Corbins 03 - Wer dem Zauber der Liebe verfaellt...
angeheitert gesehen, damals in Simpkinsville,
nach Missis Hollinghouse-Stones Vortrag über freie Liebe. Außerdem schien er es
mit der Trauung sehr eilig gehabt zu haben.
Tess biß sich auf die Lippen. Wo
konnte er nur sein?
Die Ladenglocke bimmelte, und als
sie hinunterging, stand sie einem etwas angetrunkenen Rod gegenüber. »Ist Emma
hier?« fragte er barsch.
»Ja. Sie war sehr verzweifelt, als
sie kam, Rod.«
Er schloß die Ladentür. »Emma regt
sich viel zu leicht auf.«
»Ja«, stimmte Tess trocken zu. »Vor
allem über unwichtige Dinge wie kein Geld, kein Dach über dem Kopf zu haben
und einen Mann, der ganz offen zugibt, sie zu betrügen.«
»Ich habe das Geld investiert!«
»Du hättest es auch in den Kanal
werfen können, Rod, und das wissen wir beide. Du hast nur versucht, dir eine
Rolle in Cedricks albernem Stück zu erkaufen.«
»Es ist kein albernes Stück, Tess
— es ist ein Kunstwerk. Eine Rolle darin könnte mich zum ...«
»Du bist ein Idiot.«
Rod akzeptierte die Beleidigung mit
einer Grimasse und begann gefährlich zu schwanken. Dann sah er Tess' gelbes
Kleid und grinste. »Wenigstens wirst du uns zum Dinner begleiten. Das könnte
helfen.«
»Ich habe nichts dergleichen vor.
Ich werde heute abend heiraten.«
»Heiraten? Wen? Etwa diesen
Hausierer?«
»Ja, Rod.«
»Wo steckt er dann?« erkundigte sich
Rod vernünftig. Ich wünschte, ich wüßte es, dachte Tess verzweifelt. Rods Miene
hellte sich auf. »Dann kannst du mir helfen. Du kannst den Laden verkaufen und
mir ein Darlehen von deinem Konto ...«
Tess versteifte sich vor Zorn. »Das
kommt überhaupt nicht in Frage, Rod, weder das eine noch das andere. Ich bin
bereit, für Emma zu sorgen, aber das ist auch schon alles.«
»Und ich?«
»Du wirst allein zurechtkommen
müssen. Dieses Haus ist zu klein für vier Personen.«
»Dann wird er also hier leben,
dieser Mann, den du dir eingefangen hast. Kann er nicht selbst für seine Frau
sorgen?«
»Eine interessante Frage, Rod — vor
allem aus deinem Mund.«
Rod besaß den Anstand, ein
verlegenes Gesicht zu machen. »Es ist ja nicht so, als würde Emma mir nichts
bedeuten . .«
»Ihr deine Gefühle für Cynthia
Golden zu gestehen, beweist alles andere als Zuneigung, Rod.«
Er zuckte zusammen. »Ich bin zu
dieser Heirat gezwungen worden, Tess. Das weißt du.«
»Und warum hast du dich zwingen
lassen? Damit du Geld bekamst, um es Cedrick in den Rachen werfen zu können,
der mit Sicherheit genug eigenes besitzt?«
»Du mußt mir helfen, Tess. Bitte.
Tritt in dem Stück auf, das ist alles, worum ich dich bitte. Dann bekomme ich
auch eine Rolle und kann Cedrick beweisen, daß ich ...«
»Cedrick, Cedrick! Rod, wach endlich
auf. Er hat dich an der Nase herumgeführt, begreifst du das denn nicht?
Geprellt, geschröpft! Ich habe ein Geschäft zu führen und nicht das geringste
Verlangen, Schauspielerin zu werden.«
»Wenn du es nicht für mich tust,
dann wenigstens für Emma.«
Tess schaute sinnend aus dem
Fenster. Es wurde immer dunkler, und die Straße war bevölkert mit Menschen, die
zum Dinner nach Hause eilten. Wo blieb Keith nur? »Es gibt Dinge, zu denen ich
nicht bereit bin, Rod — nicht einmal für Emma.«
»Dann geh wenigstens mit uns zum
Essen.«
»Ich habe dir gesagt ...«
»Ich weiß. Daß du heiratest. Aber du
kommst mir ein bißchen verzweifelt vor, Tess, fast, als glaubtest du ...«
»Was?« fiel Tess ihm scharf ins Wort.
»Daß er gar nicht kommt. Daß er dich
an der Nase herumgeführt hat, wie du vorhin so schön sagtest.«
Tess erblaßte. Rod hatte ihre
schlimmsten Befürchtungen ausgesprochen.
»Er kommt nicht mehr, Tess.« Wieder
musterte Rod sie nachdenklich, aber diesmal lag so etwas wie Verachtung in
seinem Blick. »Ich würde sagen, dein Hausierer hat längst bekommen, was er
wollte, und jetzt ist er zweifellos schon wieder unterwegs.«
»Nein«, widersprach Tess schwach.
»Nein.«
Rod zuckte die Schultern. »Ich will
meine Frau sehen«, sagte er und ging ohne ein weiteres Wort die Treppe hinauf.
Tess trat ans Fenster und starrte in
die zunehmende Dunkelheit hinaus.
Es wurde stockfinster, die
Straßenlaternen wurden angezündet, und dann fuhr Cedrick Goldens Kutsche vor.
Emma und Rod kamen Arm in Arm die
Treppe hinunter. »Komm mit uns, Tess«, drängte Rod sanft. »Es ist nun ziemlich
offensichtlich, daß dein Hausierer sich einen Scherz mit dir erlaubt hat.«
Er hatte recht. Tess senkte den
Kopf, als Cedrick den Laden betrat und ihn mit
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