Corbins 03 - Wer dem Zauber der Liebe verfaellt...
unter
den gegebenen Umständen nicht passend. Schließlich habe ich gerade den Mann
geheiratet, den Cornelia ermorden wollte.«
Eine seltsame Spannung lag im Raum,
eine fast bedrohliche Atmosphäre, die nicht von Rod ausging, sondern von
Cedrick Golden kam und nichts anderes als unterdrückten Haß verriet.
»Kann ich Sie zu Ihrem Laden fahren,
Miss Bishop äh, Missis Corbin?« fragte Cedrick dennoch höflich.
Tess stand auf und schüttelte den
Kopf. »Nein, danke. Ich habe mein Fahrrad mitgebracht.«
»Hast du ihr von dem Geld erzählt,
daß du dir geliehen hast, Rod?« fragte Emma besorgt. »Hast du mit Tess über das
Geldgesprochen?«
Tess hatte das Gefühl, daß der Boden
unter ihren Füßen schwankte. »Welches Geld, Rod?« fragte sie ihren Halbbruder
scharf.
»Das erkläre ich dir später«, sagte
Rod ausweichend. »Siehst du denn nicht, in welchem Zustand Emma ist?«
»Du hast dir Geld von meinem Konto
genommen, nicht wahr?« beharrte Tess unerbittlich. »Du ... du hast mein Geld
diesem ... Hochstapler geliehen!«
»Hochstapler?« schnaubte Cedrick.
Tess wollte die Sache zu Ende
diskutieren, aber Rod schien nicht bereit dazu. Er schob Emma zur Tür, Cedrick
stürmte ihnen nach, und Tess schrie: »Rod Thatcher-Waltam! Komm sofort zurück,
du Dieb! Du ...«
Die Tür fiel zu, und sie war allein.
Unnötig, zur Bank zu gehen, Tess wußte auch so, daß sie dank Rod keinen roten
Heller mehr besaß. Sie zitterte vor hilfloser Wut, als sie daran dachte, daß er
nur deshalb Zugang zu ihrem Konto gefunden hatte, weil er ein Mann und ihr
Bruder war und die Gesetze in diesem Land Männern alles und Frauen
sozusagen nichts gestatteten!
Sie stand auf und verließ in blinder
Wut das Hotel. Kaum zu glauben, daß dies ihr Hochzeitstag sein sollte; ihr Mann
lag im Krankenhaus, schwer verwundet nach dem Mordversuch der Mutter ihrer
besten Freundin, und sie, Tess, stand ohne einen Pfennig da!
Tess kehrte in ihren Laden zurück,
kochte sich eine Tasse Tee und ging dann auf die andere Straßenseite zu ihrer
Bank. Doch der Bankdirektor, mit dem sie zu sprechen verlangte, nahm
ihre Beschwerde sehr gelassen auf. »Sie können Ihren Bruder verklagen, wenn Sie
wollen«, meinte er gleichgültig. »Etwas anderes kann ich Ihnen auch nicht
raten.«
Tess wäre versucht gewesen, es zu
tun, wenn sie nicht das Leid bedacht hätte, das sie Emma damit zufügen würde.
»Ich könnte statt dessen auch Ihre Bank verklagen«, antwortete sie grimmig.
Ein langes Schweigen entstand
darauf, in dessen Verlauf der Bankier sich nicht einmal bemühte, ein bedauerndes
Gesicht zu machen. Tess mußte diesem aufgeblasenen Narren einen Schrecken
einjagen, und das einzige Werkzeug, das sie dazu in der Hand hatte, war ihr
neuer Name.
»Würden Sie das Konto bitte auf
meinen Namen umschreiben, wenn es nicht zuviel Mühe bereitet?« bat sie in
übertrieben freundlichem Ton. »Ich bin nämlich nicht länger Tess Bishop. Seit
heute nachmittag ist mein Name Corbin.«
Sie wartete, bis ihre Worte zu ihm
vorgedrungen waren und wurde für ihre Geduld reichlich belohnt. Der Bankier
zuckte zusammen, als habe ihm jemand einen Stich in sein reichgepolstertes
Hinterteil versetzt.
»Corbin?« sagte er erstickt. »Das
glaube ich nicht!« Tess reichte ihm lächelnd den Trauschein.
Die fette Hand des Bankiers
zitterte, als er das Dokument las. Seine rosigen Wangen verloren alle Farbe.
»Sie sind mit Keith Corbin verheiratet. H-herzlichen Glückwunsch.«
»Danke«, säuselte Tess, während sie
den Trauschein zurücknahm, ihn sorgfältig zusammenfaltete und in ihre Tasche
steckte. »Ich denke mir, daß mein Mann nicht sehr erfreut sein wird, wenn ich
ihm erzähle, wie sorglos Ihre Bank mit den Konten ihrer Kunden umgeht ...«
»Wir werden uns glücklich schätzen,
Sie für unseren Fehler zu entschädigen, Missis Corbin!« schlug der Bankier
hastig vor. »Und Sie können sich darauf verlassen, daß so etwas nicht noch
einmal vorkommt!«
Tess glühte innerlich vor Triumph
und stiller Wut, als sie die nötigen Papiere unterzeichnete und das neue
Sparbuch mit dem kompletten Guthaben entgegennahm, das Rod ihr gestohlen hatte.
Triumph über das, was sie erreicht hatte, und Wut über dieses Land, in dem
Namen mehr galten als Menschen.
»Bei der nächsten Gelegenheit werde
ich mein Geld auf eine andere Bank überweisen«, sagte sie hochmütig, als sie
sich zum Gehen wandte.
»Aber wir haben doch alles getan, um
die Sache ungeschehen zu machen!« protestierte der Bankier
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