Corina 01 - Dämonisch verführt
Joint vom Tisch zu nehmen. Ich brauchte ihn, um meine Nerven zu beruhigen, und außerdem wollte ich etwas anderes als Louis-Cesare, auf das ich den Blick richten konnte. Plötzlich merkte ich, dass ich zitterte, was mich wütend machte. Ein Kuss, und mir quoll fast das Gehirn aus den Ohren! Das letzte Mal lag einfach zu lange zurück. Nach so langer Zeit einen fremden Atem am Ohr zu spüren, eine agile Zunge im Mund, eine Brustwarze, die sich unter meiner eigenen Zunge verhärtete, und zu fühlen, wie die Muskeln im Oberschenkel zuckten, wenn man spielerisch hineinbiss…
Ich setzte mich und nahm einen tiefen Zug, doch diesmal blieb die beruhigende Wirkung von Claires Kräutermischung aus. »Das hat Spaß gemacht«, sagte ich leichthin und staunte darüber, dass meine Stimme normal klang. »Der letzte Vampir, der mich geküsst hat, endete mit einem Pflock zwischen den Rippen.«
Ich schwöre, dass ich seine Bewegung nicht sah. Bevor ich auch nur blinzeln konnte, war er mit den Händen an meinen Schultern über mich gebeugt und drückte mich im Sessel zurück. Ich fasste ihn an den Handgelenken, schloss die Finger möglichst fest darum, und einige Sekunden lang starrten wir uns an.
Ich weiß nicht, wie ich aussah, aber Louis-Cesares Pupillen waren geweitet, groß und dunkel, und seine Lippen geteilt. Ich fühlte, wie mein Körper auf die Hitze in seinem Blick reagierte, und ein kurzes Schaudern schüttelte mich. Wahrscheinlich lag’s an meiner üblichen Verdorbenheit: Daddys hübscher Vampir war die letzte Person, mit der ich mich einlassen sollte, und gerade deshalb konzentrierte sich meine Libido auf ihn.
»Provoziere mich nicht, Dorina.« Die Stimme war scharf, aber sie zitterte ein wenig. Louis-Cesare war also nicht so unerschütterlich, wie er sich gerne gab. Von einem richtigen Sieg konnte nicht die Rede sein, aber im Moment nahm ich, was ich kriegen konnte.
»Ich soll dich nicht provozieren?« Ich starrte auf seine Lippen. Ich konnte einfach nicht anders - wir waren uns nahe genug für einen Kuss. Na los, pochte mein Herz. Na los, na los, na los. »Ach, bist du so einfach zu haben?«
Louis-Cesare zuckte zusammen, als hätte er einen Schlag von mir erhalten. Sein Gesichtsausdruck veränderte sich, und für ein oder zwei Sekunden wirkte er kummervoll. Nein, dachte ich. Nein, nein, nein. Es fühlte sich an wie ein Messer, das mir jemand in den Leib stieß und in der Wunde drehte. Aber warum? Ich hätte triumphieren sollen.
Mit einem Ruck wandte sich Louis-Cesare von mir ab. Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar und beobachtete mich wortlos, während ich versuchte, meinen Atem unter Kontrolle zu bekommen. Als er schließlich sprach, hörte ich Worte, mit denen ich gewiss nicht gerechnet hatte. »Warum glaubst du, dass Lord Dracula zu uns kommen wird?«
Ich suchte auf dem Teppich zu meinen Füßen, fand den Joint und nahm einen weiteren tiefen Zug, bevor ich antwortete. Mein Herz klopfte so laut, dass ich kaum etwas anderes hörte, aber Louis-Cesare war schon wieder ganz cool und gelassen. Sein Pullover hatte sich von unserer kleinen Rauferei erholt, ohne auch nur eine einzige Falte zu zeigen. Abgesehen vom ein wenig in Unordnung geratenen Haar sah er aus, als wäre überhaupt nichts geschehen.
Verdammter Vampir.
Lieber Himmel, wie gut er küsste!
»Weil ihn beim letzten Mal drei Personen wegsperrten, doch davon gehörten nur zwei zur Familie.« Irgendwie schaffte ich es, ruhig zu sprechen.
»Dann sollte er logischerweise…«
»Ich bin noch nicht fertig. Seine verschrobene Vorstellung von Logik ergibt nur dann einen Sinn, wenn man seine Geschichte kennt. Radu verriet ihn vor einem halben Jahrtausend und kam mit einem türkischen Heer, um ihm den Thron zu nehmen. Drac verbrachte Jahre im Exil und plante Rache. Als er zurückkehrte, gehörte Radu zum behinderten Teil der Familie: Er hatte sich die Syphilis geholt, und Mircea verwandelte ihn, weil es zu jener Zeit kein Heilmittel gab. Aber gab sich Drac damit zufrieden? Nein.«
Mit dem übrig gebliebenen Stummel des Joints zündete ich mir den nächsten an. Wenn es so weiterging, musste ich mir in San Francisco Nachschub beschaffen. So gut wie Claires Zeug war das dortige Gras bestimmt nicht, und ich hoffte, dass sie sich schon bald wieder um ihren kleinen illegalen Kräutergarten kümmern konnte. »Nur der Glückstreffer eines von lokalen Adligen beauftragten Meuchelmörders hinderte ihn daran, Radu sofort zu erledigen.
Leider beschloss Daddy, Drac zu
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