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Cosm

Cosm

Titel: Cosm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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Schwarzenorganisation, die unbedingt zu allen politischen Kundgebungen mit den ›Waffen ihrer Vorfahren‹ erscheinen wollte, weil diese angeblich ein hohes Kulturerbe darstellten und damit über jede Kritik erhaben seien. Tom Butterworth (von seinen Feinden natürlich als ›Onkel Tom‹ geschmäht) hielt dagegen, ein Speerverbot sei wohl kaum als Angriff gegen eine bestimmte Kultur zu werten, wenn die Träger von echten Speeren keine Ahnung hätten und allenfalls vorne und hinten auseinanderhalten könnten. Als die Serie in Buchform erschien, bekam sie den Pulitzerpreis. Seither verdiente Tom Butterworth als Vertreter der neuen, freiheitlichen Linken (ein Oxymoron, das er aber nie beanstandete) und als Gesellschaftskritiker und gelegentlich auch als Ratgeber der Mächtigen seinen Lebensunterhalt damit, daß er Urteile fällte. Und ein fachmännisches Urteil war das, was seine Tochter jetzt brauchte.
    Solche Gedanken verdüsterten Alicias Stimmung, bis sie unweit ihrer Wohnung einen Strandspaziergang machten. Dieses herrliche Stück Erde machte es einem schwer, sich zu konzentrieren. Die vielen faul herumliegenden Sonnenanbeter täuschten, die idyllischen Buchten waren ein einziges Schlachtfeld. Unermüdlich schweiften die Blicke und stellten Vergleiche zwischen schmalen Hüften, schwellenden Brüsten und Waschbrettbäuchen an. Nackte Körper schrien nach Beachtung. Überall räkelten sich die eifrigen Jünger jenes neuen Narzißmus, für den Gesundheit ein buntverpacktes Konsumgut war, das sich jeder kaufen konnte: Schönheitschirurgie und Diät gegen die lästigen Runzeln und Falten; Laser zur Wiederherstellung der Sehschärfe; Unmengen von Tabletten gegen Schmerzen und Energielosigkeit; raffinierte Genmanipulationen zur Beseitigung chronischer Krankheiten und zur Erzeugung perfekter Kinder. Wer schlank bleibt und gesund lebt, ist unsterblich. Und ihr ging das verunstaltete Gesicht auf dem Boden ihres Labors nicht aus dem Kopf …
    Sie holte ein paarmal tief Luft, dann griff sie nach der Hand ihres Vaters und stammelte in abgerissenen Sätzen die ganze, unglückselige Geschichte hervor. Er nickte verständnisvoll und murmelte gelegentlich etwas vor sich hin, aber das war auch alles. Sie hatte erwartet, daß er sofort auf den zentralen Punkt, das Universum in der Hutschachtel, anspringen würde, aber das schluckte er seelenruhig, ohne mit der Wimper zu zucken. Sie hätte ihn am liebsten geschüttelt.
    Inzwischen hatten sie den Hauptstrand hinter sich gelassen und stiegen den Abhang zum Heisler Park hinauf, um an den tief ausgewaschenen Felsbögen entlangzuschlendern. Dad hatte den Kopf in den Nacken gelegt und freute sich an den Palmen und den wechselnden Ausblicken, während Alicia unverwandt zu Boden schaute, als fürchte sie zu stolpern. Unten rasten einige Surfer im weißen Gischt auf die Felsen zu, er zuckte zusammen, als er sah, wie sie herumgeschleudert wurden, dann sagte er ruhig: »Du brauchst Bernie Ross.«
    »Wer ist das?«
    »Ein Anwalt, guter Mann, kennt sich aus mit solchen Sachen.«
    »Und was sind ›solche Sachen‹?«
    »Umgang mit den Medien. Wenn das, was du über dieses Ding sagst, auch nur zu zehn Prozent stimmt …« – er hob die Hand und lächelte, daß seine blendend weißen Zähne aufblitzten – »das soll nicht heißen, daß ich deine Qualifikation in Zweifel ziehe, mein Kind –, dann kannst du es nicht geheimhalten.«
    »Natürlich kann ich das. Solange wir nicht mehr darüber wissen, muß man uns die Chance zu einer gründlicheren …«
    »Du bekommst keine Chance.«
    »Ich denke nicht daran, etwas zu veröffentlichen oder auch nur ein Referat zu halten, bis …«
    »Zwei Wochen – bestenfalls.«
    Seine Art reizte sie plötzlich so sehr, daß sie ihre Zunge nur mit Mühe beherrschen konnte. »Das ist mein Projekt. Niemand, weder Brookhaven, noch die UCI, noch …«
    »Die UCI wirst du informieren müssen, und die wird nicht schweigen.«
    »Einem Sonderausschuß mit Schweigepflicht würde ich vielleicht Rede und Antwort stehen. Aber niemandem sonst.«
    »Erinnerst du dich noch an den Eizellenskandal an der UCI vor zehn Jahren? Wie lange hat man den vertraulich behandelt?«
    »Okay, aber wenn ich mich nicht irre, war das ein echter Skandal.«
    »Und diesmal gibt es bereits einen Toten.«
    »Ein Unfall«, sagte sie, aber ihre Stimme schwankte.
    »Kennst du den alten Spruch: Informationen streben nach Freiheit? Ein Körnchen Wahrheit steckt immer noch darin, er ist nur veraltet. Wir

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