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Cosm

Cosm

Titel: Cosm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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können wir dann nicht einfach durchgehen? Und warum schießt die Glutmasse im Innern des Sterns auf unserer Seite nicht heraus?«
    Max nickte und warf die Kreide auf die Ablage. »Muß wohl mit dem Material zu tun haben. Wir wissen nur, daß ein Wurmloch, falls es überhaupt existieren kann, von einem ziemlich exotischen Material offengehalten werden muß. Daher auch der Gezeiteneffekt. Vielleicht läßt dieser Stoff nur Licht durch, aber keine gewöhnliche Materie.«
    »Hmm.« Alicia wollte nicht unhöflich sein. »Klingt immer noch so, als würden wir für jeden Schritt eine eigene Erklärung erfinden.«
    »Stimmt genau«, sagte Max grinsend. »Erst erfinden, dann überprüfen. Das ist hier wirklich die einzig mögliche Vorgehensweise.«
    Brad machte ein finsteres Gesicht. »Sehr viel klüger sind wir nicht geworden.«
    »Ich überlege gerade, ob wir es nicht auch mit einer Gravitationsverschiebung zu tun haben«, sagte Max. Brads Sarkasmus schien ihn noch immer nichtzu stören. »Sie erwähnten anfangs, Sie hätten eher an eine Rotverschiebung geglaubt als an eine Abkühlung.«
    »Davon sind wir wieder abgekommen. Ich denke, es handelt sich doch um eine Abkühlung«, sagte Alicia vorsichtig. Allmählich flogen ihr die Ideen doch etwas zu schnell um die Ohren.
    Sie erinnerte sich schwach, daß das Licht, wenn es von der Erde zum Mond aufstieg, röter wurde. Man hatte den Effekt mit Lasern gemessen. Das Licht wurde müde, hatte sie immer gedacht, das stimmte natürlich nicht, war aber eine gute Eselsbrücke. Falls sich das andere Ende des Wurmlochs tatsächlich tief im Innern eines Sterns befinden sollte, dann müßte das Licht auf dem Weg hierher einen steilen Gravitationshang überwinden und erschiene den Instrumenten entsprechend energieärmer. Sie versuchte, sich das bildlich vorzustellen, aber es gelang ihr nicht.
    »Schon möglich, schon möglich … ich muß allerdings zugeben« – Max kritzelte schon wieder neue Symbole an die Tafel –, »daß die Rechnung nicht ganz aufgeht. Die Sache ist nämlich die, für eine Gravitationsverschiebung dieser Größenordnung müßte man sich in der Nähe eines Schwarzen Lochs befinden. Eine ungeheuer stark komprimierte Masse auf dem Grund eines steilen Gravitationsschachts. Ein gewöhnlicher Stern genügt da nicht mehr.«
    »Warum, in aller Welt, setzen wir dann gerade auf diese Idee?« fragte Alicia.
    Max zuckte die Achseln. »Eine Theorie braucht nicht richtig zu sein. Es genügt, wenn sie interessant ist.«
    Alicia hatte diese geschmäcklerische Art der Wissenschaftsbetrachtung immer verabscheut, aber sie verstand, daß er damit nur seine Bedenken verharmlosen wollte. »Also her mit den Zahlen«, sagte sie. »Was brauchte man für eine gravitationelle Rotverschiebung von – wie war noch Zaks Wert?«
    »Zwei Prozent der Lichtgeschwindigkeit«, sagte Brad. »Verdammt große Verschiebung.«
    »Dazu wäre … hmmm … etwa die zehntausendfache Masse unserer Sonne erforderlich.« Max berechnete das Ergebnis und unterstrich es.
    »Angeblich befindet sich doch ein Schwarzes Loch im Zentrum unserer Galaxis?« fragte Alicia.
    »Es soll die Masse von ein paar Millionen Sonnen haben«, sagte Max. »Ob unser Wurmloch vielleicht dort mündet?«
    »Klingt ziemlich fragwürdig.«
    »Ja.« Diesmal warf Max die Kreide so heftig auf die Ablage, daß sie in zwei Stücke zerbrach. »Wir haben wahrhaftig Probleme.«
    Alicia deutete auf ein Blatt Papier, eine Kopie aus den Cavendish Laboratories in Cambridge, die halb vergessen über einer ratternden Vakuumpumpe an der Wand hing. Der Text war in altertümlichen Lettern geschrieben und lautete:
     
    I. Du sollst die Themen deiner wissenschaftlichen Forschung nicht danach auswählen, was gerade modern ist.
    II. Du sollst niemals den Spott der Theoretiker fürchten.
    III. Willst du Dinge sehen, die niemand je gesehen hat, dann suche dort, wo niemand je gesucht hat.
     
    »Diese Gebote sind fast hundert Jahre alt, aber sie gelten noch immer.« Sie sah Brad an. »Man kann sie auch umkehren – du sollst nie einen Theoretiker verspotten, nur weil er nicht alles erklären kann.«
    »Hm, danke.« Max warf einen Blick auf die Kugel. »Scheint stabil zu sein …«
    »Aber?«
    »Zum Aufbau eines durchlässigen Wurmlochs dieser Größe braucht man eine ganze Menge exotischer Materie, etwa so viel wie die Masse des Jupiter.«
    »Du meine Güte.«
    »Dennoch kann die Gesamtmasse des Wurmlochs gegen Null gehen.« Er wandte sich an Brad und erklärte

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