Cosmic Trigger
diskutieren, und das bedeutet, daß wir selbst bestimmen, wo sich die Körper in der Raum-Zeit befinden und welcher Art die Signale sind, die sie austauschen.«
Das war die fundamentale methodologische Position der Nach-Einsteinschen Physik, aber Leary führte sie so weit, wie man sie nur führen konnte. Niemand war »gesund« oder »krank«, »gut« oder »schlecht«, niemand »halluziniert« oder »halluziniert nicht«; all diese Worte sind Werturteile und beziehen sich auf die subjektiven Empfindungen des Beobachters. Was bei interpersonellen Beziehungen sowohl objektiv als auch relativ passiert, ist das Feilschen verschiedener Teile oder Vereinigungen um eine Kontrolle über den neuro-muskulären Raum (ethnologisches Territorium) oder um das Recht, das Spiel für alle anderen Spieler zu bestimmen (ideologisches Territorium).
Learys Erzrivale in Harvard, Dr. B.F. Skinner, war ein Pionier der behavioristischen Annäherungsmethode gewesen, welche die intuitiven und poesievollen Psychologien der Freudianer und Jungianer als unwissenschaftlich zurückwies. Während Leary dieser Methode zustimmte, hatte er den Eindruck, daß Skinner selbst eine ebenso falsche Richtung eingeschlagen habe, indem er als Modell die »Stoß-Zieh«-(Aktion-Reaktion)-Mechanismen der Newtonschen Physik verwendete. »Psychologie wird nicht dadurch wissenschaftlich, indem man die Physik der vergangenen Jahrhunderte kopiert«, äußerte Leary zu mir. »Wir müssen lernen, mit den besten Modellen der Physik unseres Jahrhunderts zu arbeiten.« Solche Modelle, meinte er, seien relativ und beschrieben die abweichenden Realitäts-Koordinaten, die durch verschiedene Körper erfahren werden, während sie innerhalb der Raum-Zeit Signale austauschen.
So manche Leute lächelten oder waren im Verlauf der nächsten paar Jahre über Leary den Guru entsetzt, so daß dieser Hintergrund seiner Arbeit nie ganz verstanden wurde.
Während des Gefangenen-Rehabilitations-Projekts von 1961 bis 1962, für das Dr. Leary vom Massachusetts Department of Corrections empfohlen worden war, lehnte dieser es ab, daß irgendein Mitarbeiter über die Häftlinge Vermutungen anstellte, ob diese »kränker« oder »gesünder« seien. » Wo sind ihre Körper in der Raum-Zeit? Welche Signale tauschen sie aus? « würde er immer und immer wieder fragen. Er hatte ein siebendimensionales Spiel-Modell entwickelt und bestand darauf, daß jedes Verhalten in die folgenden Begriffe zu analysieren sei: (1) Rollen, die gespielt werden; (2) Rollen, die stillschweigend von allen Spielern akzeptiert werden; (3) Strategien, um zu gewinnen (oder für masochistisches Gewinnen-durch-Verlieren); (4) dem Zweck entsprechende Ziele des Spiels; (5) Sprache des Spiels und die darin implizierte semantische Weltanschauung; (6) charakteristische Raum-Zeit-Lokalisation und (7) charakteristische Bewegungen in der Raum-Zeit.
»Solange du nicht diese sieben Dimensionen eines Gruppenverhaltens beschreiben kannst, solange verstehst du ihr Spiel nicht«, sagte Leary dem Reporter. »Die meisten sogenannten ›Neurosen‹ werden so analysiert, als ob ein auf Fußball programmiertes Individuum auf einem Baseballfeld umherwandern würde. Falls es nun glaubt, Fußball sei das einzige Spiel des Universums, so müssen ihm die Baseballspieler zwangsläufig als verrückt erscheinen; glauben jedoch die Baseballspieler, daß ihr Spiel das einzige sei, so muß das Individuum ihnen als verrückt erscheinen.«
Das Tibetanische Totenbuch, fügte Leary hinzu, »war das Handbuch für eine bestimmte Art des bewußtseinsverändernden Spiels.« Es war nützlich bei LSD-umprogrammierenden Sitzungen, weil LSD »die eingeprägten neurologischen Spiele aufhebt« und uns erlaubt, »neue Spiele zu prägen«.
(Roubecek, ein tschechischer Psychiater, hatte 1957 erklärt, daß »LSD konditionierte Reflexe aufhebt«. Leary war der erste, der die Ansicht vertrat, daß LSD unterhalb der Konditionierungsebene wirkt und direkt fundamentale Prägungen ändert; es wirkt auf neurogenetische Grenzen ein, die normalerweise weder durch Konditionierung noch durch Gegen-Konditionierung verschoben werden.)
»Sie sprechen eigentlich davon, diese Drogen zur Veränderung der ganzen Persönlichkeit zu verwenden«, meinte der Reporter schließlich. »Das Ego, den Verstand, die Emotionen und alles…«
»Jawohl«, räumte Tim ein. »Das ist die ganze Geschichte. LSD, mit dem richtigen Set und Setting kombiniert, kann alles verändern, für was wir uns
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