Cotton-Malone 03 - Der Pandora-Pakt
Grüße von Präsident Danny Daniels ausrichten soll.«
Die Frau musterte sie neugierig, und Stephanie fragte sich, ob der Name des amerikanischen Präsidenten ihr überhaupt bekannt war. Daher reichte sie der Bediensteten sicherheitshalber einen gefalteten Zettel. »Geben Sie ihm das hier.«
Die Frau zögerte und schloss dann die Tür.
Stephanie wartete.
Zwei Minuten später ging die Tür wieder auf.
Diesmal wurde sie weiter geöffnet.
Und Stephanie wurde hereingebeten.
»Sie haben sich ja auf eine sehr faszinierende Weise hier eingeführt«, sagte Vincenti zu ihr.
Sie saßen in einem Raum mit einer vergoldeten Decke, dessen Eleganz durch den matten Glanz des Lacks, der das Mobiliar gewiss schon seit Jahrhunderten überzog, noch betont wurde. In der Luft hing ein leicht feuchter Geruch nach Katze und dem Zitrusduft der Möbelpolitur.
Der Gastgeber hielt ihren Zettel hoch. »›Der Präsident der Vereinigten Staaten schickt mich.‹ Das kann nicht jeder von sich behaupten.« Er schien sich darüber zu freuen, so hohen Besuch zu erhalten.
»Sie sind ein interessanter Mann, Mr. Vincenti. Geboren sind Sie im Bundesstaat New York als amerikanischer Bürger mit dem Namen August Rothman.« Sie schüttelte den Kopf. »Enrico Vincenti? Warum haben Sie denn Ihren Namen geändert?«
Er zuckte die Schultern. »Das ist alles eine Frage des Images.«
»Der Name klingt«, sie zögerte, »europäischer.«
»Tatsächlich habe ich mir viel Gedanken bei der Wahl dieses Namens gemacht. Den Namen Enrico habe ich wegen Enrico Dandolo gewählt, der Ende des zwölften Jahrhunderts der neununddreißigste Doge Venedigs war. Dandalo hat den vierten Kreuzzug angeführt, Konstantinopel erobert und das Ende des byzantinischen Reichs erwirkt. Er war ein ziemlich beeindruckender Mann. Eine Art Legende, könnte man sagen.
Meinen Nachnamen Vincenti habe ich mir wegen eines anderen Venezianers ausgesucht, der ebenfalls im zwölften Jahrhundert lebte. Er war ein Benediktinermönch adliger Herkunft, doch als seine gesamte Familie in der Ägäis ums Leben kam, bat er darum, von seinen Gelübden befreit zu werden. Dem wurde stattgegeben, er heiratete, und seine Kinder gründeten fünf neue Abstammungslinien. Dieser Vincenti wusste sich zu helfen, und ich bewundere seine Flexibilität.«
»Und so wurden Sie zu Enrico Vincenti. Einem venezianischen Aristokraten.«
Er nickte. »Klingt doch großartig, oder?«
»Soll ich Ihnen sagen, was ich noch weiß?«
Er nickte wiederholt.
»Sie sind sechzig Jahre alt. An der University of North Carolina haben Sie einen Bachelor in Biologie gemacht und an der Duke University den Master draufgesetzt. Es folgte der Doktortitel in Virologie am Johns Innes Institute der East Anglia University in England. Dort wurden Sie von einer pakistanischen Pharmaziefirma mit Verbindungen zur irakischen Regierung angeworben. Sie haben nach Saddams Machtergreifung 1979 von Anfang an am irakischen Biowaffenprogramm mitgearbeitet. Und zwar südlich von Bagdad am Technischen Forschungszentrum in Salman Pak, bei dem die Projektaufsicht für die Suche nach Krankheitserregern angesiedelt war. Der Irak hat zwar 1972 die Biowaffenkonvention unterzeichnet, doch Saddam hat den Vertrag nie ratifiziert. Sie sind geblieben, bis der Erste Golfkrieg 1990 für die Irakis ganz klar den Bach runterging. Damals wurden alle Labors geschlossen, und Sie haben sich schleunigst verdrückt.«
»Das stimmt, Mrs. Nelle, oder darf ich Sie Stephanie nennen?«
»Ganz wie Sie möchten.«
»Okay, Stephanie, warum bin ich eigentlich so interessant für den Präsidenten der Vereinigten Staaten?«
»Ich war noch nicht fertig.«
Ein Wink forderte sie auf fortzufahren.
»Anthraxsporen, Botulismusbakterien, Cholerabakterien, Pesterreger, Salmonellen und sogar Pockenviren – mit all diesen Krankheitserregern haben Sie und Ihre Kollegen herumgespielt.«
»Aber haben Ihre Leute in Washington nicht zum Schluss eingestehen müssen, dass all das, was Sie mir hier erzählen, nur Ausgeburten ihrer Phantasie waren?«
»Vielleicht 2003, als Bush einmarschiert ist, aber mit Sicherheit nicht 1990. Damals war das alles nur zu real. Mich haben besonders die Kamelpocken beeindruckt, die Ihr Schweine für die perfekte Waffe gehalten habt. Die Arbeit mit den Kamelpocken im Labor war ungefährlicher als die mit Pocken, aber als ethnische Waffe waren sie großartig, da die Irakis nach ihrem jahrhundertelangen Kontakt mit Kamelen fast durchweg immun dagegen waren.
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