Corbins 03 - Wer dem Zauber der Liebe verfaellt...
herunter, du Hure, dann werde
ich dir zeigen ...«
Rod wurde erst rot, dann
leichenblaß. »Emma!« sagte er entsetzt.
»So helft mir doch!« schrie Cynthia
gellend und froh über das Publikum, das sie nun hatte. »Rettet mich! Jemand
muß mich vor diesem Ungeheuer retten!«
»Was zum Donnerwetter geht hier
vor?« brüllte Cedrick.
»Sie will mich umbringen!« heulte
Cynthia, während sie einen ihrer zierlichen Füße aus dem Sahnekuchen zog. »Cedrick,
es war schrecklich ...«
»Schrecklich?« versetzte Emma
höhnisch. »Ich werde dir schon zeigen, was schrecklich ist, du
schamloses ...«
»Emma!« schrie Rod, dem in diesem
Augenblick bewußte wurde, daß seine Schauspielerkarriere vorüber war. »Du wirst
dich sofort bei Cynthia entschuldigen!« »Das werde ich nicht!« kreischte Emma.
Gut, dachte eine müde und dennoch
sehr belustigte Tess.
Cedrick schien sich mit aller Macht
zu beherrschen. »Unser Kutscher wird euch nach Hause fahren«, sagte er gepreßt.
Rod nahm seine Frau am Arm und stieß
sie praktisch aus dem Haus und in die wartende Kutsche. Tess folgte etwas
langsamer.
Bevor er einstieg, wies Rod den
Kutscher an, zu Tess' Laden zu fahren. Dort begleitete er Tess zur Tür und
sagte: »Emma und ich sind in Vaters Suite im Grand Hotel, falls du uns
brauchst.«
»Ich dachte, sie hätten euch
hinausgeworfen«, sagte Tess müde.
»Wir haben noch eine Woche«,
entgegnete Rod grimmig. Er begleitete seine Schwester hinein, zündete
fürsorglich eine Lampe an und sagte leise: »Es tut mir leid, Tess — die
Geschichte mit Cedrick, mit dem Stück und alles andere.«
»Du wirst Emma doch nicht schlagen?«
fragte Tess besorgt. »Sie war nur eifersüchtig ...«
Rod lächelte ganz unerwartet. »Sie
war wunderbar, findest du nicht?«
Tess fand die Kraft, sein Lächeln zu
erwidern. »Phantastisch. Gute Nacht, Rod.«
»Gute Nacht, Tess.« Dann fiel die
Tür hinter ihm zu, und kurz darauf hörte Tess die Kutsche anfahren.
Was die schönste Nacht ihres Lebens
hätte werden können, war nun die einsamste geworden.
Fünfzehn
Keith starrte an die Zimmerdecke,
beherrscht von Schmerzen, die einfach nicht nachlassen wollten.
Aber der körperliche Schmerz war das
wenigste. Viel schlimmer war die Enttäuschung über Tess. Als er Amelie verlor,
hatte er geglaubt, nie wieder ein größeres Leid erfahren zu können, doch Tess
Bishop schien sich vorgenommen zu haben, ihm das Gegenteil zu beweisen.
Als habe der Gedanke sie
herbeigerufen, ging die Tür auf, und Tess trat ein.
Keith starrte sie grimmig an, aber
eigentlich nur, weil er den Blick nicht von ihr abwenden konnte. Gierig nahm er
jede Einzelheit von ihr in sich auf, denn in den Tagen, Monaten und Jahren, die
vor ihm lagen, würde er die Erinnerung an sie brauchen, um sich am Leben zu
erhalten.
»Er ruht!« protestierte die Nonne,
die Keith insgeheim >Attila< getauft hatte und die nicht von seiner Seite
wich.
»Das ist mir egal«, erwiderte Tess
gleichmütig. »Er kann sich später ausruhen. Jetzt wird er erst mal heiraten.«
Heiraten. Keith bot seine ganze
Willenskraft auf, um den Blick von Tess abzuwenden und wieder auf die Zimmerdecke
zu richten. Doch er spürte, wie Tess näher kam, all seine Sinne reagierten
darauf, und der Schmerz wurde noch viel intensiver als zuvor.
Tess berührte seine Wange. »Warum
bist du so böse auf mich?« fragte sie leise. »Ich bin nur zu einem Dinner
gegangen ...«
»Bei einem Schauspieler«, sagte
Keith, der noch immer nicht wagte, sie anzusehen. Er wußte, daß er sich wie ein
verwöhntes Kind verhielt, konnte es jedoch nicht ändern.
»Ich dachte, du hättest mich im
Stich gelassen«, beharrte Tess.
»Und da hast du dir einen anderen
gesucht«, versetzte er schroff. »Du weißt dir zu helfen, das muß man dir lassen.«
»Du machst es mir absichtlich
schwer, Keith Corbin«, antwortete Tess eine Spur gereizt. »Ich wußte nicht, daß
man dich angeschossen hatte. Ich dachte, du hättest gehabt, was du von mir
wolltest und wärst weitergezogen.«
»Dann mußt du den Verstand verloren
haben.«
Tess holte tief Atem. Keith spürte
es, als handelte es sich um seine eigenen Lungen. »Rod, mein Bruder, hatte mich
gedrängt, ihn zu diesem Dinner bei den Goldens zu begleiten. Mister Golden will
ein Theaterstück herausbringen, und Rod ist Schauspieler und will unbedingt
eine Rolle in dieser Aufführung haben ...«
»Was hat das mit dir zu tun?« fragte
Keith barsch, doch schon etwas geneigter, sie anzuhören, wenn auch
Weitere Kostenlose Bücher