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Coruum Vol. 1

Coruum Vol. 1

Titel: Coruum Vol. 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael R. Baier
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Hoffnungslos. Meine Beinmuskulatur brannte vor vergeblicher Anstrengung. Die Logik und die Systeme meines Exors waren vollständig abgestürzt.
    Ich torkelte langsam aufrecht an der Decke des oberen Brückendecks entlang. Schwerkraftwellen rollten durch mich hindurch und erzeugten eine Übelkeit, wie ich sie seit meinen ersten Tagen der Freifallausbildung nicht mehr erlebt hatte. Mein Herzschlag raste und kalter Schweiß klebte auf meinem Körper. Ich musste mich übergeben.
    Das rote Licht der Notbeleuchtung stabilisierte sich auf schwacher Leistung. Ein erster Hoffnungsschimmer. Ich hörte wimmernde Schmerzenslaute durch das dumpfe Pfeifgeräusch in meinen Ohren.
    Ein zunehmendes Druckgefühl zu beiden Seiten meines Halses signalisierte mir, dass ich und die anderen eine hohe Strahlendosis abbekommen hatte. Meine Sirrusdrüsen schwollen weiter, als sie ihre Arbeit aufnahmen und die Strahlung langsam aus meinem Körper absorbierten.
    Trübe erinnerte ich mich im Nebel meiner Benommenheit an die Notentriegelung des Anzugs. Krampfhaft versuchte ich mit meiner linken Hand den Zughaken im Handschuh zu erwischen. Ich hatte ihn noch nie im Ernstfall benutzen müssen. Das Training hatte ich nicht allzu ernst genommen. Warum auch?
    Wenn der Exor ausfiel, war das in der Regel ein sicheres Anzeichen für eine äußerst tödliche Umgebung. Niemand kommt dann auf die Idee, den Anzug zu verlassen. Man bleibt liegen, bis einen jemand abholt – oder die Luft zu Ende ist.
    Ein schriller Warnton riss mich aus der Lethargie.
    »Aktivierung von zwanzig Prozent Schwerkraft in zehn Sekunden!« Die Stimme übertönte alles und begann anschließend den Countdown zu zählen. Ich versuchte krampfhaft, mich erneut zu orientieren. Meine Augen waren verklebt und brannten höllisch. Ich drehte meinen Kopf so weit es ging. Im schwachen Rotlicht war nicht klar zu erkennen, ob ich noch über dem Boden des Oberdecks schwebte oder schon im freien Raum über den ausgefallenen Navigations-Hologrammen.
    Zwanzig Prozent Schwerkraft würden mich langsam und stetig nach unten ziehen, aber deutlich schneller als eine Feder. Ich musste unbedingt die träge Masse des Anzugs loswerden. Sie würde bei einem ungebremsten Sturz auch bei geringer Geschwindigkeit nicht viel von meinem Kopf übriglassen, sollte ich falsch aufkommen.
    Dann fand meine Hand endlich die Entriegelung. Mit einem leisen Klicken sprang der Exor auf. Ich hatte gerade noch die eine Sekunde Zeit, die ich benötigte, um mich zu orientieren, die Beine anzuziehen und mich aus meinen Stiefeln und Handschuhen abzustoßen. Dabei nutzte ich die Masse des Anzugs für einen Zeitlupensalto rückwärts. Ich schaffte es nicht ganz.
    Die Schwerkraft kam schlagartig zurück.
    Ich stürzte einen halben Meter neben dem Geländer zu Boden und verstauchte mir dabei ein Handgelenk.
    So viel Glück muss man erst einmal haben!
    Andere hatten es nicht. Mein Anzug schlug eine Armlänge von mir entfernt schwer auf dem Deck auf und riss das Geländer aus der Verankerung. Ich sah meinen Glücksvorrat zügig schwinden.
    Ein unvergessliches Geräusch von auf dem Deck aufklatschenden Körpern, Blutlachen und anderen Flüssigkeiten erzeugte neue Übelkeit in mir. Ich drückte mich gegen die brutale Schwerkraft mit äußerster Kraft vom Boden hoch und sah mich mit einem geöffneten Auge um.
    Etwas Warmes lief mir über die Wangen und tropfte vom Kinn und der Nasenspitze. Ich sah auf den Fußboden. Mein Blut.
    Das waren deutlich mehr als zwanzig Prozent Schwerkraft. Das waren mehr als die vollen einhundert Prozent. Das waren mehr als zweihundert Prozent. Die Schwerkraft schwankte immer noch. Offenbar funktionierte hier einiges noch nicht wieder so, wie es sollte.
    Ich legte mich lang hin und rollte mich vorsichtig auf den Rücken. Das Atmen fiel mir schwer, mein Kopf dröhnte. Langsam pendelte sich die Schwerkraft auf ein normales Maß ein. Mein Herzschlag beruhigte sich. Die Luft stank.
    Die Schreie waren wieder lauter geworden. Lumidor lag längs an einer Wand, gute zwanzig Meter von mir entfernt. Sein Exor war geschlossen. Als ich ihn ansah, bewegte er leicht seinen Kopf und öffnete den Mund zu einem blutigen Grinsen. Eine Last fiel von mir ab.
    Auf der anderen Seite des Decks saß Ambre El’Sadooni auf dem Boden. Blut lief ihm aus Ohren und Augen. Wie für die Truppen von Z-Zemothy typisch, war sein Körper bis oben hin mit Bio-Hardware vollgestopft. Das meiste davon war jetzt mit Sicherheit Asche. Er musste in

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