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Corum 01 - Der scharlachrote Prinz

Corum 01 - Der scharlachrote Prinz

Titel: Corum 01 - Der scharlachrote Prinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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sich selbst für geistig gesund halten?
    Glandyth-a-Krae wählte ein langes Eisen aus, stocherte damit in der Glut und betrachtete dann die glühende Spitze.
    »Wir werden mit einem Auge beginnen und mit dem anderen aufhören«, murmelte er. »Dem rechten Auge, glaube ich.«
    Zweifellos hätte Corum sich übergeben, wenn er in den letzten Tagen etwas zu essen bekommen hätte. So stieg ihm nur Galle auf, und sein Magen zog sich schmerzend zusammen.
    Glandyth näherte sich mit dem heißen Eisen. Rauch verlor sich in der kühlen Nachtluft.
    Corum versuchte die Bedrohung zu vergessen. Er konzentrierte sich auf sein zweites Gesicht, bemühte sich in eine andere Ebene überzuwechseln. Aber sein Geist war viel zu verwirrt. Abwechselnd sah er in die nächste Dimension des Multiversums und auf die immer näher kommende Eisenspitze.
    Die Szene vor ihm begann zu verschwimmen, aber immer noch kam Glandyth auf ihn zu, und seine grauen Augen brannten vor sadistischer Luft.
    Corum wand sich in den Ketten, versuchte mit dem Kopf auszuweichen. Glandyths Linke packte sein Haar, zwang den Kopf zum Stillhalten und stieß mit der Rechten zu.
    Corum brüllte, als die glühende Spitze auf das geschlossene Lid seines Auges traf. Sein Gesicht war ein einziger Schmerz, der auf seinen ganzen Körper übergriff. Er hörte eine Kakaphonie aus Gelächter, seinen Schreien und Glandyths rasselndem Atem - und dann schwanden ihm die Sinne.
    Corum wandelte durch die Straßen einer fremden Stadt. Die Gebäude waren hoch und schienen neu erbaut, trotzdem waren sie bereits mit einer dicken schmierigen Schmutzschicht überzogen.
    Immer noch herrschte der Schmerz an, aber er schien gedämpfter, unwirklicher. Er war blind auf einem Auge. Eine Frauenstimme rief ihm von einem Balkon zu. Er hob den Kopf und erblickte seine Schwester Pholhinra. Als sie sein Gesicht sah, schrie sie vor Entsetzen auf.
    Corum versuchte, sein verletztes Auge mit der Hand zu bedecken. Aber er vermochte es nicht.
    Etwas hielt ihn. Er bemühte sich, die linke Hand aus dem eisernen Griff zu befreien. Er zerrte immer stärker und stärker. Nun begann das Handgelenk vor glühendem Schmerz zu brennen.
    Pholhinra war verschwunden, aber er bemerkte es kaum, so sehr war er damit beschäftigt, seine Hand freizubekommen. Aus irgendeinem Grund vermochte er sich nicht umzudrehen, um zu sehen, was ihn festhielt. Ein wildes Tier vermutlich, das seine Hand mit dem Kiefer geschnappt hatte.
    Nun zerrte Corum noch einmal mit aller Gewalt, und sein Handgelenk kam frei.
    Er hob die Hand, um damit sein blindes Auge zu berühren, aber seine finger erreichten es nicht.
    Er betrachtete seine Hand.
    Es gab keine Hand. Nur das Handgelenk. Nur einen Stumpf.
    Da begann er erneut zu schreien - und er öffnete die Augen und sah den Mabden seinen Arm halten und das weißglühende Schwert gegen den Armstumpf drücken.
    Sie hatten ihm die Hand abgeschlagen.
    Und Glandyth lachte immer noch, hielt Corums abgetrennte Hand hoch, um sie seinen Mannen zu zeigen, während das Blut von dem Dolch tropfte, den er mit der Rechten umklammerte.
    Nun vermochte Corum eine andere Ebene ganz deutlich zu sehen, sie überlagerte die Szene vor ihm. Er sammelte seine aus Angst und Pein geborenen Kräfte und wechselte in die nächste Dimension.
    Er konnte die Mabden noch erkennen, aber ihre Stimmen klangen gedämpft, kaum vernehmbar. Er hörte sie vor Überraschung aufschreien und auf ihn deuten. Er sah, wie Glandyth herumwirbelte und seine Augen sich weiteten. Er vernahm, wie der Graf von Krae aufgeregt befahl, den Wald nach ihm abzusuchen.
    Das Marterbrett lehnte verlassen gegen den Baum, als Glandyth und seine Leute in der Dunkelheit verschwanden, um ihren scheinbar geflohenen Gefangenen wiederzufinden.
    Aber ihr Opfer war immer noch an das Brett gekettet, denn wie der Vadhagh existierte auch das Brett auf mehreren Ebenen. Und Corum spürte immer noch den Schmerz, den sie ihm zugefügt hatten. Auch sein rechtes Auge und seine linke Hand fehlten nach wie vor.
    Eine kurze Zeit konnte er sich noch vor weiteren Verstümmelungen bewahren, aber schließlich würde seine Kraft völlig erlahmen und er auf die Ebene der Mabden zurückkehren müssen, wo sie ihre Schlächterei vollenden konnten.
    Er versuchte sich von den Ketten freizuwinden, und als das nicht half, sie mit dem schmerzenden Stumpf zu lösen.
    Er wußte, daß es hoffnungslos war. Er hatte nur vermocht, sein Schicksal eine kurze Weile aufzuhalten. Er würde nie mehr frei - nie

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