Cosmic Trigger
Interpersonal Diagnosis of Personality gut kannte und ihn sogar fragen wollte, wie die Raum-Zeit-Transformationen einer psychedelischen Reise mit den Raum-Zeit-Definitionen bei den in diesem Werk erwähnten Persönlichkeiten zueinander in Beziehung standen.
»LSD führt dich aus dem normalen Raum-Zeit-Ego hinaus«, meinte er knapp. »Ich durchlaufe immer einen Prozeß, bei dem erst das Raum-Spiel, dann das Zeit-Spiel und schließlich das Timothy Leary-Spiel endet. Dies ist der Höhepunkt, und an diesem Punkt kann eine neue neurologische Prägung entstehen, da alle alten Prägungen für eine Weile aufgehoben sind.«
Der Reporter fragte nach der mit Peyote und LSD gemachten Erfahrung, laut der man sich in diesem bestimmten Moment außerhalb des Körpers befinden soll.
»Solange ich kein Experiment ausführen kann, um das wirklich zu prüfen«, sagte Timothy, »weiß ich es einfach nicht. So lange bleibt es subjektiv.«
In der Tat hatte der Reporter während des ganzen Tages den Eindruck, daß Timothy Leary ein Mann war, der jeden verabscheute und verachtete, der die epistemologische Sünde beging, »über die Fakten hinaus zu spekulieren«. Jede ihm gestellte Frage wurde entweder mit einer Zusammenfassung der experimentellen Resultate oder mit einem dahingehenden Versprechen beantwortet, daß er im Laufe seiner Arbeit einen Weg zur experimentellen Untersuchung zu finden hoffe.
Leary betonte allen Reportern gegenüber, daß die Erfahrung mit psychedelischen Drogen ein synergetisches Produkt von drei nicht-additiven Faktoren sei: (1) der Dosierung der verwendeten chemischen Substanz; (2) des Set – d. h. den Erwartungen, den emotionalen Status-Spielen, persönlichen Zügen usw. der betreffenden Person; und (3) des Setting – d. h. der tatsächlichen Raum-Zeit-Ereignisse. Unser Reporter begriff dies sehr genau und zitierte ihn entsprechend; wir haben uns oft gewundert, weshalb ihn andere Reporter so mißverstanden und ihn so entsetzlich falsch zitiert haben. Die synergetische Theorie von »Dosierung, Set und Setting« ist möglicherweise Dr. Learys hervorragendster Beitrag zur Wissenschaft der Psychopharmakologie; auf seine Beiträge auf dem Gebiet anderer Wissenschaften werden wir zu einem späteren Zeitpunkt noch zu sprechen kommen. Im allgemeinen aber verstanden ihn die Journalisten als jemanden, der ebensogut schreiben könnte, daß Einstein die Formel e = etwas-oder-anderes entdeckt hätte.
Wir sprachen an jenem Tag fast nur über die Spiel-Theorie. Tatsächlich hatte Timothy bei unserer Ankunft Baseball gespielt, so daß diese Sportart daraufhin auf einer metaphorischen Ebene in unserer Konversation herumgeisterte. Er hatte die Begriffe des »Psychologen« und des »Patienten« schon 1957 verworfen und durch die Bezeichnung »Forschungs-Gruppe« ersetzt, da er überzeugt war, daß die Hierarchie, die in »Psychologe« (Oberhund) und »Patient« (Unterhund) impliziert ist, gewisse Folgerungen vorwegnehmen würde. Jetzt wollte er sämtliche interpersonellen Beziehungen in Begriffen des Morgenstern-von Neumann-Spiel-Modells untersuchen.
Wie der Ökonom Oscar Morgenstern und der Mathematiker John von Neumann in ihrem epochalen Werk Theory of Games and Economic Behavior beschreiben, können die meisten zwischenmenschlichen Handlungen mathematisch analysiert werden, indem man sie als Spiele betrachtet. Leary schrieb seine Doktorarbeit über Gruppentherapie zu einer Zeit, als ein Mitglied des Fakultätsausschusses ihm entrüstet sagte: »Junger Mann, Gruppentherapie ist ein Widerspruch!« Er analysierte die Persönlichkeit als einen Gruppenprozeß, der durch die Regeln der interpersonellen Politik umschrieben wird. Mit anderen Worten: er bezieht sich auf diese stereotypisierten Gruppenprozesse der Realitätsbeschreibung als Spiele.
» Was machen die Spieler eigentlich wirklich im Raum-Zeit-Komplex? « fragte Leary an jenem Tag rhetorisch. »Wer schwingt den Schläger? Wer wirft den Ball? Welches sind die Regeln des Spiels? Wie viele Schläge, bevor man out ist? Wer stellt die Regeln auf? Wer kann die Regeln ändern? Das sind die wichtigsten Fragen. Jeder, der hier von ›Krankheit‹, ›Neurose‹, ›Ego‹, ›Instinkt‹, ›Reife‹ oder ähnlichem metaphysischen Unsinn spricht, soll zur Hölle fahren.«
Leary fuhr fort, praktisch die gesamte psychologische Terminologie als vor-wissenschaftlich und unklar zu verwerfen. »Wir haben untereinander einen Vertrag«, sagte er, »daß wir mit Verstand
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