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Cosm

Cosm

Titel: Cosm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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und zu schimpfen, aber sie ließ sich nicht beirren, sondern ging über zu den ersten Experimenten und listete die rätselhaften Eigenschaften auf, die sie damals, vor einer ganzen Ewigkeit, für Zak an die Tafel geschrieben hatte. Von da an lauschte ihr das Publikum so gebannt wie einem Pilger aus einem fernen, unbekannten Land.
    Allerdings war sie so plötzlich in den Lichtkegel dieses unbegreiflichen Ereignisses, dieser völlig unerwarteten Revolution getreten, daß viele Zuhörer nicht wußten, ob sie ihr zujubeln oder sie mit Verachtung strafen sollten. Vermutlich wäre sie an ihrer Stelle genauso unschlüssig gewesen.
    Als sie zum Schwarzkörperspektrum und zur Rekombinationsstrahlung kam, lag tiefe Stille über dem Hörsaal. Brads Tod war nur ein weiterer Punkt auf der Kurve. Die Zeitverschiebung hielt sie inzwischen für mehr oder weniger gesichert, also mußte sie sich als nächstes in die Arena der Theoretiker wagen und Max’ Ideen über das Wesen der Kugeln zusammenfassen. Sie beschränkte sich jedoch auf ein paar spärliche Informationskrümel und betonte mehrmals, dies sei nicht ihr Spezialgebiet. Mit der anhaltend raschen Abkühlung und der Infrarotemission hatte sie wieder festen Boden unter den Füßen, und so beschloß sie damit ihren Vortrag. Ihre Kugel war jetzt ziemlich genau zehn Millionen Jahre alt.
    Stille. Ein paar Zuhörer begannen zaghaft zu klatschen, andere fielen ein, schließlich applaudierte der ganze Saal, und damit war die Sache entschieden. Ein berühmter Mann hatte einmal bemerkt, Applaus sei nur das Echo einer Banalität, aber das stimmte nicht, dieser Applaus war echt, und er tat ihr gut.
    Dann kamen die Fragen.
    Warum das nur bei Uranversuchen passiert sei und nicht bei Gold?
    »Vielleicht liegt es am größeren Gesamtimpuls, vielleicht auch an der ellipsoiden Form der Urankerne, an den gelegentlichen Frontalkollisionen entlang der verlängerten Achsen.«
    Wieso solche Kugeln nicht durch die kosmischen Strahlen entstanden seien, die doch im All andauernd aufeinanderprallten? Auch an der kosmischen Strahlung seien schließlich Urankerne beteiligt.
    »Erstens, woher wollen wir wissen, daß sie nicht entstanden sind? Aber vielleicht wurden unsere Kugelndurch die Bedingungen im RHIC, durch die besondere Ausrichtung der Urankerne stabilisiert. Bei zufälligen Kollisionen im interstellaren Raum könnten durchaus instabile Kugeln entstehen, aber die würden sich nicht halten.«
    Von hinten rief jemand, auch stabile Kugeln könnten zwischen den Sternen umherfliegen, wir würden es nur niemals erfahren. Und falls tatsächlich eine in unsere Atmosphäre stürzen sollte, würde sie den Aufprall mit 10 km/sek wahrscheinlich nicht überstehen. Alicia nickte und fügte hinzu: »Aber die Partie müßte in einem anderen Stadion ausgetragen werden.« Alles lächelte; sie mußte öfter daran denken, Wendungen aus der Sportsprache zu verwenden.
    Ob sie allen Ernstes glaube, das Ding sei ein Tor in eine andere Raumzeit?
    »An sich ja. Aber ich bin auch für andere Ideen offen. Bis morgen früh fällt den Theoretikern sicher eine Menge dazu ein.« Das bescherte ihr einen Lacher.
    Okay, angenommen, die Kugel sei tatsächlich ein Durchgang, in welche Art von Universum führe sie dann? Einstein-de Sitter? Minkowski?
    Sie hatte keine Ahnung. »Dr. Jalon sprach davon, die erste Kugel zu modellieren und dabei vorauszusetzen, daß sie nahe an die kritische Dichte herankomme. Dann würde sie mit der Zeit aufhören zu expandieren und sich wieder zusammenziehen. Wenn ich mich nicht irre, wäre das ein Modell der Einstein-de Sitter-Kategorie.«
    Damit gab sich der Fragesteller vorerst zufrieden. Ihre Kosmologiekenntnisse bedurften wirklich dringend einer Auffrischung. Nun stand ein bekannter Theoretiker auf und ließ sich des langen und breiten darüber aus, daß eine echte Raumzeit-Deformation wie ein Schwarzes Loch aussehen und sofort wieder verschwinden würde. Demzufolge müßten diese Kugeln etwas anderes sein.
    »Ich habe einiges über die Theorie der Wurmlöchernachgelesen, und ich denke, Sie lassen die Möglichkeit außer acht, daß ein Raumzeit-Schlund durch exotisches Material offengehalten werden könnte.« Max hatte darauf bestanden, daß sie die Aufsätze las, obwohl sie dabei fast eingeschlafen wäre; jetzt war sie ihm dankbar. »Matt Visser hat sogar ein Buch darüber geschrieben.« Mit einem Literaturhinweis zu schließen, war immer gut, denn damit unterstellte man, daß die Gegenpartei weniger

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