Corum 01 - Der scharlachrote Prinz
wußte nun, daß er die Flammenlandkrieger zu demselben entsetzlichen Geschick verdammt hatte wie zuvor die Ragha-da-Kheta.
Auf den glatten glänzenden Felsen, die von Lavabächen durchzogen waren, tobte die gespenstische Schlacht. Die Klauenkeulen zerfetzten die allesverdeckenden Umhänge der Reiter und enthüllten die Gesichter, deren Aussehen so unsagbar vertraut war.
»Halt!« brüllte Corum. »Halt! Genug des Tötens!«
Temgol-Lep richtete seine glanzlosen Augen auf Corum. Eine Lanze stak durch den Körper des toten Königs, aber er schien dessen nicht gewahr zu sein. Seine toten Lippen bewegten sich. »Dies ist unsere Belohnung, Herr! Wir müssen bis zum Ende kämpfen.«
»Aber es sind doch Vadhagh! Sie sind wie ich. Es sind Männer meiner eigenen Rasse!«
Hanafax legte einen Arm um Corums Schulter. »Jetzt sind sie schon alle tot, Prinz Corum.«
Aufschluchzend rannte Corum zu den Gefallenen und betrachtete ihre Gesichter. Sie hatten alle die gleichen langen Schädel, die gleichen großen mandelförmigen Augen und die gleichen spitzen Ohren wie er.
»Wie kamen die Vadhagh hierher?« wunderte sich Hanafax.
Tempol-Lep zerrte die Leichen hinweg, unterstützt von zweien seiner Gefolgsleute. Die Schuppentiere sprengten auseinander. Manche wateten ohne Schaden zu nehmen durch die Lavabäche.
Durch das Auge Rhynns sah Corum die Ragha-da-Kheta ihre Belohnung in die Höhle schleppen. Schaudernd legte er den Schutzschild wieder um. Von ein paar Waffen, Gewandfetzen und Rüstungsteilen und den verschwindenden Reittieren abgesehen, war nichts von den Vadhagh des Flammenlandes geblieben.
»Ich habe Männer meiner Art gemordet«, rief Corum qualvoll. »Ich habe sie zu einem schrecklichen Schicksal in jener Unterwelt verdammt!«
»Es liegt im Wesen der Zauberei, daß sie sich unerwartet gegen den Hexer wendet. Wie ich schon sagte, sie ist eine sehr eigenwillige, willkürliche Kraft.«
Corum wirbelte herum. »Stoppt Euer leeres Geschwätz, Mabden. Versteht Ihr denn nicht, was ich getan habe?«
Hanafax nickte düster. »Aye. Aber es läßt sich nicht mehr ungeschehen machen. Und es rettete unser Leben.«
»Nun habe ich zu allem anderen auch noch Brudermord begangen.« Corum sank auf die Knie und ließ sein Schwert zu Boden fallen. Er weinte.
»Wer weint da?«
Es war eine Frauenstimme. Eine Stimme voll tiefer Trauer.
»Wer weint um Cira-an-Venl, das Land, das nun von den Flammen beherrscht wird? Wer entsinnt sich seiner grünen Wiesen und seiner sanften Hügel?«
Corum blickte auf und erhob sich. Hanafax starrte bereits auf die Erscheinung auf dem Fels über ihnen.
»Wer weint da?«
Die Frau war alt, aber ihr Gesicht trotz der tiefen Linien immer noch schön. Doch Grimm und unnatürliche Blässe entstellten es. Ihr graues Haar umgab sie wie eine Gloriole. Sie trug einen roten Umhang, ähnlich dem der gefallenen Krieger, und wie diese saß auch sie auf einem gehörnten Schuppentier. Sie war eine Vadhagh und wirkte schwach und zerbrechlich. Wo einst ihre Augen gewesen, starrten ihm zwei tiefe verschleierte Schmerzensteiche entgegen.
»Ich bin Corum Jhaelen Irsei, Lady. Warum seid Ihr blind?«
»Ich bin blind, weil ich es so wollte. Um nicht mehr sehen zu müssen, was aus meinem Land geworden ist, riß ich mir die Augen aus dem Kopf. Ich bin Oorese, Königin von Cira-anVenl und zwanzig Untertanen.«
Corums Lippen waren ausgedörrt. »Ich habe Eure Untertanen getötet, Lady. Darum weine ich.«
Kein Muskel zuckte in ihrem Gesicht. »Sie waren zum Tode verdammt«, sagte sie mit klangloser Stimme. »Es ist besser für sie tot zu sein. Ich danke Euch, Fremder, daß Ihr sie befreit habt. Es wäre gut, wenn Ihr auch mich erlöstet. Ich lebe nur, um die Erinnerung an Cira-an-Venl aufrechtzuerhalten.« Sie überlegte. »Warum benutzt Ihr einen Vedragh-Namen?«
»Ich bin ein Vadhagh - Vedragh nennt Ihr sie? - Ich komme aus den Landen des Südens.«
»So zogen die Vedragh also wirklich südwärts. Und ist es ein schönes Land?«
»Ein sehr schönes Land.«
»Und sind sie glücklich, Prinz Corum im scharlachroten Mantel?«
»Sie sind tot, Königin Oorese. Sie sind tot!«
»Alle tot? Alle, außer Euch?«
»Und Euch, o Königin.«
Ein schmerzliches Lächeln zog über ihre Lippen. »Er sagte, wir würden alle sterben, wo immer wir auch lebten, auf welcher Ebene wir auch immer existierten. Aber es gab noch eine weitere Prophezeiiung - daß unser Tod auch den seinen zur Folge haben würde. Doch er zog es vor,
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