nach einem tiefen Atemzug klopfte
Jeff an die massive Tür. Es kam keine Antwort, aber das hatte nichts zu
bedeuten — Adam ignorierte es oft, wenn jemand klopfte, vor allem, wenn er
gerade in einer seiner düsteren Stimmungen war.
Jeff öffnete die Tür und trat ein,
innerlich auf eine unfreundliche Reaktion seines Bruders vorbereitet. Adam war
nicht da, aber die Nacht hatte er hier verbracht, denn sein Bett war zerwühlt,
die Kissen lagen auf dem Boden und ...
Jeff schaute sich mit jähem
Unbehagen um, und dabei entdeckte er den Trauschein auf dem Teppich neben dem
Bett.
Ein Muskel verkrampfte sich in
seinem Magen, als er sich bückte, um das Dokument aufzuheben. Es schien tausend
Pfund zu wiegen, dieses kleine Stück Papier, und eine Ewigkeit verging, bevor
Jeff sich überwinden konnte, es zu lesen: Hiermit wird bestätigt, daß Dr.
Adam Corbin und Miss Banner O'Brien am vierundzwanzigsten Dezember getraut
worden sind ...
Jeff schloß die Augen und zerknüllte
das Papier in der Hand, ohne zu wissen, warum er es tat. Banner hatte gesagt,
sie liebte Adam, und Jeff hatte die Leidenschaft gespürt, die zwischen ihr und
seinem Bruder schwelte.
Warum war es dann eine solch brutale
Überraschung für ihn, zu erfahren, daß sie geheiratet hatten?
Jeff murmelte etwas vor sich hin,
warf das Dokument aufs Bett und wandte sich von diesem schmerzhaftesten Beweis
für den Sieg seines Bruders ab.
Während er die Tür zu Adams Zimmer
mit einer Sanft heit schloß, die in keinem Verhältnis zu seinen Gefühlen
stand, beschloß er, die Sea Mistress noch heute in See stechen zu
lassen, falls das Wetter es erlaubte.
Banner hob das Schneeglas und schüttelte
es, bis
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