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Cosm

Cosm

Titel: Cosm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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muß doch aufgeleuchtet haben«, sagte Max.
    Alicia wußte sofort, was er sagen wollte. »Und das ist Brad bestimmt aufgefallen, selbst wenn er hier drin war und sich nur die digitalisierten Bilder angesehen hat. Also ist er unter die Lichtschutzhaube geschlüpft, um einen Blick auf die Kugel zu werfen.«
    »Neugierig, wie er war, ist er wahrscheinlich ganz dicht rangegangen«, sagte Max.
    »Anstatt mich zu rufen.«
    Alicia verstand vollkommen. Jeder Forscher kannte den magischen Moment, den kurzen Blick ins Herz derRealität. Oft wurde er einem in einer stillen Stunde beschert, wenn man ganz allein und ungestört war. Sie hatte solche Augenblicke selbst erlebt und niemals vergessen. Brad hatte in den letzten Sekunden seines Lebens ein einmaliges, ein phantastisches Phänomen beobachten dürfen. Er war als Wissenschaftler gestorben, es war kein Unfall gewesen, er war der Gefahr zum Opfer gefallen, die mit dem Unbekannten nun einmal untrennbar verbunden war. Ein Schauer überlief sie.
    Lange saßen sie so da. Endlich stand Max auf und flüsterte: »Was wollen Sie – äh … wir – den Leuten da draußen sagen? Man wartet auf uns.«
    Sie seufzte. Der Zauber war gebrochen. Die Physik und ihre Rätsel hatten sie ein wenig abgelenkt, ihr eine Atempause verschafft. Nun mußte sie hinausgehen und sich Onells, Lattimers und Detective Sturges’ Fragen stellen.
    »Eine Minute noch. Warum überlassen eigentlich alle dem Detective die Ermittlungen?«
    »Die Mord-Untersuchung hat Vorrang«, sagte Max düster.
    »Sie glauben …?«
    »Die Polizei hat einen Verdacht. Und deshalb schnüffelt sie herum.«
    »Bin ich die Verdächtige?«
    Er zuckte die Achseln. »Es ist Ihr Labor.«
    »Das ist verrückt!«
    »Klar, aber die Kerle gehen systematisch vor. Bisher ist alles noch Routine.«
    »Ich bin neugierig, was sie zu der Sache mit der Wasserstofflinie sagen werden.«
    »Sie werden technisches Versagen annehmen«, erklärte Max voll Zuversicht, nur um sofort ein: »Hoffentlich« hinzuzufügen.
     
    Sie zog sich aus und warf ihre Kleider in den Schmutzwäschekorb. Als sie, schon halb im Schlaf, ihrHaar herunterließ, stieg ihr plötzlich ein stechender Brandgeruch in die Nase.
    Sie ging sofort unter die Dusche und wusch sich den Kopf, aber der verdammte Geruch war auch nach dem Fönen noch da. Erst nachdem sie noch zweimal geduscht und das Shampoo zehn Minuten lang hatte einwirken lassen, bemerkte sie ihn nicht mehr. Aber da sie sich nach Kräften bemüht hatte, ihn aus ihrer Erinnerung zu tilgen, konnte sie nicht ganz sicher sein, ob er auch wirklich verschwunden war.
    Inzwischen war es weit nach Mitternacht, und sie vermied es, die letzten Stunden noch einmal Revue passieren zu lassen. Nachdem sie mit Max aus der Spektroskopkabine gekommen war, hatte sie nur einen guten Rat erhalten, und den ausgerechnet von einem UCI-Anwalt, den Vizekanzler Lattimer hatte rufen lassen. »Sagen Sie gar nichts«, hatte er ihr zugeflüstert, »aber tun Sie es so, daß es möglichst überzeugend klingt.«
    Sie nahm zwei von den Schlaftabletten, die irgendein Typ ihr einmal verschrieben hatte. Sie hatte sein Gesicht nur noch undeutlich vor Augen, obwohl sie vor vier Jahren mehrmals mit ihm ausgegangen war. Mit ihm hatte sie zum ersten Mal erlebt, daß es nichts änderte, wenn man einen Mann schon beim Kennenlernen sympathisch fand. Die Beziehung konnte trotzdem ganz schnell, etwa nach einem häßlichen Streit in einem Restaurant, unwiderruflich zu Ende sein. Immerhin hatte sie noch die Tabletten, das war mehr, als ihr von den anderen – sehr, sehr wenigen Männern – geblieben war.
    Leider wirkten die Tabletten überhaupt nicht, und sie wagte nicht, noch eine weitere zu nehmen, denn davor hatte sie der Typ vor vier Jahren ausdrücklich gewarnt.

 
    3 Der folgende Tag war die reine Hölle, nur hätte sie sich die Hölle niemals so vorgestellt.
    Schon durch die Physikvorlesung kämpfte sie sich wie durch zähen Schlamm. Dann wollte sich der Sicherheitsausschuß des Campus ihr Labor ansehen. Anschließend wurde sie von weiteren Abordnungen verschiedener Auswüchse der Universitätsbürokratie mit Fragen gelöchert, auf die sie nur kläglich wenige Antworten hatte. Jede Gruppe verlangte Kopien von Laborbuchseiten, Computerdateien, Ausdrucken; der Drang zu dokumentieren, Unterlagen anzuhäufen, zu beweisen, daß man konkrete Schritte unternommen hatte, war offenbar überwältigend stark.
    Als nächstes stand ein Treffen mit dem Fachbereichsvorsitzenden

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