Corum 01 - Der scharlachrote Prinz
Bild wechselte ständig.
»Ist das Urde, Sir Hanafax?«
»Der Lage nach und auch dem Aussehen, ja. Urde besteht aus unstabiler Materie, Prinz Corum, so wie die Chaoslords es erschufen.«
»Die Chaoslords? Diese Bezeichnung hörte ich noch nie zuvor.«
»Oh, wirklich? Nun, es sind ihre Launen, denen Ihr ausgeliefert seid. Arioch ist einer von ihnen. Vor langer Zeit fand ein Krieg statt zwischen den Mächten der Ordnung und jenen des Chaos. Letztere siegten und übernahmen die alleinige Herrschaft über die fünfzehn Ebenen und, wenn ich recht verstehe, noch viele jenseits davon. Manche sind der Meinung, daß die Ordnung restlos zerschlagen wurde, und all ihre Götter verschwanden. Sie sagen, die kosmische Waage habe sich zu sehr nach einer Seite geneigt, deshalb sei die Welt solcher Willkür unterworfen. Sie behaupten, die Welt sei einmal eine Kugel gewesen, keine Scheibe. Nun ja, ich muß zugeben, das ist wirklich schwer zu glauben.«
»Einige Vadhagh-Legenden erzählen auch, daß sie einst eine Kugel gewesen sei.«
»Aye. Die Vadhagh hatten ihren Ursprung, kurz bevor die Ordnung verbannt wurde. Darum hassen die Schwertherrscher die alten Rassen auch so sehr. Es sind nicht ihre Geschöpfe. Aber die großen Götter dürfen nicht allzu direkt in die Belange der Sterblichen eingreifen, darum bedienen sie sich hauptsächlich der Mabden.«
»Ist das die Wahrheit?«
»Es ist eine Wahrheit«, Hanafax zuckte die Schultern. »Ich kenne auch andere Versionen. Aber ich bin mehr geneigt, diese zu glauben.«
»Jene großen Götter - meint Ihr damit die Schwertherrscher?«
»Aye. Die Schwertherrscher und andere. Dann gibt es noch die mächtigen alten Götter, für die all die Myriaden von Ebenen der Erde nicht mehr als ein winziges Steinchen in einem riesigen Mosaik sind.« Wieder zuckte Hanafax die Achseln. »Dies ist die Kosmologie, die man mich lehrte, als ich Priester war. Ich kann nicht für ihre Wahrheit bürgen.«
Corum runzelte die Stirn. Er blickte wieder nach unten und sah, daß sie nun eine öde, gelbe und braune Wüste überquerten. Diese mußte Dhroonhazat sein, das völlig wasserlos war.
Durch eine Schicksalsfügung näherte er sich nun schneller dem Schwertritter, als er erwartet haben konnte.
Oder war es gar keine Schicksalsfügung?
Es wurde immer heißer. Der Sand unter ihnen flimmerte und tanzte. Hanafax fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Wir kommen gefährlich nah ans Flammenland heran, Prinz Corum. Seht!«
Am Horizont erblickte Corum eine dünne flackernde Linie roten Lichtes. Auch der Himmel darüber war feurig gefärbt.
Immer schneller näherte der Drachen sich ihr, und die Hitze wuchs. Zu seinem Staunen erkannte der Vadhagh, daß ein Flammenwall sich vor ihnen erhob, der sich, so weit sie sehen konnten, in beide Richtungen erstreckte.
»Hanafax, wir werden bei lebendem Leib geröstet«, murmelte er.
»Es sieht so aus.«
»Gibt es denn keine Möglichkeit, Euren Drachen zu wenden?«
»Ich habe es oft genug versucht. Es ist nicht das erste Mal, daß er mich von einer Gefahr in eine noch viel schlimmere trug.«
Der Feuerwall war nun so nahe, daß Corum vermeinte, sein Gesicht würde bereits von Flammen versengt. Er hörte das Feuer knistern und prasseln, doch schien es sich allein von der Luft zu nähren.
»Aber das verstößt doch gegen jegliches Naturgesetz«, keuchte er.
»Tun das nicht alle Zauberkräfte?« Hanafax grinste schwach. »Das ist Chaos' Werk. Schließlich ist die Zerstörung natürlicher Harmonie sein Bestreben.«
»Ah, diese Zauberei. Es macht mich krank, nur davon zu hören. Ich begreife ihre Logik nicht.«
»Kein Wunder, sie kennt keine Logik. Sie ist eigenmächtig. Die Lords des Chaos sind die Feinde der Logik, die Gaukler der Wahrheit, die Schöpfer eigenwilliger Schönheit. Es würde mich nicht erstaunen, wenn sie dieses Flammenland aus einem rein ästhetischen Impuls heraus kreiert hätten. Schönheit eine sich stetig verändernde Schönheit - dafür leben sie.«
»Es ist eine infernalische Schönheit.«
»Ich glaube nicht, daß für die Lords des Chaos Begriffe wie gut oder böse, oder in diesem Fall infernalisch, wie Ihr es nennt, überhaupt eine Bedeutung haben.« »Die möchte ich sie jedoch recht gern lehren.« Corum wischte sich die Schweißtropfen aus dem Gesicht.
»Und damit ihre ganze Schönheit vernichten?«
Corum warf Hanafax einen mißtrauischen Blick zu. War der Mabden auf der Seite des Schwertritters? Hatte er ihn vielleicht nur in eine
Weitere Kostenlose Bücher