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Cosm

Cosm

Titel: Cosm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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hin.
    Wer solche Ereignisse für bare Münze nahm und sich die Chance erhoffte, einem leibhaftigen Präsidenten zu begegnen und seine Botschaft zu hören, der mochte den Blickwinkel des Fernsehzeitalters als herzlos empfinden. Die Zuschauer bekamen gewöhnlich nur den Rücken der Reporter, Polizisten und Kameraleute zu sehen. Das Wunder der Logistik wurde für die Kameras gewirkt, nicht für das menschliche Auge.
    Soweit Alicia die Männer vom Secret Service identifizieren konnte, steckten sie klischeegerecht in dunklen Anzügen, die ihre athletischen Körper wie Wurstpellen umspannten. Sie kümmerten sich nur um die Elite der UCI, ihr nickten sie allenfalls zu wie einer Schaufensterpuppe. Die Regieanweisung lautete: »Ma’am, der Präsident kommt von dieser Seite, Sie begrüßen ihn, wir steigen in die Autos, fahren hinauf in Ihr Labor, Aufenthalt dort fünfzehn Minuten, dann die Presse, dann …« – eine feste Wendung, mit Höchstgeschwindigkeit heruntergeschnurrt – »ist-die-Zeit-leider-abgelaufen-bedaure-sehr.«
    Die städtische Polizei war vollzählig und in feldmarschmäßiger Ausrüstung ausgerückt: Pistolenhalfter, Totschläger, Mobiltelefone, schwarze Gummiknüppel, Handschellen, Munition, Strafmandatsblöcke und Kameras hingen wie Bleigewichte an den Gürteln. Reporter und Fernsehtechniker in Jeans, Holzfällerhemden, derben Quadratlatschen und Reißverschlußjacken mit abenteuerlichen Logos auf dem Rücken saßen scharenweise herum oder rannten unermüdlich hin und her. Dann fuhren die Limousinen vor, und der langersehnte Moment war da.
    Der Präsident war kleiner, als Alicia ihn sich vorgestellt hatte. Wie ein Schiff, das in den Hafen einläuft, glitt er durch die Menge, seine Würde war passiv und lag nur im Auge des Betrachters. Große Politiker schnitten bei Meinungsumfragen besser ab als kleine, aber daß er nicht einmal ihre eins fünfundsiebzig erreichte, hätte Alicia doch nicht erwartet. Unter dem Sirren der Kameramotoren und dem durchdringenden Blick der Linsen, die wie Stielaugen aus der Schar der Fernsehleute hervorstarrten, schüttelte man sich die Hand und tauschte Artigkeiten aus.
    Die Präsidium der UCI erbebte wie ein Baum, der vom ersten Hauch eines Hurrikans gestreift wird, als der Träger einer so gewaltigen Machtfülle selbstvergessen vorüberzog. Im Alltag herrschten diese Männer mehr oder weniger wohlwollend über das Lehrpersonal, das wiederum die Geschicke der Studenten lenkte, doch hier … Alicia sah den Kanzler schlucken – Furcht oder Ehrfurcht? –, als er von dieser Urmacht berührt wurde; so etwas hatte man noch nie erlebt, es war überwältigend, so umwerfend wie ein drastischer Wettersturz.
    »Sie haben phantastische Arbeit geleistet«, lobte der Präsident, als sie das Observatorium betraten. Alicia hatte zwischen den Diagnostiken eine Gasse freigemacht.
    »Wir befinden uns noch immer im Anfangsstadium«, sagte Alicia vorsichtig.
    »Ich wollte mir zuerst die Kugel auf Long Island ansehen, aber meine Leute sagten, sie könnte gefährlich sein. Und Sie waren schließlich die erste, nicht wahr?«
    »Ja, Sir. Und da ist die Kugel.«
    Alicia hatte zusammen mit Zak – auch Max hatte mit angepackt – den U-Magneten nach vorne geschoben, um den Cosm möglichst vorteilhaft zur Geltung zu bringen. Nun wurde das Licht gelöscht, und der Präsident blieb, bewacht von zwei Agenten des Secret Service, die sich im Hintergrund hielten, wie angewurzelt stehen, bis sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten und den leuchtenden Globus in seiner ganzen Pracht zu erfassen vermochten. Dann zeigte er sich beeindruckt und stellte die üblichen Fragen. Dabei stellte sich heraus, daß er den Cosm für ein vollständiges Universum hielt, das er jederzeit in beide Hände nehmen konnte; es war nicht leicht, ihm begreiflich zu machen, daß er statt dessen durch ein dreidimensionales Fenster in ein wirklich gigantisches, in einer anderen Raumzeit existierendes Universum schaute. Alicia war erstaunt, wie schlecht man ihn informiert hatte. Sicher, für ihn war das heute nur einer von fünf Terminen, aber trotzdem …
    »Glauben Sie, es wird so wie das unsere?« fragte der Präsident.
    »Sie meinen, ob dort Leben entstehen kann? Das wissen wir nicht, und wir werden es wahrscheinlich auch nie erfahren.«
    »Aber die Sterne können Sie doch studieren?«
    »O ja.« Sie konnte es nicht lassen, ein ›Sir‹ hinzuzufügen. Dann zeigte sie ihm die Hochgeschwindigkeitsaufnahmen der kirschroten,

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