Corina 01 - Dämonisch verführt
Katze hätte durch das Ding kriechen können.
Ich beäugte das zerbrochene Fenster am Eingang und fragte mich, ob es für meinen Hintern genug Platz bot. Dann kam ein Schnabelkopf über den Dachrand. Ich sah in die hellgrünen, seltsam menschlich wirkenden Augen und verfluchte meine Dummheit. Daran hätte ich denken sollen - während des Kampfes im Pferch hatte der Anführer gewartet, bis die anderen ermüdeten, bevor er in den Ring trat. So wie jetzt.
Als mich die lidlosen Augen zu beiden Seiten des Kopfes entdeckten, kam ein ohrenbetäubendes Kreischen von der Kreatur, und ein Klauenhieb riss die Hälfte des Schornsteins weg. Ich kroch zurück und wich immer wieder dem Schnabel aus, der mehrmals nach unten stieß und jeden Ziegel zertrümmerte, den er traf.
Der Schwanz des Wesens strich übers Dach und schickte eine Kaskade aus Ziegeln zum Rand, und mich mit ihr.
Instinktiv streckte ich die Hände aus und versuchte, mich irgendwo festzuhalten. Ich bekam die Regenrinne zu fassen, die bereits das Gewicht des Regenwassers tragen musste und nachgab -sie löste sich vom Dach, und ich baumelte überm Hof, direkt über dem Magier.
Wie schön, dass ich mich weiterhin auf mein Glück verlassen konnte.
Schmutziges Wasser strömte aus der Regenrinne direkt auf den Burschen hinab und nahm ihm vorübergehend die Sicht. Ich ließ die Rinne los, fiel auf den Boden und war dem Mann so nahe, dass ich die Arme um seine Taille schlingen konnte. Ein Schatten fiel über den Hof, als der Anführer große, ledrige Schwingen ausbreitete. Und dann war er da, warf uns mit seinem Gewicht und seinem Bewegungsmoment zu Boden. Ich wartete, bis ich den Schrei des Magiers hörte, als sich ihm Krallen in den Leib bohrten, kroch unter ihm hervor und rannte zum Eingang.
22
Die schwere Holztür hing schief in den Angeln, und ich hielt vergeblich nach Lebenden Ausschau. Überall lagen Tote, doch eine schnelle Überprüfung ergab, dass sich Louis-Cesare oder Radu nicht unter ihnen befanden. Klingen klirrten in der Ferne.
Ich rutschte in etwas - oder in jemandem - aus, wahrte jedoch das Gleichgewicht und ließ mir von den Kampfgeräuschen den Weg weisen. Schmutzige Stiefel hatten auf dem langen, glänzenden Eichentisch im Speisesaal Abdrücke hinterlassen, aber auch dort hielt sich niemand auf. Hinter mir hörte ich das Kratzen von Krallen auf den Fliesen, und als ich mich umdrehte, streckte der Anführer gerade den Kopf durch die Tür. Ich glaubte nicht, dass es sein Körper durch den schmalen Bogen schaffen würde, aber ich wartete nicht ab, um festzustellen, ob ich recht hatte.
Hinter dem Speisesaal befand sich die Bibliothek, mit hohen Fenstern auf der einen Seite und einer vom Boden bis zur Decke reichenden Büchersammlung auf der anderen. Sonderbarerweise wirkte sie fast unberührt. Der einzige Schaden bestand aus einer zerbrochenen Blumenvase, die auf einem kleinen Tisch gestanden hatte und umgestürzt war. Ich eilte in den nächsten Raum, den ich wiedererkannte: Von diesem kleinen Vorzimmer aus gelangte man in den Weinkeller.
Mist.
Ich sah die Treppe hinunter, die wie ein dunkler Schlund wirkte. Dunkle Treppen konnte ich nicht ausstehen, und in diesem Fall gab es überhaupt kein Licht. Ich erinnerte mich daran, dass wir dort unten im Kerzenschein gespeist hatten - vielleicht war Radu nie dazu gekommen, im Keller elektrische Leitungen verlegen zu lassen. Großartig, einfach großartig.
Hinter mir krachte es, und ich beobachtete, wie ein großer vogelartiger Körper auf den Tisch in der Bibliothek fiel und die Reste der Vase unter sich zermalmte. Na schön, es gab Dinge, die ich noch mehr hasste als dunkle Treppen, wie zum Beispiel die Viecher, die in der Dunkelheit lauerten. Ich sprang die Treppe hinunter und schlug die Tür hinter mir zu.
Die Steine waren kühl unter meinen zerkratzten Füßen, und fast völlige Finsternis umgab mich, sank mir bis in die Knochen. Während sich meine Augen umstellten, konnte ich nichts sehen. Zum Glück blieben die Abstände zwischen den Stufen gleich, und ich wusste, wohin die Treppe führte: ins kleine Weinprobezimmer, in dem unsere Abendgesellschaft stattgefunden hatte. Dort brannten einige Öllampen, und ihr Licht fiel auf Hunderte von liegenden Flaschen, viele von ihnen zerbrochen. Es war so viel Wein auf den Boden geströmt, dass ich ihn dort nicht vom Blut unterscheiden konnte. Ich hüpfte auf den Tisch, um zur anderen Seite des Raumes zu gelangen, ohne mir dabei die Füße aufzuschneiden. Am
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