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Cosmopolis

Cosmopolis

Titel: Cosmopolis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don DeLillo
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ekstatischen Rap aus den Lautsprechern, die Stimme von Brutha Fez, begleitet nur von einer beduinischen Fiedel. Doch ein Bild auf einem der Bordmonitore lenkte ihn ab. Es war der Präsident in seiner Limousine, sichtbar von der Taille aufwärts. Das war eine Neuerung der Midwood-Administration, der oberste Boss auf einem Live-Video, weltweit zu sehen. Eric studierte den Mann. Er betrachtete ihn zehn reglose Minuten lang. Er bewegte sich nicht, der Präsident genauso wenig, nur reflexartig, und auch der Verkehr stand an beiden Orten. Der Präsident saß alltagsstarr da, in Hemdsärmeln. Er zuckte einmal, blinzelte ein paarmal. Sein Blick war leer, ohne Richtung oder Aussage. Ewige fliegensummende Langeweile. Er kratzte sich nicht, gähnte nicht und sah aus, als würde er in einer Lounge hinter den Kulissen auf seinen Gastauftritt im Fernsehen warten. Nur dass es gespenstischer und tiefer anmutete, weil seine Augen weder bewohnt noch belebt wirkten, weil er in einem kleinen Hohlraum von Nichtzeit zu existieren schien und weil er der Präsident war. Dafür hasste ihn Eric. Er hatte mehrmals mit ihm gesprochen. Er hatte in dem gelben Empfangsraum des Westflügels gewartet. Er hatte ihn in einigen wichtigen Angelegenheiten beraten müssen, sich hinstellen müssen, wo ihn jemand hinstellte, während jemand anders Fotos machte. Er hasste Midwood, weil er allgegenwärtig war, so wie er selbst früher. Er hasste ihn, weil er das Ziel einer glaubwürdigen Bedrohung war. Und er hasste und verachtete ihn, weil er so einen feminin wirkenden Oberkörper hatte, mit baumelnden Zitzenflatschen unter dem reinweißen Hemd. Er sah rachsüchtig auf den Monitor und fand, das Bild wurde dem Präsidenten vollkommen gerecht. Er war der Untote. Er lebte in einem Zustand okkulter Ruhe und wartete darauf, wiederbelebt zu werden.
    »Wir wollen an die Kunst des Geldmachens denken«, sagte sie.
    Sie saß auf dem Rücksitz, seinem Sitz, im Clubsessel, und er sah sie an und wartete.
    »Die Griechen haben ein Wort dafür.«
    Er wartete.
    »Chrimatistikos«, sagte sie. »Aber wir müssen dem Wort ein bisschen Spielraum lassen. Es der derzeitigen Situation anpassen. Denn Geld hat eine Wendung genommen. Reichtum ist zum Selbstzweck geworden. Es gibt keine andere Form großen Reichtums. Geld hat seine narrativen Qualitäten verloren, so wie einst die Malerei. Geld führt nur noch Selbstgespräche.«
    Normalerweise trug sie eine Baskenmütze, war heute aber ohne Kopfbedeckung unterwegs, Vija Kinski, eine kleine Frau in einem Button-Down-Bürohemd, einer alten bestickten Weste und einem langen, tausendmal gereinigten Faltenrock, seine Oberste Theoretikerin, und sie kam zu spät zu ihrem wöchentlichen Termin.
    »Und Besitz folgt natürlich auf dem Fuß. Das Konzept Besitz verändert sich täglich, stündlich. Die immensen Ausgaben der Leute für Land und Häuser und Boote und Flugzeuge. Das hat nichts mit traditionellem Selbstbewusstsein zu tun, ja. Besitz hat nichts mehr mit Macht, Persönlichkeit und Kontrolle zu tun. Und nichts mit vulgärer oder geschmackvoller Selbstdarstellung. Denn Besitz hat weder Gewicht noch Gestalt. Es kommt nur noch auf den Preis an, den man zahlt. Sie selbst, Eric, überlegen Sie mal. Was haben Sie von Ihren einhundertvier Millionen Dollar gekauft? Nicht Dutzende von Zimmern, unvergleichliche Aussicht, Privatfahrstühle. Nicht das rotierende Schlafzimmer und das computergesteuerte Bett. Nicht den Swimmingpool oder den Hai. Waren es die Luftrechte? Die regulierenden Sensoren und die Software? Nicht die Spiegel, die Ihnen sagen, wie es Ihnen geht, wenn Sie sich am Morgen anschauen. Sie haben das Geld für die Zahl selbst bezahlt. Einhundertundvier Millionen. Das haben Sie gekauft. Und sie ist es wert. Die Zahl rechtfertigt sich selbst.«
    Das Auto steckte im stehenden Verkehr auf halber Strecke zwischen den Avenues fest, wo Kinski, aus der Kirche Saint Mary the Virgin kommend, eingestiegen war. Das war merkwürdig, aber vielleicht auch nicht. Er sah ihr vom Klappsitz aus ins Gesicht und fragte sich, warum er nicht wusste, wie alt sie war. Ihr Haar war rauchgrau und sah aus wie vom Blitz getroffen, verdorrt und versengt, aber ihr Gesicht war von nichts gezeichnet, abgesehen von einem großen Muttermal oben auf der Wange.
    »Oh, und dieses Auto, das ich liebe. Das Leuchten der Bildschirme. Ich liebe die Bildschirme. Das Leuchten des Cyberkapitals. So strahlend und verführerisch. Ich verstehe nichts davon.«
    Sie sprach fast

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