Cosa Mia
keine Zweifel.
„Aber Papa, sie sind immer gut zu mir und würden mir nie
etwas tun.“
„Woher willst du das wissen? Denkst du, sie würden dir
vertrauen, glaubst du, sie würden dich im Ernstfall beschützen? Und was ist mit
ihren Feinden, denn die gibt es, willst du dich mit einer Kanone von ihnen
bedroht sehen?“ Mein Vater war wirklich wütend.
Ich fand es unmöglich, was mein Vater behauptete. Ich
glaubte, dass sie mich beschützen würden und hoffte es.
Die Castellis und Feinde? Vielleicht gab es ja ein paar, aber
deshalb gleich einen Aufstand machen? Das verstand ich nicht.
„Sie helfen mir und ich mag sie, Don Sabatino Di Castelli
ist wie ein...zweiter Onkel für mich! Wenn er mit dir reden würde, dann würdest
du sicher verstehen...“
„Nein, nichts würde ich verstehen! Und ich würde mich auch
nicht mit ihm unterhalten!“, gab mein Vater mit zornerfüllten Gesicht zurück.
Das war zu erwarten. Was sollte denn so schlimm daran sein, dass ich mit ihnen
Umgang hatte, genau das Gegenteil schien einzutreffen, ich fühlte mich bei
ihnen wohl und sicher und lernte die schönen Dinge des Lebens kennen. Und ich
war Sabatino verfallen, ja so war es.
„In Ordnung, ich werde vorsichtig sein, ich verspreche es,
ich werde kein dummes Fischlein sein. Und ich werde mich die nächsten Tage
gleich auf Arbeitssuche machen. Jetzt bin ich aber noch verabredet.“ Damit war
es für mich erledigt. Meine Mutter lächelte dünn: „Pass bitte auf dich auf.“
„Ja, Mama.“ Dann war ich verschwunden. Ich polterte gereizt
das Treppenhaus hinunter.
Ich ging auf die Straße, die Sonne ging gerade unter und die
Frauen holten ihre Leinen voll Wäsche ein, die sie über die engen Gassen, von
einem zum anderen Fenster gespannt hatten. Es war Ende Mai, die Nächte waren
warm und ab und zu auch noch feucht. Eigentlich sollte ich ja in die Villa
kommen, wo man mit mir auf meinen Geburtstag anstoßen wollte, den ich bereits
vor einer Woche hatte, aber mein Kopf war noch ganz voll von dem Gespräch mit
meinem Vater und ein wütend war ich auch, so dass ich einen anderen Weg
einschlug, ziellos umher lief und nachdachte.
Ich musste Sabatino und die anderen unbedingt fragen, woher
die Vorurteile und die Beschuldigungen der Leute kamen, aber auch die Angst.
Ich wollte wissen, warum sie so reich und so mächtig waren. Und ob es Feinde
gab, die gefährlich waren. Und ich musste auf Jobsuche gehen. Ob sie mir helfen
konnten? Und dann dieses Gesicht von meinem Vater, er schien sehr enttäuscht zu
sein, dass ich sein Handwerk nicht erlernte. Und dann hatte er schon einen
anderen gefunden!
Irgendwie kränkte mich das, aber andererseits hatte ich ihn
durch mein Verhalten auch gekränkt, vielleicht sogar all die Jahre hindurch,
weil ich so selten bei ihm in der Werkstatt gewesen war.
Ich sah mich vor einem riesigen Haufen wirrer Gedanken und
Probleme stehen, der über mich einzustürzen drohte und dann war da auch eine
Kraft, die mich trotzdem nach vorn drängte, hinein ins Ungewisse.
„Hey, Paolo, Junge!“ Reifen kamen abrupt vor mir zu stehen.
Na so etwas, der Cabriolet von meinem Lieblings...! Sein Timing war
stellenweise unheimlich.
„Und ich dachte schon, ich würde zu spät kommen. Und nun sehe
ich dich die völlig verkehrte Richtung laufen, stimmt was nicht?“
Sollte ich glücklich sein, dass er mich gefunden hatte mit
seinem untrüglichen Jägerinstinkt? Ich trat an seine Tür und blickte ein wenig
verlegen, ich wusste nicht recht, ob ich ihm von meinen kleinen Problemen
erzählen sollte und ihn um Hilfe fragen sollte. Immer kam er, wahrlich wie ein
Dämon, zur rechten Zeit! Sabatino setzte wieder diesen Blick auf, der bis zum
Grund meiner Seele zu schauen schien.
„Na steig schon ein!“ Ich setzte mich neben ihn, er fuhr
selbst, das tat er meist nur mit diesem Auto und was gab es Schöneres, als
einen Jaguar? Dabei wechselte er auch oft die Autos, die natürlich nie auf
seinen Namen zugelassen waren, wegen der Sicherheit, erklärte er mir. Aber er
fuhr nicht zur Villa, sondern wendete reifenquietschend und raste die Straße
lang, die aus der Stadt führte und auf der ich mich vorher befunden hatte.
Die gut befestigte Landstraße schlängelte sich durch die
vielen Felder und wirkte wie eine schwarze Spur, unwirklich zwischen den
Feldern und Olivenhainen, so als ob ein mit schwarzer Tinte getränkter Finger
durch die sommerliche Landschaft gefahren wäre. Der Abendwind aber roch
herrlich, er war lau und
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