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Cosm

Cosm

Titel: Cosm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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hatten. Die Kugel war nicht heller als die Nacht. Die Stimmen von unten waren verstummt, sie hörte nur den Regen, der auf die Bäume und auf ihre Kapuze prasselte. Alles schien den Atem anzuhalten.
    Dann kam Dave mit schmatzenden Schritten hinter ihr den Abhang herauf. »Geht klar, aber nur für eine Minute.«
    »Sehen Sie was?«
    »Äh … nein. Sollte ich das?«
    »Sie gibt kein sichtbares Licht ab. Haben Sie UV-Detektoren hier?«
    »Wir bauen gerade eine ganze Batterie von Diagnostiken auf. Anweisung des Forschungsdirektors. Keine Radioaktivität, soviel ist sicher. Das haben wir als erstes kontrolliert.«
    »Wann haben Sie gemessen?«
    »Binnen einer Stunde nach der Explosion.«
    »In der Frühphase des Universums liefen viele Kernreaktionen ab. Ich hätte nicht ausgeschlossen, daß einige Teilchen nach außen dringen und eine Restmenge zerfallender Kerne zurücklassen würden, induzierte Radioaktivität.«
    »Wir haben nichts gefunden«, drang Daves Stimme besorgt durch Nässe und Dunkelheit.
    »Das wird die Umweltschützer gnädig stimmen.«
    Dave lachte bitter. »Schon möglich.«
    »Wie lange war der Versuch gelaufen, als es passierte?«
    »Zwei Tage.«
    »Gute Uranfluenz?«
    »Ja, ein schöner Versuch.«
    »Sie hatten Glück«, sagte sie und strich im Dunkeln mit beiden Händen über die glatte Oberfläche. »Ich weiß nicht, wodurch die Größe dieses Dings, seine Erscheinungsform in unserer Raumzeit bestimmt wird, aber es scheint ziemlich empfindlich zu sein. Es hätte noch größer ausfallen können.«
    »Was, zum Teufel, ist es denn eigentlich?«
    Wahrscheinlich hatte er bisher auf Fragen verzichtet, weil er nicht wußte, wie er sich ihr gegenüber verhalten sollte. Natürlich war sie im Labor nicht gut angeschrieben, aber jetzt war sie die Spezialistin, und Brookhaven stand ziemlich dumm da.
    »Ein Universum, glaube ich.«
    »Wie bitte?«
    »Das genaue Erscheinungsbild in unserer Raumzeit hängt natürlich ganz entscheidend von den Bedingungen im Quark-Gluon-Stadium ab«, flüsterte sie vor sich hin. »Einzelheiten wie etwa die Größe innerhalb unseres Bezugssystems. Vielleicht auch die Zeitverschiebung …«
    »Ich kann Ihnen nicht folgen.«
    »Unsere Kugel ist zehn Wochen älter, aber man kann vermutlich nicht davon ausgehen, daß die Evolution hier genauso schnell voranschreitet.«
    »Was war mit Ihrem Studenten …?«
    »Ganz richtig. Sie sollten das Gelände räumen lassen.«
    »Sie meinen …?«
    »Ich weiß es nicht. Auf der anderen Seite – verdammt, das ist nicht der richtige Ausdruck, ich sage wohl besser, am anderen Ende – befindet sich ein heißes Elementarteilchenplasma, das im Moment expandiert und sich abkühlt. Das Zeug ist verdammt gefährlich. Im Laufe der Evolution kann jederzeit etwas davon durchkommen.«
    »Jeder…?«
    »Es hat etwas mit der Rekombinationsphase zu tun, dem Zeitraum, in dem sich die Atome bilden, aber warum, wissen wir nicht.«
    »Sie glauben, das Ding könnte hochgehen?«
    »Nur eine Vermutung. Trotzdem sollten wir zusehen, daß wir von hier wegkommen.«
    Sie stieg rasch die Böschung hinunter, und dabeirutschte sie im Schlamm aus und setzte sich ziemlich hart auf ihr Hinterteil. Die riesige Silberkugel in ihrem Rücken kam ihr vor wie eine Waffe, die auf sie gerichtet war.
     
    Sie blieb noch einen Tag in Brookhaven, um vor einer Gruppe von Physikern und Verwaltungsleuten zu sprechen – ohne Presse und ohne Medien. Soviel war sie dem Labor schuldig, aber sie wollte nicht Orakel spielen. Und sie wollte sich auch nicht den giftigen Blicken und den gehässigen Bemerkungen von Leuten aussetzen, die sie nicht einmal persönlich kannten, aber offensichtlich jede Menge Gerüchte über sie gehört hatten.
    Nun denn. Teilchenphysiker betrachteten sich weniger als Elite denn als Angehörige einer Priesterschaft. Der Direktor beschränkte sich bei der Vorstellung auf das Allernötigste und erwähnte nur ihre Verbindung über die UCI zu BRAHMS. »Vielleicht kann Dr. Butterworth etwas Licht in das Dunkel unseres Unfalls bringen«, sagte er und setzte sich. Die Geschworenen mögen Platz nehmen.
    Sie trat vor die Menge – der größte Hörsaal des Labors war zum Bersten gefüllt – und begann in knappen, klaren Worten mit ihrem Bericht. Sie erzählte, wie alles angefangen hatte, beschrieb, ohne irgend etwas zu beschönigen, wie sie die Kugel aus Brookhaven fortgeschafft hatte, wie sie zu den ersten, vagen Einsichten gelangt war, und so weiter.
    Die Menge begann zu murren

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