Corbins 03 - Wer dem Zauber der Liebe verfaellt...
er
gezwungen war, sie loszulassen.
»Wo könnten sie ihn hingebracht
haben, Rod?« fragte Tess, als auch Cynthia und Cedrick und Emma sich um sie
versammelt hatten und sie verwundert anstarrten. »Fahr mich hin! Sofort!«
»Tess ...«
»Ich schwöre dir, daß ich zu Fuß
hinlaufe, wenn du mich nicht hinfährst!«
Es war Cedrick, der vortrat und
trotz des Schlags, den Tess ihm versetzt hatte, sehr sanft sagte: »Ich bringe
Sie überall hin, wo Sie wollen, Tess.«
»Ins Krankenhaus — wie viele
Krankenhäuser gibt es in Portland ...?«
Rod schaute Cedrick an, und trotz
ihrer Aufregung glaubte sie so etwas wie eine Warnung in den Blicken ihres
Bruders zu sehen. »Ich komme mit«, sagte er dann.
Auf der nächsten Polizeiwache
erfuhren sie, daß ein Mann namens Keith Corbin am Nachmittag von einer Frau
niedergeschossen worden war, die sich bereits in Gewahrsam befand. Der Mann sei
ins Städtische Krankenhaus eingeliefert worden, sagte der freundliche Polizeibeamte.
Sie erreichten die Klinik fünf
Minuten später, obwohl es Tess wie Stunden vorkam.
»Kein Besuch«, sagte eine Nonne am
Empfang, als Tess in die Eingangshalle stürmte und ihr Anliegen vortrug.
»Ich finde ihn, und wenn ich jeden
einzelnen Raum durchsuchen muß!« drohte Tess.
»Sie sind die Braut, nicht wahr?«
»Nein. Ich meine, ja!« Tess würdigte
Rod und Cedrick,
die neben ihr standen, keines
Blickes. »Wo ist er?« »Braut?« wiederholte Cedrick in verwundetem Ton. »Ich
erkläre es dir später«, beruhigte ihn Rod.
»In welchem Zimmer?« schrie Tess.
»Zimmer Vierzehn«, sagte die Nonne
seufzend. »Aber Sie müssen leise sein und dürfen ihn nicht wecken.«
In Zimmer Vierzehn standen vier
Betten, aber alle außer einem waren leer. In diesem einen lag Keith, Kopf und
Schulter von einem sauberen Verband bedeckt und mit kreidebleichem Gesicht.
Tess berührte es sanft. »Keith?«
Er öffnete ein Auge. Dann das
andere. »Hallo, Kleines«, sagte er. »Was machst du denn hier?«
Tess war nach Weinen und Lachen
zumute, aber sie tat keines von beiden. »Was glaubst du?« flüsterte sie. »Ich
suche den Mann, der mich vor dem Altar stehengelassen hat.«
Er lachte rauh. »Ich habe einen Ring
gekauft ... auf dem Weg zum Mietstall erschien diese Frau ...«
Tess berührte seinen Mund; er war zu
trocken und zu warm, und sie nahm ein bereitstehendes Glas Wasser und hielt es
an die Lippen. »Du brauchst mir nichts zu erklären, Keith. Nicht jetzt.«
In diesem Augenblick kamen Cedrick
und Rod herein. Rod war ruhig und beherrscht, aber Cedrick glühte vor
unterdrücktem Zorn. »So!« herrschte er Tess an. »Ich nehme an, jetzt sind Sie
zufrieden und wir können endlich zu unserem Dinner zurückkehren?«
»Dinner?« flüsterte Keith und schien
zum ersten Mal Tess' elegantes Kleid und ihre aparte Frisur zu bemerken. Die
Qual, die in seinem Blick erschien, war mehr, als Tess ertragen konnte. »Du
warst bei einem Dinner?«
»Du verstehst es nicht, Keith ...
Ich dachte ...«
»Ich weiß, was du dachtest!« fuhr er
auf. »Lange hast du nicht gebraucht, um dein gebrochenes Herz zu kitten, was?«
»Keith!«
Er rollte sich auf die Seite und
starrte die Wand an. Und da brach Tess Bishops Herz tatsächlich. In diesem
Augenblick. »Bitte, Keith, hör mich an.«
Schweigen.
Rod nahm sanft ihren Arm. »Komm,
Tess«, sagte er in fürsorglichem Ton. »Du kannst es ihm morgen erklären. Ich
helfe dir dabei. Aber jetzt brauchst du Ruhe und er auch.«
»Ruhe?!« rief Cedrick empört. »Und
mein Stück? Was ist mit Tess' Rolle in ...«
Keith versteifte sich merklich, und
Tess streckte die Hand aus, um seine Schulter zu berühren. Aber dann zog sie
sie wieder zurück.
»Nimm dein verdammtes Stück und
steck es ...« begann Rod gereizt, aber bevor er aussprechen konnte, kam die
Nonne herein und scheuchte sie alle hinaus.
Cedrick schmollte auf dem ganzen
Heimweg, aber Rod war ausgesprochen freundlich zu Tess. »Es wird alles gut«,
tröstete er sie. »Ich verspreche es dir, Tess.«
Tess klammerte sich an seine Worte,
aber sie wußte, daß es sehr schwer sein würde, einen Menschen, der so
starrsinnig war wie Keith, zu überzeugen.
Im Hause der Goldens erwartete sie
ein weiteres Drama.
Emma und Cynthia schienen in einen
heftigen Streit geraten zu sein — der ganze Fußboden war mit Tellern, Gläsern
und Essen übersät —, und Cynthia stand kreischend auf dem Tisch.
Emma stand mit geballten Fäusten vor
ihr, bereit, die zweite Runde zu beginnen. »Komm
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